Der Deutsche Fußball-Bund durchlebt schwierige Zeiten. Ein Kooperationsprojekt der Universität Würzburg und der Hochschule Ansbach hat die Basis des DFB zur Lage des Verbandes befragt – mit überaus deutlichen Ergebnissen.
Am 11. März 2022 wird ein neuer DFB-Präsident gewählt, der den weltweit größten Sportverband aus der Krise führen soll. Ein Forschungsprojekt der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg und der Hochschule Ansbach setzt hier an und hat mit einer Umfrage Einstellungen und Ziele der DFB-Basis eingeholt. Das Team aus vier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wollte wissen, wie die DFB-Basis ihren Verband und dessen Spitzenpersonal bewertet, wie sie die Präsidentenwahl einordnet und welche Themen für die Mitglieder in Zukunft relevant sind. Die nun vorliegenden Ergebnisse sind überaus deutlich.
„Unsere Studie lässt eine große Kluft zwischen der DFB-Spitze und der Basis erkennen, insbesondere bei den Themen Transparenz, Diversität und Belange der Amateure“, erklärt Professor Harald Lange, Lehrstuhl für Sportwissenschaft an der JMU. Zudem habe das Image des eigenen Verbandes an der Basis extrem gelitten. „So sehr, dass mehr als die Hälfte der Befragten für die Führungsaufgaben im deutschen Fußball eine Alternative zum DFB einfordern“, so Lange weiter.
Zentrale Ergebnisse der Umfrage
Insgesamt nahmen 11.725 Personen an der Umfrage teil, von denen über 70 Prozent im DFB organisiert sind – zum Beispiel Mitglieder von Fußballvereinen, Vereinsvorstände, Spielerinnen und Spieler oder Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter. „Die überaus deutliche Positionierung der Teilnehmenden hat uns sehr überrascht“, erklärt der Würzburger Sportwissenschaftler. „Ebenso die geringen Abweichungen im Antwortverhalten der Gruppe der Fußballinteressierten, die nicht in den Vereinen des DFB organisiert sind und für diese Studie als Kontrollgruppe wertvollen Aufschluss bieten.“
Konkret bedeutet das: 93,1 Prozent stimmen der Aussage zu, dass es der DFB-Spitze „nur um Macht und Geld“ geht, so Lange. Zudem beurteilen über 90 Prozent der Befragten das Image des DFB als schlecht oder sehr schlecht. Nur 4,4 Prozent der Befragten stimmen der These zu, dass die DFB-Spitze die Interessen des Amateursports gut vertritt und nur 4,9 Prozent stimmten der These zu, dass es den DFB-Funktionären um das Wohl des Fußballs geht.
Auch beim Thema Präsidentschaft ist die Meinungslage klar: Über 90 Prozent der Befragten wünschen sich mehr Transparenz beim Wahlverfahren, fast drei Viertel befürwortet eine Urwahl. Zudem sehen über 90 Prozent der Befragten den neuen Präsidenten in der Verantwortung, die Skandale im Umfeld der DFB-Spitze der letzten Jahre aufzuklären und entsprechende Ergebnisse zu veröffentlichen. Doch nur eine Minderheit der Basis traut den beiden Kandidaten Bernd Neuendorf (11,1 Prozent) und Peter Peters (13,4 Prozent) das Amt des DFB-Präsidenten zu.
Weitere Informationen und detaillierte Ergebnisse hat das Forschungsteam hier veröffentlicht: https://go.uniwue.de/studie-dfb2022
Grundlage für einen möglichen Reformprozess
Die Online-Umfrage mit dem Titel „Deutsche Fußball-Basis 2022“ wurde Mitte Januar 2022 gestartet und ist inzwischen beendet. Die Teilnahme war freiwillig und anonymisiert. Sie wurde vollständig aus Hochschulmitteln finanziert und ist unabhängig vom DFB und seinen Mitgliederorganisationen.
„Unsere Studie filtert Einstellungen und Ziele der Basis rund um den größten Sportverband der Welt und liefert somit ein wertvolles Stimmungsbild und konstruktive Ansatzpunkte für Veränderungen – vor allem für den DFB selbst“, erklärt Jana Wiske, Professorin an der Hochschule Ansbach. Und weiter: „Im besten Fall könnte die Studie dazu führen, wieder mehr Nähe und Vertrauen zwischen Basis und DFB-Spitze aufzubauen.“ Dies bekräftigt auch der Sportwissenschaftler Lange: „Die Ergebnisse können für den DFB eine wertvolle Grundlage in Hinblick auf die Einleitung möglicher Reformprozesse sein.“
Die nun vorliegenden Umfragedaten sollen weiter aufbereitet und vertieft analysiert werden. Die weitere wissenschaftliche Bearbeitung erfolgt im Rahmen des interdisziplinären Online-Seminars „Welchen Fußball wollen wir?“, das 2020 an der JMU eingerichtet wurde. Auch im kommenden Sommersemester 2022 bietet das Seminar interessierten Studierenden, Doktorandinnen und Doktoranden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller deutschsprachigen Hochschulen sowie externen Gästen ein interdisziplinäres Forum.
Prof. Dr. Harald Lange, Lehrstuhl für Sportwissenschaft, Universität Würzburg, T. +49 151 – 10388104, harald.lange@uni-wuerzburg.de; Prof. Dr. Jana Wiske, Fakultät Medien, Hochschule Ansbach, j.wiske@hs-ansbach.de
https://go.uniwue.de/studie-dfb2022
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Sportwissenschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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