idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.04.2022 12:28

ERC Grant für Tobias Moser

Stefan Weller Stabsstelle Unternehmenskommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

    Hörforscher und Neurowissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen erhält zum zweiten Mal einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats.

    (umg/mbexc) Prof. Dr. med. Tobias Moser, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), hat einen weiteren Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten. Der ERC fördert sein Forschungsvorhaben zur Entschlüsselung der Lautstärke-Verarbeitung in der Hörschnecke („DynaHear“) für fünf Jahre mit insgesamt 2,5 Millionen Euro.

    „‘DynaHear‘ verspricht, unser Verständnis zur neuronalen Kodierung von Schallintensitäten beim Hören grundlegend zu verbessern und wird auch dazu beitragen, Hörstörungen besser zu verstehen und zu behandeln“, sagt Prof. Tobias Moser.

    Projekt „DynaHear“

    Wir können so unterschiedlich laute Höreindrücke, wie das Blätterrascheln und das Dröhnen eines Düsentriebwerks, wahrnehmen. Unser Gehör verarbeitet dabei akustische Signale, die sich im Schalldruck um mehr als sechs Größenordnungen unterscheiden. Das ist so unvorstellbar, als wolle man mit dem gleichen Thermometer die Körpertemperatur und die Temperatur im Inneren der Sonne messen. Das seit Jahrzehnten ungelöste Problem beim Verständnis des Hörens ist aber: Jede Hörnervenzelle bildet nur einen Bruchteil des hörbaren Schallintensitätsbereichs ab und informiert das Gehirn nur jeweils über einen begrenzten Schalldruckbereich. Die Intensitätsinformation wird dann vom Gehirn aus der Gesamtaktivität des Hörnervs rekonstruiert. Wie die Schallintensitätsinformation in der Hörschnecke in verschiedene neuronale Bahnen zerlegt wird, ist nach wie vor nicht klar.

    In vivo Studien belegen eine große funktionelle Vielfalt an Hörnervenzellen, die auch unterschiedliche molekulare Profile aufweisen. Ensembles dieser verschiedenen Nervenzellen kodieren gemeinsam die Intensität für eine bestimmte Schallfrequenz. Aktuelle Forschungsergebnisse des Teams um Prof. Moser haben zu einer neuen Vorstellung von der Schallintensitätsverarbeitung in der Hörschnecke geführt, die nun den Ausgangspunkt des „DynaHear“ Projekts bildet. Das Konzept geht davon aus, dass jede schallverarbeitende Haarsinneszelle ihre Synapsen mit den etwa 1-2 Dutzend Hörnervenzellen sehr verschieden ausbildet, um die Schallintensitätsinformation zwischen ihnen aufzuteilen. In „DynaHear“ soll diese Hypothese überprüft und das Zusammenspiel dieser synaptischen Diversität mit den molekularen Profilen der Hörnervenzellen und deren Feedback-Modulation durch das Gehirn untersucht werden. Mittels eines skalen-übergreifenden und multidisziplinären Forschungsansatzes werden Prof. Moser und sein Team die molekularen Grundlagen der synaptischen Heterogenität auf-klären, die Mechanismen entschlüsseln, die diese Heterogenität begründen, und mit der funktionellen Vielfalt im Hörnerv in Verbindung bringen. Zu diesem Zweck kombinieren die Wissenschaftler*innen modernste Verfahren der multimodalen Bildgebung, Optogenetik und Modellierung.

