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25.11.1998 10:01

IWH Wirtschaft im Wandel 15/1998

Ingrid Dede Bereich Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Wirtschaftsforschung Halle

    Der Volltext zu den einzelnen Beiträgen steht im Internet
    www.iwh.uni-halle.de

    Aktuelle Trends
    Breite Streuung der Überstundenzuschläge in der ostdeutschen Industrie

    Im Durchschnitt der ostdeutschen Industrie leistete 1995 ein Arbeiter wöchentlich 1,5 Überstunden (Westdeutschland: 1,9 Stunden). Eine Überstunde kostete die Unternehmen durchschnittlich 20,24 DM und war damit um ein Fünftel teurer als eine Normalarbeitsstunde, die mit 16,76 DM entlohnt wurde. Dabei war die Spannweite zwischen den Wirtschaftsbereichen sehr groß. Während im Ledergewerbe - einem Wirtschaftszweig mit einem vergleichsweise geringen Bruttostundenverdienst - eine Überstunde um ein Drittel höher bezahlt wurde als eine Normalarbeitsstunde, betrug der Überstundenzuschlag im Wirtschaftszweig Kokerei und Mineralölverarbeitung nur etwa 11 vH.
    In vielen Tarifbereichen war ein Überstundenzuschlag von 25 vH einer Normalarbeitsstunde vereinbart. Tatsächlich weichen die bezahlten Überstundenzuschläge erheblich von den Tarif-vereinbarungen ab. Dies ist ein Indiz dafür, daß viele Unternehmen - bedingt durch die hohe Lohnkostenbelastung der Produktion - Überstunden unterhalb der tariflichen Regelungen entlohnen.
    In Westdeutschland wurde eine Überstunde in der Industrie mit 31,33 DM und damit um 23,4 vH höher bezahlt als eine Normalarbeitsstunde. Mit 25,39 DM war die westdeutsche Normalarbeitsstunde um ein Viertel teurer als eine Überstunde in der ostdeutschen Industrie. Bei einem Angleichungsstand der Bruttoverdienste einer Normalarbeitsstunde in der ostdeutschen Industrie an den westdeutschen Referenzwert von 66 vH lag dieser bei den Überstunden mit 64,6 vH sogar darunter. Damit war der Lohnkostenvorteil ostdeutscher Industrieunternehmen bei Überstunden etwas größer als bei normalen Arbeitsstunden.
    Hans-Ulrich Brautzsch

    Bauabhängigkeit der ostdeutschen Wirtschaft lockert sich

    Die ostdeutsche Wirtschaft ist in hohem Maße bauabhängig. Während in der ersten Hälfte der 90er Jahre der Bauaufschwung die gesamtwirtschaftliche Entwicklung spürbar antrieb, wird die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts seit dem Rückgang der Baunachfrage gebremst. Ganz deutlich zeigt sich die hemmende Wirkung an den aktuellen Veränderungsraten der Wertschöpfung im zweiten Vierteljahr 1998: Im Baugewerbe ging sie um 13 vH gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück, und trotz deutlicher Aufwärtstendenzen in fast allen anderen Wirtschaftsbereichen stagnierte das Bruttoinlandsprodukt. Damit wird jedoch eine Entwicklung überdeckt, in der sich eine Lockerung der Bauabhängigkeit zeigt. So hat die baurelevante Produktion für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor bereits seit 1995, also auf dem Höhepunkt der Bauinvestitionen in Ostdeutschland, langsam, aber kontinuierlich an Bedeutung verloren. Diese beiden Wirtschaftsbereiche bleiben zwar infolge der Produktionsverflechtung im Vorleistungsbereich mit der Baukonjunktur verbunden. Die Unternehmen haben aber zunehmend Märkte erschlossen, die ihre Anstöße von baufernen Entwicklungen erhalten. Die Rückwirkung des Bauabschwungs auf die Gesamtwirtschaft wird dadurch abgeschwächt.
    Udo Ludwig (ldw@iwh.uni-halle.de )
    Brigitte Loose (blo@iwh.uni-halle.de )

    Wie läßt sich die Naherholungsqualität der ostdeutschen Stadtregionen verbessern? Defizite und Handlungsbedarf bei einem weichen Standortfaktor

    Im Prozeß der Standortwahl beziehen Unternehmen in ihr Kalkül zunehmend weiche Standortfaktoren ein. Regionen werden daher auch danach beurteilt, welches Angebot sie an Naherholungs- und Freizeitmöglichkeiten bieten. Ein bedeutender Teil dieser Aktivitäten wird im Umland der Städte ausgeübt und ist von dessen landschaftlicher Qualität abhängig. Das Umland der 13 ostdeutschen Großstädte weist hinsichtlich der Naherholungsqualität deutliche Defizite auf, die aber unterschiedlich stark hervortreten. Im Umland ostdeut-scher Städte sind durchaus Potentiale für eine zukünftig verbesserte Naherholungsfunktion enthalten, die jedoch durch entsprechende Maßnahmen erst aktiviert werden müssen. Eine Schlüsselstellung kommt hierbei den Maßnahmen der Umlandkommunen selbst zu. Da diese aber häufig die Ansiedlung von Unternehmen und Privathaushalten präferieren, sind auf Landesebene raumordnungspolitische Maßnahmen zur Sicherung geeigneter Flächen sowie Förderanreize für Maßnahmen zur Landschafts- und Dorfgestaltung erforderlich.
    Peter Franz (pfr@iwh.uni-halle.de)

