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20.04.2022 12:30

Vorsorge und Früherkennung bei Herzkrankheiten bisher vernachlässigt

Prof. Dr. Michael Böhm Pressesprecher
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.

    Eine Vorsorgeuntersuchung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt es in Deutschland bisher nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie plädiert eindringlich für einen Herz-Kreislauf-Check ab 50, um Herzerkrankungen frühzeitig zu erkennen und so effektiver behandeln zu können. Neue Studienergebnisse zeigen, wie wichtig eine solche Untersuchung wäre.

    Düsseldorf/Mannheim, 20. April 2022 – Bestimmen des Blutdrucks und der Cholesterinwerte, Schreiben eines EKGs sowie eine Blutabnahme zum Ausschluss eines Herzmuskelschadens oder einer Herzschwäche – dies sind die einfachen und kostengünstigen Maßnahmen, die im Rahmen eines Herz-Kreislauf-Checks für alle Menschen ab 50 Jahren Leben retten können. „Vorsorgeuntersuchungen können uns nicht nur dabei helfen, Patient*innen vor schweren Folgen ihrer Erkrankungen zu schützen, indem wir sie frühzeitig behandeln, sondern auch die Heilungschancen verbessern“, erklärte Prof. Dr. Stephan Baldus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK), im Rahmen einer Pressekonferenz in Mannheim. „Wir freuen uns, dass die Bundesregierung im Rahmen ihres Koalitionsvertrages festgehalten hat, dass Präventionsprogramme gestärkt werden sollen und sprechen uns in diesem Zusammenhang für die Etablierung eines regelhaften Herz-Kreislauf-Checks ab 50 aus.“

    Pilotprojekt der DGK zur Früherkennung von Herzinsuffizienz

    Derzeit arbeitet die DGK bereits an einem Pilotprojekt, das die Effektivität eines solchen Vorhabens zeigen und so einen wichtigen Beitrag zur Einführung eines bundesweiten Vorsorgeprogramms 50+ leisten kann. Durch eine einfache Laboruntersuchung des Blutes wird in dem Projekt der NT-proBNP-Wert bestimmt, der mit hoher Zuverlässigkeit darauf hinweist, ob Patient*innen an einer bisher unerkannten Herzinsuffizienz leiden. Im Führstadium lässt sich die Krankheit effektiv behandeln und so die Lebensqualität und Lebenserwartung deutlich verbessern. Sobald eine Herzinsuffizienz sich manifestiert und verschlechtert hat, ist sie deutlich schwieriger zu behandeln.

    Behandlung nach Herzinfarkt: Leitlinien vs. Realität

    Während der Pressekonferenz bei der 88. Jahrestagung der DGK werden erstmals Daten eines Registers des DGK-Zentrums für kardiologische Versorgungsforschung (DGK-ZfkV) präsentiert. Sie zeigen deutlich, wie wichtig eine bessere Aufklärung und Bestimmung der Risikofaktoren bei Herz-Patient*innen in Deutschland ist. Im Rahmen des GULLIVE-R-Projekts wurde untersucht, wie es um die Behandlung von Menschen bestellt ist, die vor mehr als einem Jahr einen Herzinfarkt erlitten hatten. Dies ist vor allem deswegen von höchster Bedeutung, weil das Risiko für das Eintreten eines weiteren schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignisses bei dieser Personengruppe stark erhöht ist.

    Eine große Zahl der untersuchten Patient*innen wurde leitliniengerecht behandelt und folgte mehrheitlich den Maßnahmen zu Lebensstilveränderungen. Schon ein Jahr nach Beginn der Therapie änderte sich das Bild jedoch: Die Rate der Betroffenen, die die in den Leitlinien empfohlenen Medikamente erhielt, sank von 80 auf 50 Prozent.

    Selbsteinschätzung entspricht nicht tatsächlichem Risiko

    Die Expert*innen des (DGK-ZfkV) verglichen die Einschätzung der Patient*innen und auch ihrer behandelnden Ärzt*innen hinsichtlich ihres persönlichen Risikos, einen weiteren Infarkt zu erleiden, mit der objektiven Risikobewertung durch einen Score, der neun einfach zu messende klinische Parameter einbezieht. Knapp 37 Prozent der Patient*innen und 32 Prozent ihrer Ärzt*innen schätzten das Risiko für ein weiteres Ereignis niedrig ein. Laut Score waren es aber nur 7,1 Prozent, die wirklich ein niedriges Risiko hatten. Als hoch schätzten das Risiko nur 7,1 Prozent der Patient*innen und 11,4 Prozent der Ärzt*innen ein. Der Score sagte etwas anderes: 34 Prozent hatten tatsächlich ein hohes Risiko.

    Patientenwissen um Herz-Kreislauf-Erkrankungen muss dringend erweitert werden

    Ein ähnliches Bild wie bei der Risikoeinschätzung zeigte sich bei den Kenntnissen der Patient*innen über ihre Krankheit: 87,7 Prozent fühlten sich ausreichend über die koronare Herzkrankheit informiert, doch nur 15,7 Prozent kannten den richtigen LDL-Zielwert und 38,5 Prozent den korrekten Zielblutdruck. Und während nur 21 Prozent der Patient*innen ihren eigenen Cholesterin-Wert kannte, nahmen 72,4 Prozent an, dieser liege im gewünschten Bereich.
    „Es zeigt sich, dass unbedingt zielgerichtete und breit angelegte Kampagnen zur Aufklärung der von koronarer Herzkrankheit betroffenen Menschen dringend notwendig sind“, sagt Prof. Dr. Uwe Zeymer, wissenschaftlicher Leiter des Registers. „Gleichzeitig müssen wir die Informationen und Ausbildungsangebote für Ärztinnen und Ärzte verbessern, die diese Menschen versorgen.“

    Medienkontakt:
    Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
    Pressesprecher: Prof. Dr. Michael Böhm (Homburg/Saar)
    Pressestelle: Kerstin Kacmaz, Tel.: 0211 600 692 43, Melissa Wilke, Tel.: 0211 600 692 13
    presse@dgk.org

    Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 11.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org. Wichtige Informationen für Nicht-Mediziner*innen stellt die DGK auf den Seiten ihres Magazins „HerzFitmacher“ zusammen: www.herzfitmacher.de


    Weitere Informationen:

    http://www.dgk.org/presse


    Bilder

    Anhang
    attachment icon Vorsorge und Früherkennung bei Herzkrankheiten bisher vernachlässigt

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Medizin
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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