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07.04.2022 20:00

Potsdamer Forscher entdecken, warum Sehnen stark wie Drahtseile sind

Juliane Jury Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung

    Ein Team am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) hat neue Eigenschaften des Kollagens entdeckt: Während der Einlagerung von Mineralen in Kollagenfasern entsteht eine Kontraktionsspannung, die hundertfach stärker ist als die von Muskelkraft. „Dieser universelle Mechanismus der Mineralisation von organischen Fasergeweben könnte auf technische Hybridmaterialien übertragen werden, um dort beispielsweise eine hohe Bruchfestigkeit zu erreichen,“ sagt Prof. Dr. Dr.h.c. Peter Fratzl, Direktor am Institut.

    Das faserbildende Strukturprotein Kollagen kommt unter anderem in Sehnen, der Haut und Knochen vor. Die Festigkeit von Knochen beruht auf dem strukturellen Zusammenspiel von weichen, organischen Kollagenfasern und den darin eingebetteten harten, kristallinen Mineralpartikeln, demnach einem Hybridmaterial. Durch das Kollagen bekommen die Mineralpartikel eine aktive Vorspannung. Einen vergleichbaren Mechanismus nutzen Bauingenieure in Spannbeton, um mit Hilfe von hochfestem Stahl Beton vorzuspannen und damit riss-resistente Bauelemente herzustellen. „Auch aus medizinischer bzw. biologischer Sicht ist es interessant zu verstehen, was beim Prozess der Mineralisation in Knochen passiert,“ sagt Dr. Wolfgang Wagermaier, Gruppenleiter am MPIKG. Er fügt hinzu: „Viele Knochenkrankheiten gehen mit Veränderungen des Mineralgehalts in Knochen und dadurch veränderten Eigenschaften einher.“

    Am MPIKG hat eine Forschergruppe um den chinesischen Gastforscher Dr. Hang Ping entdeckt, dass die künstliche Einlagerung von unterschiedlichen Mineralen in Kollagenfasern zu einer Verkürzung dieser Fasern mit Spannungen von bis zu hundert Kilogramm pro Quadratzentimeter führt. Das entspricht etwa dem Hundertfachen von Muskelkraft. Die damit einhergehenden Veränderungen der Kollagenstruktur wurden mittels Röntgenbeugung am Synchrotron BESSY II in Berlin-Adlershof beobachtet, während die Mineralisation stattfindet. Dieses Zusammenziehen der Fasern geschieht offenbar bei der Mineral-Einlagerung in das Kollagen und setzt damit das Mineral unter enormen Druck, was die Bruchfestigkeit des Kompositmaterials erhöht. Die im Fachjournal Science veröffentlichte Forschungsarbeit zeigt nicht nur, dass diese besondere Eigenschaft des Kollagens zur Festigkeit von mineralisierten Geweben wie Knochen beiträgt, sondern entwirft auch ein Konzept, das auf technische Hybridmaterialien mit herausragenden mechanischen Eigenschaften übertragen werden kann. Gleichzeitig tragen die Erkenntnisse dieser Arbeit dazu bei, biologische Prozesse während der Mineralisation von Geweben und den Einfluss des Mineralisationsgrades auf makroskopische Materialeigenschaften besser zu verstehen.


    Originalpublikation:

    10.1126/science.abm2664


    Weitere Informationen:

    https://www.mpikg.mpg.de/bm (weiterführende Informationen der Abteilung Biomaterialien)
    https://www.mpikg.mpg.de/pressemeldungen


    Bilder

    Kollagenfaserbündel nach der Mineralisation mit Strontium-Karbonat
    Kollagenfaserbündel nach der Mineralisation mit Strontium-Karbonat
    MPIKG
    Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung

    Kollagenfaserbündel nach der Mineralisation mit (dem Knochenmineral) Kalziumphosphat
    Kollagenfaserbündel nach der Mineralisation mit (dem Knochenmineral) Kalziumphosphat
    MPIKG
    Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler
    Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Kollagenfaserbündel nach der Mineralisation mit Strontium-Karbonat


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    Kollagenfaserbündel nach der Mineralisation mit (dem Knochenmineral) Kalziumphosphat


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