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16.12.1997 00:00

Wohin mit den Sexualmördern

Ingrid Godenrath Stabsstelle Zentrale Kommunikation
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

    Wohin mit den Sexualmoerdern? Anwort gibt eine ,Erklaerende Erzaehlung" von Andreas Marneros

    Die Diskussion um Sexualstraftaeter ist - leider - immer wieder aktuell. Wie sind Sie zu bestrafen, d.h. wie hoch muss die Strafe sein? Sollen sie im Strafvollzug oder eher in ,der Psychiatrie", wie es laendlaeufig heisst, untergebracht werden? Nutzt das ueberhaupt etwas? Was aber wird mit den Opfern? Solche und aehnliche Fragen werdens stets dann laut, wenn eine neue spektakulaere Sexualstraftat bekannt wird.

    Warum Therapie, so fragt mancher. Ist ein solcher Taeter ueberhaupt therapierbar? Andreas Marneros, Professor fuer Psychiatrie und Direktor der Klinik und Poliklinik fuer Psychiatrie und Psychotherapie an der Martin-Luther-Universitaet Halle- Wittenberg, kennt solche Fragen. Er beschaeftigt sich seit vielen Jahren mit dieser Problematik. Als erfahrener, langjaehriger Gutachter begegnete er mehr als 400 Straffaelligen, darunter einer betraechtlichen Anzahl von Sexualtaetern und hat Sie auf ihre Schuldfaehigkeit hin untersucht. Hierbei traf er nicht nur mit den Taetern zusammen, sondern hatte auch Kontakt zu Opfern und deren Angehoerigen. In seinem Buch ,Sexualmoerder. Eine erklaerende Erzaehlung" naehert er sich dieser Problematik auf eine sehr persoenliche Weise. Aus seinem reichen Fundus an Erfah- rungen hat er 26 Einzelfaelle herausgegriffen, jeder fuer sich eine ,menschliche Katastrophe", wie er es nennt. Jede Tat, jeder Taeter, im Buch mit fiktiven Namen von A bis Z bedacht, vermittelt Einblick in ein Leben, in eine Entwicklung, an deren Ende - oft zwangslaeufig - das Verbrechen steht. Anhand von konkreten Faellen wird eine Menge Hintergrundwissen vermittelt, fast ohne dass es einem bewusst ist; so sehr beeindrucken die geschilderten Schicksale.

    Fuer wen ist die Psychiatrie da? Wodurch kann die Schuldfaehigkeit eines Menschen beeintraechtigt sein? Was sind sexuelle Perversionen und wie entstehen sie? Was ist der ,Massregelvollzug"? Wem nutzt er? Wie steht es um die Verantwortung des Gutachters? Solche und andere Fragen kann Professor Marneros nicht zuletzt deshalb so ueberzeugend beantworten, weil er stets versucht, die nuechternen Fakten und das wissenschaftliche Nachdenken ueber sie in eine fuer Laien verstaendliche Sprache zu ,uebersetzen". Da ist z.B. ,Anton". Als Andreas Marneros beauftragt wurde, ihn zu untersuchen, befand er sich schon im Massregelvollzug. Bei ihm wurde eine besonders schlimme Form der Perversion, die ,progrediente Form", festgestellt. ,Ja, ich fuerchte, ich werde es wieder tun. Es nimmt zu...", sagte er selbst bei der Untersuchung. Bei diesem Taeter - wie auch bei anderen Sexualdelinquenten - musste herausgefunden werden, ob sie schuldunfaehig oder vermindert schuldfaehig seien. Wie stark kann eine solche ,Dynamik, die andere zerstoert hat", auf die eigene Person wirken? Kann sie den eigenen Willen ausser Kraft setzen? Demnach waere dieser Mensch nur noch eine ,Marionette", also schuldunfaehig. Ob jemand schuldunfaehig ist, entscheidet jedoch allein das Gericht. Der Psychiater gibt mit seinem Gutachten ,nur" die fachliche Grundlage fuer diese Entscheidung.

    Wohin aber mit den Schuldunfaehigen oder vermindert Schuldfaehigen? ,In die Psy- chiatrie", sagen die Laien, also in den Massregelvollzug. Was geschieht dort mit ihnen? Hat bei einem solchen Taeter, wie beispielsweise ,Anton", eine Therapie ueber- haupt einen Sinn? Doch nicht die Therapierbarkeit, sondern die Moeglichkeit der Wiederholbarkeit einer Tat sind ausschlaggebend fuer eine Unterbringung im Massregelvollzug. Manche Taeter bleiben so ein Leben lang in der geschlossenen Anstalt. Im Massregelvollzug gilt immer das Prinzip der Sicherung, bis die Therapie abgeschlossen ist. Also doch mehr Sicherheit fuer die Opfer! Das ist nur ein Bruchteil der von Andreas Marneros erforschten und eroerterten Probleme. Am Ende des Buches weiss man: Mehr Sicherheit vor solchen Straftaten, mehr Schutz vor solchen Taetern ist nur mit Hilfe der forensischen Psychiatrie moeglich, deren Rolle in der OEfentlichkeit neu bewertet werden sollte. Das wuerde auch den Opfern gerecht werden. ,Besserung und Sicherung! Beides zusammen", so Marneros. ,Wenn das eine nicht da ist, kann das andere nicht funktionieren."

    Andreas Marneros: ,Sexualmoerder. Eine erklaerende Erzaehlung." Edition Das Narren- schiff im Psychiatrieverlag. Bonn 1997

    Ansprechpartner: Prof. Dr. med. Andreas Marneros Direktor der Klinik und Poliklinik fuer Psychiatrie und Psychosomatik der Martin-Luther-Universitaet Halle-Wittenberg 06099 Halle (Saale) Julius-Kuehn-Strasse 7

    Tel.: (0345) 557 3651 Fax : (0345) 557 3607 e-mail: andreas.marneros@medizin.uni-halle.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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