Das Coronavirus Sars-Cov-2 kann schwere Organschäden beim Menschen verursachen. Auch Herzkomplikationen gehören zu den Folgen einer Infektion. Darüber hinaus greift das Virus auch direkt das Herz an, kann eine Herzmuskelentzündung verursachen und zu Herzversagen führen. Dr. Nazha Hamdani, Leiterin des Forschungsbereichs für Molekulare und Experimentelle Kardiologie am Universitätsklinikum Bochum, hat die Reise des Virus in das Herz genau verfolgt. Sie hat mit ihrer Gruppe herausgefunden, dass Sars-Cov-2 menschliche Herzmuskelzellen infiziert und dass diese Infektion hauptsächlich durch Entzündungen und oxidativen Stress gefördert werden.
Diese treten vor allem bei Patienten mit Komorbiditäten wie Fettleibigkeit, Diabetes und Bluthochdruck auf. Darüber berichtet das International Journal of Cardiology vom 26. Mai 2022.
Virus in Herzmuskelzellen nachgewiesen
Um dem neuen Eintrittsmechanismus auf die Spur zu kommen, analysierte das Forschungsteam des Universitätsklinikums Herzgewebestrukturen von an Covid-19 erkrankten und an oder mit der Erkrankung verstorbenen Patientinnen und Patienten mittels histochemischer Methoden sowie Mikroskopie. So konnten sie in einem ersten Schritt zeigen, dass sich das Virus tatsächlich und direkt in den Zellen des Herzmuskels nachweisen lässt. „Unsere Beobachtungen zeigen, dass das Virus Druck auf den Herzmuskel ausübt, die Kontraktionskraft, also die Pumpfunktion des Herzens angreift und schwächt“, so Hamdani.
Doch wie dringt das Virus in das Herz ein? Welche Mechanismen fördern das Eindringen des Virus in die Herzmuskelzellen? Das Bochumer Team konnte zeigen, dass ein möglicher Mechanismus der Herzmuskelzellen-Dysfunktion bei Sars-Cov-2-Patienten die Aktivierung bestimmter Enzyme ist, die Proteine abbauen. In der Tat hat das Team eine erhöhte sogenannte proteolytische Aktivität vorgefunden.
Dies deutet darauf hin, dass Sars-Cov-2 über die Aktivierung des Spike-Proteins durch Enzyme, die für den Abbau von Proteinen verantwortlich sind, in die Zellen gelangt und dass der Eintritt in die Zellen von diesen Abbauenzymen abhängt. Des Weiteren untersuchte Hamdanis Gruppe Proteine, die für die Apoptose, den zellulären Selbstmord, zuständig sind. Das Team zeigte, dass die apoptotischen Proteine zwar eine erhöhte Aktivität aufwiesen, ihre Expression jedoch drastisch reduziert war. „Das deutet auf die Spaltung der Proteine und die Aktivierung der Apoptose hin“, so Nazha Hamdani. „Die Ergebnisse implizieren, dass die Apoptose zu der bei Sars-Cov-2-Patienten beobachteten Verschlechterung der Kontraktionsfähigkeit des Herzens beiträgt.“
Die Schlüsselrolle von Entzündungen und oxidativem Stress
Als Nächstes wollte das Team wissen, was die erhöhte proteolytische Aktivität und Apoptose von Herzmuskelzellen fördert. Die Arbeiten zeigten, dass oxidativer Stress und ein entzündungsförderndes Umfeld die Sars-Cov-2-assoziierten Schäden verschlimmern. In den Fokus gerieten dabei die sogenannten Neutrophilen. Neutrophile gehören zu den primären Zelltypen, die proteolytische Enzyme freisetzen. Sie spielen eine wesentliche Rolle während einer Entzündungsreaktion. Sie werden rasch aus dem Blutkreislauf in das geschädigte Gewebe mobilisiert. Da bei Sars-Cov-2-Patienten vermehrt proteolytische Enzyme freigesetzt werden, untersuchte Hamdanis Team den Signalweg, genauer den Interleukin-6-gesteuerten Neutrophilenverkehr. Die Forschenden stellten fest, dass die Entzündungssignalwege in Herzmuskelzellen stark reguliert – Interleukin-6 also stark erhöht – waren, was auf eine Schlüsselrolle dieser weißen Blutkörperchen bei Covid-19 und den damit verbundenen Entzündungspathologien hindeutet.
Alternative Eintrittspforten
Zudem konnten die Bochumer Forscherinnen und Forscher die bereits bestehenden Erkenntnisse stützen, dass das Virus zusätzlich das Protein Neuropilin-1 (NRP-1) als Eintrittspforte in die Zellen nutzt. Damit stehen dem Coronavirus, so zeigt Hamdanis Forschung, gleich mehrere Mechanismen zur Verfügung, um sich in den menschlichen Organen zu verbreiten. „Sars-Cov-2 ist in der Lage, sich Rezeptor-abhängig, sowie Rezeptor-unabhängig im infizierten Herz zu verbreiten. Wir haben darüber hinaus einen weiteren Mechanismus untersucht, über den das Virus sich Zugang zu den Herzmuskelzellen verschaffen kann, und zu einer endothelialen Dysfunktion beiträgt. Wir werden diese Ergebnisse bald veröffentlichen können“, erklärt Hamdani.
Ausführlicher Beitrag im Wissenschaftsmagazin Rubin
Einen ausführlichen Beitrag zum Thema finden Sie im Wissenschaftsmagazin Rubin mit dem Schwerpunkt „Unter Druck“: https://news.rub.de/wissenschaft/2021-04-29-herzmedizin-wie-das-coronavirus-das-.... Für redaktionelle Zwecke dürfen die Texte auf der Webseite unter Angabe der Quelle „Rubin – Ruhr-Universität Bochum“ sowie Bilder aus dem Downloadbereich unter Angabe des Copyrights und Beachtung der Nutzungsbedingungen honorarfrei verwendet werden.
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Dr. Nazha Hamdani
Abteilung für Molekulare und Experimentelle Kardiologie und Abteilung für Kardiologie
Universitätsklinikum Bochum
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 5059053
E-Mail: nazha.hamdani@rub.de
Melina Tangos, Heidi Budde, Nazha Hamdani et al.: Sars-Cov-2 infects human cardiomyocytes promoted by inflammation and oxidative stress, in: International Journal of Cardiology, 2022, DOI: 10.1016/j.ijcard.2022.05.055, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35643215/
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