    Ostdeutsche Papierindustrie:
    Beschäftigungsstabilisierung bei Lohnkostenvorteilen

    Die Lohnstückkosten in der ostdeutschen Papierindustrie unterschreiten seit 1995 erheblich den westdeutschen Referenzwert. Damit gehört das papiererzeugende Gewerbe zu den wenigen Industriezweigen Ostdeutschlands, die lohnkostenseitig Wettbewerbsvorteile gegenüber Westdeutschland erworben haben. Einfluß darauf hatte auch die - im Vergleich zu vielen anderen Industriezweigen Ostdeutschlands - moderate Angleichung der Tariflöhne an den westdeutschen Referenzwert. Die Effektivlohnangleichung entspricht in der Papierindustrie allerdings dem durchschnittlichen Angleichungsstand in der Industrie Ostdeutschlands.
    Seit 1995 expandiert das papierverarbeitende Gewerbe Ostdeutschlands kräftig. Die Aufwärtsentwicklung wurde maßgeblich durch Großunter-nehmen bestimmt, die auf der "grünen Wiese" errichtet wurden. Die Inbetriebnahme dieser hochproduktiven und großdimensionierten Anlagen schlug sich auf der aggregierten Branchenebene in einer schubartigen Erhöhung der Produktivität, einer rasanten Verringerung der Lohnstückkosten und damit einer deutlichen Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit nieder.
    Die kräftige Ausweitung der ostdeutschen Papierproduktion wurde maßgeblich von der Auslandsnachfrage absorbiert. Die Exportquote entspricht nunmehr dem Stand der westdeutschen Papierindustrie. Impulse erhielt die ostdeutsche Papierindustrie auch von der Entwicklung der inländischen Produktion, insbesondere von dem im Produktionsprozeß nachgelagerten papierverarbeitenden Gewerbe und der Druckindustrie. Die auch weiterhin zu erwartende Produktionssteigerung in dieser Branche dürfte infolge der hohen Kapitalintensität der Papierproduktion nur zu einem moderaten Beschäftigungsaufbau führen.
    Hans-Ulrich Brautzsch (brt@iwh.uni-halle.de)

    Jetzt auch Ausbaugewerbe im Sog des Nachfrageeinbruchs

    Laut IWH-Umfrage unter 300 ostdeutschen Bauunternehmen hat sich die Geschäftslage im Oktober gegenüber der vorangegangenen Befragung im August zwar überraschenderweise leicht aufgehellt. Dieser Indikator bleibt jedoch - wenn auch geringfügig - unter dem Vorjahresstand und befindet sich damit auf dem niedrigsten in einem Herbst erreichten Niveau seit Beginn der Befragung im Jahre 1993. Etwa 40 vH der befragten Unternehmen schätzen die aktuelle Gechäftslage mit "gut" ein, 15 vH mit "eher gut". 42 vH der Unternehmen stufen das aktuelle Baugeschäft aber mit "eher schlecht" und 3 vH sogar mit ausgesprochen "schlecht" ein.
    Zur Besserung der Stimmung gegenüber der vorangegangenen Befragung hat beigetragen, daß die Ordertätigkeit im Straßenbau, im sonstigen öffentlichen Tiefbau und im Hochbau von Bahn und Post in den Sommermonaten wieder ein hohes Niveau erreicht hat. Die Auftragseingänge im gewerblichen Hochbau verharren saisonbereinigt auf dem sehr niedrigen Niveau vom Sommer. Vor diesem Hintergrund bewerten die Hoch- und Tiefbauunternehmen ihre Geschäftslage etwas besser als im August. Damit werden in diesen Unternehmen auch Hoffnungen hinsichtlich einer möglichen Stabilisierung auf dem erreichten niedrigen Niveau genährt. So liegen die Geschäftsaussichten im Bauhauptgewerbe etwa auf dem Niveau vor Jahresfrist. Dabei besitzen die Pessimisten mit reichlich drei Fünfteln immer noch ein Übergewicht gegenüber den Optimisten.
    Im Unterschied zum Bauhauptgewerbe signalisieren die Ausbauunternehmen sowohl bei der Geschäftslage als auch bei den Geschäftsaussichten eine deutliche Verschlechterung der Situation gegenüber dem Vorjahr. Dies dürften die ersten Vorboten des Auslaufens der ausgesprochen günstigen steuerlichen Abschreibungsbedingungen im Bereich der Modernisierung und Sanierung von Wohnbauten zum Jahresende sein. Die Einführung einer Investitionszulage für Modernisierungsmaßnahmen im Wohnungsbestand und im innerstädtischen Mietwohnungsbau ab 1.Januar 1999 wird zwar nicht ohne Wirkung bleiben. Durch den geänderten Förderrahmen werden jedoch andere Investorengruppen als bisher angesprochen, so u.a. auch die Wohnungsbaugesellschaften. Deren Investitionsverhalten im nächsten Jahr ist aber für die Unternehmen noch nicht abzuschätzen.
    Alles in allem deutet sich aus der Gesamtsituation an, daß das ostdeutsche Baugewerbe im laufenden Jahr den bisher stärksten Nachfrageeinbruch erfahren wird.
    Brigitte Loose (blo@iwh.uni-halle.de)


    Weitere Informationen:

    http://www.iwh.uni-halle.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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