idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.04.2022 13:18

Eine der letzten Grenzen der Neurowissenschaften

Hans-Christoph Keller Kommunikation, Marketing und Veranstaltungsmanagement
Humboldt-Universität zu Berlin

    Matthew Larkum erhält den Advanced Grant des European Research Council für ein Projekt zur Erforschung der Mechanismen der Anästhesie

    Der Neurowissenschaftler Matthew Larkum erhält einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) für sein Forschungsprojekt „Dendro-somatic coupling and global neuronal signalling“ im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms Horizon Europe. Seine Forschungsgruppe am Institut für Biologie der Humboldt-Universität zu Berlin wird sich mit den Grundlagen der Anästhesie im Gehirn von Säugetieren, einschließlich des Menschen, beschäftigen. Dafür erhält sie 2,5 Millionen Euro Fördermittel über eine Laufzeit von fünf Jahren.

    Die Anästhesie ist wohl eine der größten Entdeckungen der Menschheit. Aber obwohl sie seit fast zwei Jahrhunderten als medizinische Maßnahme eingesetzt wird, ist noch nicht gänzlich geklärt, wie sie funktioniert. Forscher:innen verstehen immer noch nicht genau, wie eine Substanz selektiv das Bewusstsein ausschalten kann, während die normale Funktion des Nervensystems intakt bleibt. Die Lösung dieses Problems wird nicht nur eine enorme Hilfe für das Verständnis und die Verbesserung der Anästhesie sein, sondern verspricht auch, Einblicke in das Bewusstsein selbst zu geben – eine der letzten Grenzen der Neurowissenschaften.

    Entdeckung an den Neuronen der Hirnrinde
    Eine kürzlich gemachte Entdeckung in der Arbeitsgruppe von Matthew Larkum deutet auf einen möglichen Mechanismus hin, der die Wirkung von Anästhetika erklärt. Sie fanden heraus, dass die Betäubung den Informationsfluss in den Hauptneuronen der Großhirnrinde blockiert und sie daran hindert, Feedback-Informationen zu übermitteln. Dies stimmt mit der Beobachtung überein, dass eine Anästhesie zu einer massiven Verringerung der globalen neuronalen Signalübertragung führt, insbesondere der Rückkopplungen - eine gut etablierte Erkenntnis. Mit der ERC-Förderung wird sich die Arbeitsgruppe um Matthew Larkum in den nächsten fünf Jahren auf die Frage konzentrieren, warum Anästhesie diese Wirkung auf die Neuronen der Hirnrinde hat. Diese Forschung wird an Nagetier- und menschlichem Gewebe in Zusammenarbeit mit einem Labor für Computational Neuroscience auf Kreta unter der Leitung von Panayiota Poirazi durchgeführt, die derzeit als Einstein-Professorin am Larkum-Labor in Berlin zu Gast ist.

    Das so genannte „Cortical Coupling“ als dynamischer Mechanismus für globale neuronale Signale ist eine kühne neue Perspektive, die unser Verständnis von Hirnrinde, Anästhesie und Bewusstsein revolutionieren könnte und möglicherweise auch Einblicke in effizientere Wege zur Entwicklung künstlicher neuronaler Netzwerkarchitekturen bietet.

    Weitere Informationen

    Über die ERC Advanced Grants
    Die Advanced Grants des Europäischen Forschungsrates (ERC) sind mit bis zu 2,5 Millionen Euro über eine Laufzeit von maximal fünf Jahren dotiert. Sie werden an etablierte Spitzenforscher:innen vergeben, die bereits seit über zehn Jahren herausragende wissenschaftliche Arbeit leisten.

    Zur Pressemitteilung des ERC: https://erc.europa.eu/news

    Zur Person
    Matthew Larkum ist seit 2011 Professor an der Humboldt-Universität. Seine Forschung konzentriert sich auf das Verständnis der Großhirnrinde, der Gehirnstruktur, die am stärksten dafür verantwortlich ist, was uns zu dem macht, was wir sind. Er hat zahlreiche begutachtete Publikationen in führenden Fachzeitschriften veröffentlicht, in denen er Entdeckungen zu Themen wie den Vorgängen in der Hirnrinde im Moment der Wahrnehmung, der Speicherung semantischer Erinnerungen in der Hirnrinde und den Unterschieden und der Komplexität menschlicher Hirnrindenneuronen im Vergleich zu Nagetierneuronen beschreibt.

    Nach seinem Bachelor of Science an der University of Sydney promovierte Matthew Larkum an der Universität Bern. Als Postdoktorand im Labor des Nobelpreisträgers Bert Sakmann am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg lernte er, Aufnahmen von kortikalen Neuronen zu machen. Danach gründete er sein eigenes Labor in der Schweiz, bevor er den Ruf auf die Professur für neuronale Plastizität an der Humboldt-Universität zu Berlin annahm. Von 2016 bis 2020 wurde er bereits mit einem ERC Advanced Grant für das Projekt „ActiveCortex - Aktive Dendriten und kortikale Assoziationen“ gefördert. Darüber hinaus ist Matthew Larkum Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Mechanismen und Störungen der Gedächtniskonsolidierung: von Synapsen zu Systemen“ und ERASMUS-Koordinator für das Institut für Biologie der HU.

    Zur Website des Larkum-Labors: https://www.projekte.hu-berlin.de/en/larkum


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Matthew Larkum
    Institut für Biologie
    Humboldt-Universität zu Berlin
    E-Mail: matthew.larkum@hu-berlin.de
    Telefon: +49 30 450 539 117


    Weitere Informationen:

    https://erc.europa.eu/news
    https://www.projekte.hu-berlin.de/en/larkum
    http://www.sfb1315.de/


    Bilder

    Anhang
    attachment icon PM HU ERC Advanced Grant Matthew Larkum

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).