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09.05.2022 10:48

Kirchengemeinden können Gesprächs-Plattform in gesellschaftspolitischen Konflikten bieten

Ulrike Faulhaber M.A. Öffentlichkeitsarbeit
Evangelische Hochschule Ludwigsburg

    Gesellschaftspolitische Konflikte, etwa um soziale Themen, Migration, Infrastruktur oder politische Fragen, bilden sich auch in den christlichen Kirchen ab und werden in den Gemeinden vor Ort sichtbar. Die Kirchengemeinden können, wenn sie diese Herausforderung annehmen, eine Plattform bieten, auf der politische, aber auch theologische Argumente ausgetauscht werden. Die Studie hat untersucht, unter welchen Voraussetzungen und auf welchen Wegen das gelingt.

    Politisch-kulturelle Herausforderungen, die sich in der Gesellschaft ausprägen, sind auch in christlichen Kirchen präsent. Der Forschungsverbund „Kirchenmitgliedschaft und politische Kultur“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatte darum das Ziel, empirische Erkenntnisse über das Phänomen von Vorurteilen und/oder ausgrenzenden Positionen in der Kirchenmitgliedschaft zu gewinnen. Die Studie des dritten Teilprojekts „Politisch-kulturelle Herausforderungen in Kirchengemeinden“ untersuchte über zwei Jahre mit qualitativ-empirischer Methodik, welche Herausforderungen Kirchengemeinden beobachten, wie sie diese als ihre eigenen Herausforderungen deuten und mit welchen Strategien und Handlungen sie diese bewältigen.

    Die Theologin und Sozialwissenschaftlerin Prof. Dr. Claudia Schulz erstellte mit Manuela Barriga Morachimo und Maria Rehm vier ethnografische Fallstudien von evangelischen Kirchengemeinden in unterschiedlichen Regionen Deutschlands, die in städtischen oder ländlichen Räumen mit verschiedenen politischen oder kulturellen Prägungen arbeiten. Die Ergebnisse zeigen, welche Ressourcen Kirchengemeinden im Umgang mit Herausforderungen haben, wie diese auf christliche Überzeugungen bezogen werden und wie Kommunikation, Auseinandersetzung oder Verständigung nach innen und außen verlaufen, was sie fördert oder behindert.

    Die Studie schlüsselt unterschiedliche Muster der Aneignung einer gesellschaftspolitischen Frage als Thema für die Gemeinden auf: Während in der einen Gemeinde ein unerwarteter Vorfall im Engagementfeld „Arbeit mit Geflüchteten“ zu Demonstrationen rechter Gruppierungen führt und die Gemeinde zur inneren Auseinandersetzung gezwungen ist, haben andere Gemeinden über eine längere Zeit und durch das Engagement von Einzelpersonen bereits Strukturen entwickelt, in denen eine solche Auseinandersetzung erfolgen kann. Dabei gestalten sie jeweils die Moderation zwischen politischen und theologischen Positionen, zwischen internen Konflikten und der Kommunikation im Stadtteil oder dörflichen Sozialraum.

    Insgesamt wird deutlich: Die grundsätzliche Offenheit für politisch-kulturelle Themen ist unter den Verantwortlichen in Kirchengemeinden groß. Ob allerdings eine Auseinandersetzung auf der kommunikativen Plattform einer Gemeinde gelingt, hängt zunächst stark von Einzelpersonen und Rahmenbedingungen ab. Gemeinden verbinden in ihrem Engagement Menschen aus unterschiedlichen Erfahrungswelten und Generationen. Sie verfügen über Räume und Ressourcen und können ein neues Engagement in ihre Strukturen einbetten und es damit stabilisieren. Damit bieten sie auch anderen im Sozialraum aktiven Gruppen Unterstützung, etwa wo gemeinsame Netzwerke entstehen. Entscheidend ist darin, dass die Gemeinden einen Zugang zu Engagements und Diskussionen finden, der über Einzelpersonen hinausgeht.
    In Einzelanalysen zu Strukturfragen, zum Umgang mit Rassismus oder zu Konflikten zwischen der politischen Diskussion und den traditionellen Arbeitsbereichen der Gemeinden lässt sich beispielhaft zeigen, welche Leistung Gemeinden für das Gemeinwesen erbringen können, wenn die Kommunikation über gesellschaftspolitische Fragen gelingt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Claudia Schulz
    Evangelische Hochschule Ludwigsburg
    c.schulz@eh-ludwigsburg.de


    Originalpublikation:

    Schulz, Claudia / Barriga Morachimo, Manuela / Rehm, Maria: Kirchengemeinden in Aushandlungsprozessen um politisch-kulturelle Themen. In: Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (Hg.) in Zusammenarbeit mit Gert Pickel u.a. (Teilprojekt 1), Kristin Merle u.a. (Teilprojekt 2) und Claudia Schulz u.a. (Teilprojekt 3): Zwischen Nächstenliebe und Abgrenzung. Eine interdisziplinäre Studie zu Kirche und politischer Kultur, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2022, 169-239.
    ISBN 978-3-374-07141-8
    Download: https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/Naechstenliebe_EVA_2022.pdf


    Weitere Informationen:

    https://www.ekd.de/zwischen-naechstenliebe-und-abgrenzung-72929.htm Projekt-Seite der EKD
    https://www.ekd.de/fuer-das-miteinander-im-gemeinwesen-72992.htm Seite des Teilprojekts
    https://www.eh-ludwigsburg.de/hochschule/personenverzeichnis/personenverzeichnis... Website Frau Professorin Dr. Schulz
    http://www.glaubenundwissen.de


    Bilder

    Studie untersucht, wie Kirchengemeinden gesellschaftliche Konflikte moderieren können. Team der Evang. Hochschule Ludwigsburg (Foto) ist Teil des Forschungsverbunds „Kirchenmitgliedschaft und politische Kultur“ der Evang. Kirche in Deutschland
    Studie untersucht, wie Kirchengemeinden gesellschaftliche Konflikte moderieren können. Team der Evan ...
    Christof Krahmer
    EH Ludwigsburg/Rektorat


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Religion
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

    Studie untersucht, wie Kirchengemeinden gesellschaftliche Konflikte moderieren können. Team der Evang. Hochschule Ludwigsburg (Foto) ist Teil des Forschungsverbunds „Kirchenmitgliedschaft und politische Kultur“ der Evang. Kirche in Deutschland


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