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02.05.2022 12:24

Auf Pandemien besser vorbereitet sein durch effektivere Infrastrukturen und vertrauensbildende Kommunikation

Dagmar Penzlin Presse- & Öffentlichkeitsarbeit
Akademie der Wissenschaften in Hamburg

    Nach der Pandemie ist vor der Pandemie. Um die nächste Pandemie besser zu bewältigen, gelte es, insbesondere Infrastrukturen für ein effektiveres Datenmanagement und eine schnelle Impfstoffproduktion wie -verteilung zu entwickeln. So ein Fazit des hochkarätig besetzten Symposiums „Infektionen und Gesellschaft – was haben wir gelernt?“ am Wochenende in Hamburg: Auf Einladung der Akademie der Wissenschaften in Hamburg tauschten sich in der Patriotischen Gesellschaft rund zwei Dutzend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen und Vertreter aus Politik und Medien aus.

    Pandemien sind eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Als wesentlich für deren Bewältigung bewerteten mehrere Vortragende eine gute Kommunikation der Pandemie-Maßnahmen, um das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen und zu erhalten. Auf dieses Thema gingen insbesondere die Philosophin Prof. Dr. Judith Simon von der Universität Hamburg und der Wissenschaftsjournalist Kai Kupferschmidt vom Wissenschaftsmagazin „Science“ ein. Rückblicke wie Zukunftsprognosen aus medizinischer Perspektive steuerten etwa Prof. Dr. Jürgen Graf als Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Frankfurt und Prof. Dr. Marylyn Addo vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf bei. Die rasche Entwicklung und Verfügbarkeit von inzwischen zwölf Corona-Vakzinen sei großartig, unterstrich die Virologin. Mit Blick auf die nächste Pandemie müsse man früh mitdenken, wie Impfstoffe global gerechter zu verteilen seien, aber es brauche auch weitere Investitionen in die Grundlagenforschung, erläuterten die teilnehmenden führenden Virologen.

    Die Bedeutung von Grundlagenforschung für die Pandemie-Bekämpfung wie -Prävention betonte auch Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas C. Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Insel Riems bei Greifswald), und Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Nur weil es umfassende Grundlagenforschung gegeben habe, war eine schnelle Impfstoffentwicklung in der COVID-19-Pandemie möglich. „Nach der Pandemie ist vor der Pandemie“, stellte Mettenleiter fest. In seinem Vortrag warb der Molekularbiologe und Virologe für den One-Health-Ansatz, der die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt umfassend betrachte. Das sei wichtig, weil Erreger von Infektionskrankheiten häufig – wie im Fall von COVID-19 – vom Tier auf den Menschen übergehen. Er plädierte für eine engere Zusammenarbeit von Human- und Veterinärmedizin ebenso wie für ein Weltverständnis, das weniger den Menschen in den Mittelpunkt rückt und dafür mehr die Wechselbeziehungen zwischen Mensch, Tier und Umwelt berücksichtigt.

    Zum Auftakt des Symposiums blickte Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, in seinem Grußwort zurück auf die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Als Mediziner sei ihm früh klar gewesen, dass die Lage ernst war und sich die Stadt auf den „Katastrophenfall“ vorzubereiten hatte. Dies zu kommunizieren, war gerade zu Beginn der Pandemie herausfordernd: „Wir mussten Ernsthaftigkeit vermitteln, ohne Panik zu verbreiten“, erklärte Tschentscher. Zugleich fehlte es an Masken und dem Verständnis für deren Schutzwirkung.

    Prof. Dr. Veronika Grimm, Wirtschaftstheoretikerin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, legte dar, dass die Pandemie sich relativ unabhängig von den sehr unterschiedlich getroffenen Maßnahmen in den meisten entwickelten Ländern ähnlich ausgewirkt habe. Der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Horst Dreier mahnte an, dass die gesetzgeberischen Grundlagen für zukünftige pandemische Herausforderungen umgehend und vorausschauend neu gelegt werden sollten.

    Dass Datenschutz und Infektionsschutz nicht im Widerspruch zueinander stehen müssten, erörterte der Philosoph Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin. Ergänzend stellte Prof. Dr. Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig ein Modell vor, nach dem alle Beteiligten – vom Bürger bis hin zur nationalen Gesundheitsbehörde – in einem digitalen Netzwerk effektiv zusammenwirken und gemeinschaftlich agieren können. Prof. Dr. Klaus Stöhr, ehemals WHO, verwies darauf, dass Pandemiebekämpfung von einem möglichen Ende her gedacht werden müsse.

    Zusammenfassend wies Prof. Dr. Ansgar W. Lohse als Sprecher der Akademie-Arbeitsgruppe „Infektionsforschung und Gesellschaft“ darauf hin, dass der wissenschaftliche Diskurs unbedingt die Grenzen des jeweils aktuellen Wissensstandes, aber auch die Grenzen des jeweiligen Faches beachten und benennen müsse. Auch dies sei eine Voraussetzung für Vertrauen in die Wissenschaft.

    Das Symposium wurde von der Arbeitsgruppe „Infektionsforschung und Gesellschaft“ der Akademie der Wissenschaften in Hamburg konzipiert. Die Vorträge werden voraussichtlich noch in 2022 als Tagungsband veröffentlicht.

    Das Symposium „Infektionen und Gesellschaft“ war online live zu erleben. Die Aufzeichnung wird in Auszügen demnächst verfügbar sein auf dem YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften in Hamburg: https://www.youtube.com/user/awhamburg/videos

    Bild-Download honorarfrei nutzbar zu Pressezwecken – Foto-Credit: AdWHH
    https://www.awhamburg.de/aktuell/presse/pressemitteilungen/detailseite/auf-pande...

    Bildunterschrift: Akademiepräsident Prof. Dr. Mojib Latif (rechts) begrüßte gemeinsam mit dem Sprecher der Arbeitsgruppe „Infektionsforschung und Gesellschaft“, Prof. Dr. Ansgar W. Lohse (links), Hamburgs Ersten Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher zum Symposium.

    Für Rückfragen der Medien:
    Dagmar Penzlin
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Akademie der Wissenschaften in Hamburg
    Telefon: +49 40 42 94 86 69-24
    presse@awhamburg.de
    www.awhamburg.de
    Twitter: https://twitter.com/awhamburg

    Zur Akademie der Wissenschaften in Hamburg
    Der Akademie der Wissenschaften in Hamburg gehören herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen aus Norddeutschland an. Sie trägt dazu bei, die Zusammenarbeit zwischen Fächern, Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Institutionen zu intensivieren. Sie fördert Forschungen zu gesellschaftlich bedeutenden Zukunftsfragen und wissenschaftlichen Grundlagenproblemen und macht es sich zur besonderen Aufgabe, Impulse für den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu setzen. Die Grundausstattung der Akademie wird finanziert von der Freien und Hansestadt Hamburg. Präsident der Akademie ist Prof. Dr. Mojib Latif. Die Akademie der Wissenschaften in Hamburg ist Mitglied in der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.


    Bilder

    Anhang
    attachment icon Auf Pandemien besser vorbereitet sein durch effektivere Infrastrukturen und vertrauensbildende Kommunikation

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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