    Der Mediziner und Neurowissenschaftler Prof. Dr. Tobias Moser ist international an vorderster Spitze in der Erforschung der Physiologie und Pathophysiologie des Innenohres. In mehreren Forschungs-Netzwerken am Göttingen Campus erforscht er die elementaren, blitzschnell ablaufenden und hochkomplizierten Prozesse der synaptischen Schallkodierung sowie die molekularen und zellulären Grundlagen des Hörverlusts. Seit 2008 leistet er zusammen mit seinen Forschungsteams zudem Pionierarbeit bei der Etablierung des optogenetischen Cochlea-Implantats zur Wiederherstellung des Hörens. Moser war Initiator und bis 2021 Sprecher des Sonderforschungsbereichs SFB 889 „Zelluläre Mechanismen sensorischer Verarbeitung“ und ist Sprecher des Exzellenzclusters „Multiscale Bioimaging: Von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen“ (MBExC). Neben dem Institut für Auditorische Neurowissenschaften an der UMG leitet er als Max Planck Fellow eine Forschungsgruppe am Göttinger Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften (MPI-NAT) und arbeitet als Brückenprofessor am Deutschen Primatenzentrum (DPZ), Leibniz-Institut für Primatenforschung.

    Mosers Arbeiten wurden bereits mit verschiedenen Auszeichnungen gewürdigt. Unter anderem erhielt er 2015 einen ERC Advanced Grant der Europäischen Union sowie den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2015 der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 2017 den Ernst-Jung-Preis, den Guyot-Preis 2019 sowie den „Großen Wissenschaftspreis 2020“ der französischen Fondation Pour l’Audition (FPA).

    Tobias Moser, Jahrgang 1968, studierte Humanmedizin in Leipzig und Jena/Erfurt und wurde 1995 promoviert. Von 1994 bis 1997 arbeitete er als Postdoktorand bei Nobelpreisträger Prof. Dr. Erwin Neher am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, Göttingen. Dort war er von 1997 bis 2001 Nachwuchsgruppenleiter. Zeitgleich absolvierte er bei Prof. Dr. Wolfgang Steiner an der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der UMG eine Facharztausbildung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. 2003 wurde er habilitiert und 2005 zum W2-Professor, 2007 schließlich zum W3-Professor für Auditorische Neurowissenschaften an der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der UMG berufen. Seit 2015 ist er Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften der UMG.

    Über den ERC Advanced Grant

    Mit dem ERC Advanced Grant unterstützt die Europäische Union herausragende, bereits etablierte Wissenschaftler*innen bei Projekten, die bahnbrechende neue Erkenntnisse versprechen. Eine Liste aller Preisträger*innen dieser Runde ist zu finden unter: https://erc.europa.eu/sites/default/files/document/file/erc-2021-adg-results-all...


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    WEITERE INFORMATIONEN
    Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
    Institut für Auditorische Neurowissenschaften
    Prof. Dr. med. Tobias Moser
    Robert-Koch-Straße 40,


    Weitere Informationen:

    http://Institut für Auditorische Neurowissenschaften/Innenohrlabor: http://www.auditory-neuroscience.uni-goettingen.de/
    http://Exzellenzcluster Multiscale Bioimaging (MBExC): https://mbexc.de
    http://Sonderforschungsbereich 889: http://www.sfb889.uni-goettingen.de


    Bilder

    Prof. Dr. Tobias Moser, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften, UMG.
    Prof. Dr. Tobias Moser, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften, UMG.
    Foto: MBExC/spförtner

    Lichtblattmikroskopische Aufnahme der Hörschnecke einer Maus. Haarsinneszellen und Hörnervenzellen sind orange gefärbt (Dr. Christian Vogl) Einschub: Modell einer Haarzelle-Synapse basierend auf Elektronentomographie (Prof. Carolin Wichmann)
    Lichtblattmikroskopische Aufnahme der Hörschnecke einer Maus. Haarsinneszellen und Hörnervenzellen s ...

    Beide Abbildungen: umg/Institut für Auditorische Neurowissenschaften


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Tobias Moser, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften, UMG.


    Zum Download

    x

    Lichtblattmikroskopische Aufnahme der Hörschnecke einer Maus. Haarsinneszellen und Hörnervenzellen sind orange gefärbt (Dr. Christian Vogl) Einschub: Modell einer Haarzelle-Synapse basierend auf Elektronentomographie (Prof. Carolin Wichmann)


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).