idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
29.04.2022 17:31

Vulkanausbrüche aus der Nanoperspektive: Bayreuther Geowissenschaftler erhält europäischen Forschungspreis

Christian Wißler Pressestelle
Universität Bayreuth

    Dr. Danilo Di Genova vom Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth hat vom Europäischen Forschungsrat einen ERC Consolidator Grant erhalten. Sein Projekt NANOVOLC wird in den nächsten fünf Jahren mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Das Forschungsthema, die Viskosität von Magma, ist von großer Bedeutung für die Einschätzung von Gefahren, die weltweit von aktiven Vulkanen ausgehen können.

    Im Zentrum der Forschungsarbeiten stehen Nanokristalle, sogenannte "Nanolithen", in geschmolzenem Magma. Sie können einen starken Einfluss auf die Explosivität von Vulkanausbrüchen und damit auf die Produktion von Vulkanasche haben. Diese Prozesse beeinflussen wiederum die Bewohnbarkeit der umliegenden Gebiete und – infolge des Aschetransports in der Atmosphäre - auch von weiter entfernten Regionen.

    Für die Vulkanforschung war es bis vor einigen Jahren ein Rätsel, warum ähnliche Magmen trotz ähnlicher physikalisch-chemischer Bedingungen auf sehr unterschiedliche Weise aus aktiven Vulkanen ausbrechen. In einigen Fällen kommt es zu explosiven Eruptionen und einer starken, sich schnell ausbreitenden Aschesäule, in anderen Fällen fließt Lava relativ ruhig aus dem Vulkan. Erst vor wenigen Jahren haben Untersuchungen im Nanomaßstab ergeben, dass kleine Kristalle mit hoher Eisen- und Titankonzentration einen bedeutenden Einfluss auf Vulkanausbrüche und deren Folgen haben können. Sie wirken sich insbesondere auf die Viskosität des Magmas aus und steuern dessen Fragmentierung, in deren Verlauf das Magma zu Asche wird. Aufgrund ihres Durchmessers von wenigen Nanometern werden diese kleinen Kristalle auch als Nanolithen bezeichnet.

    "Trotz zahlreicher wegweisender Fallstudien sind wir derzeit noch weit davon entfernt zu verstehen, wie die Entstehung von Nanolithen und der Verlauf von Vulkanausbrüchen miteinander zusammenhängen. Bisherige Modelle berücksichtigen nicht den Einfluss von Nanolithen auf die Magmadynamik und erlauben keine verlässlichen Vorhersagen hinsichtlich des zu erwartenden Typs von Eruptionen. An dieser Stelle setzt das ERC-Projekt NANOVOLC an. Am Bayerischen Geoinstitut wollen wir Experimente zur Dekompression von Magma durchführen und ein numerisches Modell entwickeln, mit dem wir sowohl die Magmadynamik bei Vulkanausbrüchen als auch die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Eruptionsereignisses in einem vulkanischen Gebiet untersuchen können. Dies ist für die Eindämmung der von Vulkanen ausgehenden Gefahren von entscheidender Bedeutung", sagt Dr. Danilo Di Genova.

    Bei seiner Forschungsarbeit wird der preisgekrönte deutsch-italienische Forscher mit anderen Geowissenschaftlern am BGI zusammenarbeiten. Gemeinsam mit Prof. Dr. Hans Keppler wird er eine neuartige Apparatur entwickeln, die spezielle Experimente zur Fragmentierung von Magma ermöglicht. Dr. Gerd Steinle-Neumann und Dominic Langhammer M.Sc. sind Partner bei Forschungsarbeiten, die darauf abzielen, künstliche Intelligenz auf die Modellierung der Viskosität von Magma anzuwenden. „Die in unserem Projekt gewonnenen Erkenntnisse können nicht nur für die Erforschung des Vulkanismus, sondern auch für die Materialwissenschaft von großem Interesse sein. So können beispielsweise Unternehmen der Glasindustrie, die an der Optimierung von Glaskeramik arbeiten, von unseren Forschungsdaten zu Nanolithen profitieren", sagt Di Genova.

    Hintergrund:

    Weltweit sind derzeit rund 550 Vulkane aktiv. Die rund 500 Millionen Menschen, die in ihrer Nähe leben, sind einer ständig schwelenden Gefahr ausgesetzt. Eine besonders große Gefahr geht von explosiven, aschereichen Vulkanausbrüchen aus, die durch die Fragmentierung des in den Vulkankanälen angesammelten Magmas verursacht werden. Ein umfassendes Verständnis der Magmafragmentierung und des explosiven Verhaltens von Vulkanen ist daher entscheidend, um drohende Gefahren frühzeitig und realistisch einschätzen zu können. Dies wiederum ermöglicht die Planung wirksamer Notfall- und Schutzmaßnahmen, einschließlich der vorübergehenden Evakuierung der Wohnbevölkerung in der Nähe von Vulkanen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Danilo Di Genova
    Bayerisches Geoinstitut (BGI)
    Universität Bayreuth
    Telefon: +49 (0)921 55 3718
    E-Mail: Danilo.Di-Genova@uni-bayreuth.de


    Bilder

    Dr. Danilo Di Genova bereitet am BGI ein Experiment mit basaltischem Magma unter hohen Drücken und hohen Temperaturen vor.
    Dr. Danilo Di Genova bereitet am BGI ein Experiment mit basaltischem Magma unter hohen Drücken und h ...
    Foto: UBT / Chr. Wißler.


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Geowissenschaften, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

    Dr. Danilo Di Genova bereitet am BGI ein Experiment mit basaltischem Magma unter hohen Drücken und hohen Temperaturen vor.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).