idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
17.03.2022 12:26

ERC Consolidator Grant für Ivan Bedzhov

Dr. Jeanine Müller-Keuker Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin

    Ivan Bedzhov, Leiter der Forschungsgruppe "Embryonic Self-Organization" am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin, erhält einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats. Das Labor von Ivan Bedzhov wird über einen Zeitraum von fünf Jahren 2 Millionen Euro erhalten, um den Prozess der Embryonenruhe zu untersuchen. Das Projekt zielt darauf ab, zu verstehen, wie der Säugetierembryo seine Lebensfähigkeit und sein Entwicklungspotenzial über längere Zeiträume in einem Zustand des Scheintodes bewahrt.

    Schwangerschaft und die Aufzucht des Nachwuchses sind für Mütter sehr energieaufwendig. Interessanterweise können einige Säugetiere die Embryonalentwicklung während energieaufwendiger Perioden, wie den kalten Wintermonaten, unterbrechen. Dieses Phänomen wurde erstmals Mitte des 18. Jahrhunderts entdeckt, als Jäger beim Rehwild eine unerklärliche Diskrepanz zwischen dem Zeitpunkt der Paarung und dem Fortschreiten der Trächtigkeit feststellten. Da die Paarung im Sommer stattfindet, sollte man erwarteten, dass die Kitze im Winter zur Welt kommen. Stattdessen kommt die Embryonalentwicklung in einem sehr frühen Stadium (Blastozystenstadium) kurz vor der Einnistung für mehrere Monate zu Ruhe. Durch diese Verzögerung werden die Kitze erst im Mai oder Juni geboren, wodurch sich die Überlebenschancen der Kitze verbessern.

    Im Laufe der Jahre wurde die embryonale Diapause bei mehr als 130 Säugetierarten festgestellt, wie z. B. bei Ottern, Robben, Fledermäusen, Opossums, Kängurus und bei der Hausmaus, dem bevorzugten Modellorganismus für die biomedizinische Forschung.

    Obwohl der Prozess der "normalen" (vorübergehenden) Embryogenese bei der Maus intensiv untersucht wurde, ist die embryonale Diapause immer noch ein äußerst rätselhafter Zustand. Wie der schlafende Embryo über längere Zeiträume in einem "Tiefschlaf" verbleibt, ohne sein Entwicklungspotenzial zu beeinträchtigen, ist immer noch unklar. Das Verständnis der zellulären Mechanismen der Embryo-Diapause ist das Hauptziel des vom ERC finanzierten Projekts mit dem Akronym MORPHEUS (Morpheus, Μορφέας, der griechische Gott der Träume).

    Das Projekt konzentriert sich auf die so genannte pluripotente Linie des frühen Embryos, die die Zellen enthält, die den Körper des Tieres bilden werden. Zuvor hatte die Gruppe von Ivan Bedzhov herausgefunden, dass sich die Form und die Signalaktivität dieser Zellen während der Ruhephase des Embryos dynamisch umgestalten. Dies deutet darauf hin, dass die Diapause kein Stillstand ist, sondern einen dynamischen Prozess darstellt. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Gewinnung embryonaler Stammzellen (ES) aus ruhenden Embryonen paradoxerweise effizienter ist als bei "normalen" Blastozysten.

    Durch den Einsatz modernster Technologien mit Einzelzellauflösung wird die vom ERC finanzierte Forschung dazu beitragen, die geheimnisvollen Mechanismen zu entschlüsseln, die die Lebensfähigkeit und das Entwicklungspotenzial der pluripotenten Zellen in einem Zustand des Scheintods erhalten.

    Zusätzlich zu den grundlegenden Kenntnissen über die Embryogenese der Maus kann dieses Projekt die Wissenschaft voranbringen, indem es Einblicke in die Embryonalentwicklung von stark gefährdeten (z. B. Seelöwen) und gefährdeten Tierarten (z. B. Pandabären, Eisbären) liefert, die die Diapause als Fortpflanzungsstrategie nutzen.

    Darüber hinaus kann das Projekt die physiologischen Grundlagen der an der Aufrechterhaltung von ES-Zellen in vitro beteiligten Signalwege aufdecken. Diese Zellen stellen ein großes Versprechen für Zellersatztherapien dar, da sie eine unübertroffene Fähigkeit haben, sich in alle Zelltypen des Körpers zu differenzieren.

    Schließlich könnte die Aufklärung der Mechanismen der embryonalen Diapause verborgene Parallelen zu anderen ruhenden Zelltypen wie adulten Stammzellen und ruhenden Krebszellen aufdecken und damit neue Wege für die Grundlagen- und angewandte Forschung eröffnen.

    Über Ivan Bedzhov

    Ivan Bedzhov studierte Molekulare Biologie (BSc), Gentechnik und Zelltechnologie (MSc) an der Universität Sofia in Bulgarien und promovierte am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik und an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Anschließend war er als Postdoktorand an dem WT/CRUK Gurdon Institute und im Department of Physiology, Development and Neuroscience, University of Cambridge in England. Ende 2015 wechselte er als Leiter einer DFG Emmy Noether Forschungsgruppe an das Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster.

    Über den ERC Consolidator Grant

    Der Europäische Forschungsrat, der 2007 von der Europäischen Union eingerichtet wurde, ist die erste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Jedes Jahr wählt und finanziert er die besten und kreativsten Forscherinnen und Forscher jeder Nationalität und jeden Alters aus, um Projekte mit Sitz in Europa durchzuführen. Der ERC hat drei Hauptfinanzierungsprogramme: Starting Grants, Consolidator Grants und Advanced Grants. Die Förderung wird allein nach den Kriterien der wissenschaftlichen Exzellenz vergeben.

    Der Consolidator Grant richtet sich an vielversprechende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Promotion sieben bis zwölf Jahre zurückliegt und die ihre Unabhängigkeit durch den Aufbau eines Forschungsteams festigen und eine erfolgreiche Karriere in Europa fortsetzen möchten.

    Bei der aktuellen Förderungsrunde wurden 2.652 Einträge eingereicht, von denen 12 % die Förderung erhalten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Ivan Bedzhov
    ivan.bedzhov@mpi-muenster.mpg.de


    Weitere Informationen:

    https://www.mpi-muenster.mpg.de/690316/news/news/20220317-erc-consolidator-grant...


    Bilder

    Maus-Embryo im Blastozystenstadium der Entwicklung. Die pluripotenten Zellen befinden sich im Inneren des Embryos, umgeben von magentafarbenen Zellen.
    Maus-Embryo im Blastozystenstadium der Entwicklung. Die pluripotenten Zellen befinden sich im Innere ...

    Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin, Münster / Hatice Özge Özgüldez

    Dr. Ivan Bedzhov
    Dr. Ivan Bedzhov

    Privat


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

    Maus-Embryo im Blastozystenstadium der Entwicklung. Die pluripotenten Zellen befinden sich im Inneren des Embryos, umgeben von magentafarbenen Zellen.


    Zum Download

    x

    Dr. Ivan Bedzhov


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).