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19.07.2022 10:00

Wie die Kommunikation von Hodentumoren mit dem umliegenden Mikromilieu den Therapieerfolg beeinflusst

Konstanze Adam Presse- und Öffentlichkeitsarbeit & Stiftungskommunikation
Wilhelm Sander-Stiftung

    Forschende des Universitätsklinikums Düsseldorf untersuchen den Einfluss des Tumor-Mikromilieus auf die Resistenzentwicklung bei der Cisplatin-basierten Chemotherapie von Hodentumoren. Sie konnten zeigen, dass die Wechselwirkung zwischen Hodentumorzellen mit den umliegenden Zellen des Immunsystems oder des Bindegewebes die Resistenz-Entwicklung der Tumorzellen beeinflusst. Zudem wurde die Interaktion zwischen Tumor- und Mikromilieu-Zellen detailliert aufgeschlüsselt, um Therapieziele zu identifizieren. Die Studie wurde von der Wilhelm Sander-Stiftung gefördert und jüngst in der renommierten Fachzeitschrift Molecular Oncology publiziert.

    Testikuläre Keimzelltumoren, auch Hodentumoren genannt, treten insbesondere bei jungen Männern im Alter von 15 - 45 Jahren auf. Insbesondere in westlichen Ländern steigt die Anzahl der Neuerkrankungen stetig - hier werden Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel die Exposition gegenüber Chemikalien die hormonähnlich wirken, als Ursache vermutet. Im klinischen Alltag werden diese Patienten in der Regel mit der chirurgischen Entfernung des Hodens und einer Cisplatin-basierten (ein anorganischer Arzneistoff aus der Klasse der Zytostatika mit einem zentralen Platin-Atom) Chemotherapie behandelt. Obwohl die Heilungschancen durch die Chemotherapie sehr vielversprechend sind, erleiden bis zu 15 % der Patienten einen Rückfall aufgrund einer Therapie-Resistenzentwicklung, welche mit einer verminderten Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist. Die genauen molekularen Ursachen, die zu der Entstehung einer Cisplatin-Resistenz führen können, sind jedoch trotz der fast 50-jährigen Erfahrung in der Klinik weiterhin nur unzureichend aufgeklärt.

    Die Sensitivität von Tumorzellen gegenüber der Chemotherapie kann durch die um den Tumor umliegenden Immun- oder Bindegewebszellen (z. B. Fibroblasten) beeinflusst werden. Diese werden dem sogenannten „Tumor-Mikromilieu“ zugeordnet. Aufgrund des direkten Austauschs von Signalproteinen und Wachstumsfaktoren können somit die Zellen des Mikromilieus die Cisplatin-Sensitivität der Tumorzellen negativ beeinflussen.
    Das Forscherteam um Prof. Dr. Daniel Nettersheim hat diese Interaktion zwischen Keimzelltumor-Zellen und Mikromilieu-Komponenten in einem 3D-Modellsystem detailliert analysiert, um neue therapeutische Zielmoleküle und Signalkaskaden zu identifizieren sowie die molekulare Kommunikation dieser Tumor-Mikromilieu-Interaktion zu verstehen.

    Basierend auf massenspektrometrischen Messungen ist die Gesamtheit der sekretierten Faktoren der Tumor- und Mikromilieu-Zellen, das sogenannte Sekretom, erfasst worden. Außerdem untersuchten die Forschenden die Veränderungen im Transkriptom (Gesamtheit aller RNA-Moleküle) nach direkten Zell-Zell-Kontakt in einem 3D-Kultursystem. Hier zeigten sie, dass insbesondere die Interaktion von Keimzelltumor-Zellen mit Fibroblasten oder Endothelzellen (bilden die innerste Zellschicht der Blutgefäße), die Sensitivität gegenüber Cisplatin reduziert. So wurden entsprechende Signalwegsmoleküle, die in der Resistenzentwicklung eine Rolle spielen könnten, identifiziert. Zudem wiesen sie nach, dass Bestandteile der extrazellulären Matrix, wie Kollagene und Fibronektine, die Cisplatin-Sensitivität in den Tumorzellen vermindert, während tumorfördernde Eigenschaften, wie Migration und Adhäsion, verstärkt wurden.

    „Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen den starken Einfluss des Mikromilieus auf die Keimzelltumoren sowie den Therapieerfolg und zeigen, dass diese Tumor-Mikromilieu-Interaktion in weiteren Forschungsprojekten adressiert werden muss“, fasst Nettersheim die Studienergebnisse zusammen, welche in der renommierten Fachzeitschrift Molecular Oncology frei zugänglich publiziert wurden.

    „Dieses Projekt verdeutlicht zudem wie wichtig die wissenschaftliche Kooperation ist und wie Projekte gemeinsam wachsen können“ führt Dr. Margaretha Skowron, Erstautorin der Studie, weiter aus. In diesem Forschungsprojekt kooperierten Forschende der Universitätsklinika Düsseldorf, Bonn, Ulm und Essen. Entscheidende Analysen wurden in enger Zusammenarbeit mit den „Core Facilities“ „Molecular Proteomics Laboratory“ und „Genomics & Transcriptomics“ des Biologisch-Medizinisches Forschungszentrums (BMFZ), der „Core Flow Cytometry Facility“ und des „Center for Advanced Imaging“ der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durchgeführt.

    Vice versa wird zukünftig ein Fokus der Forschenden auf dem Einfluss der Tumorzellen auf die Mikromilieu-Zellen liegen. Hier im Besonderen auf den Fibroblasten, um die Prozesse aufzuklären, die zu einer Aktivierung dieser Fibroblasten zu krebsassoziierten Fibroblasten führen und die Zellen so verändern, dass sie das Tumorwachstum unterstützen.

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    * Die in diesem Text verwendeten Genderbegriffe vertreten alle Geschlechtsformen.

    Wilhelm Sander-Stiftung: Partner innovativer Krebsforschung

    Die Wilhelm Sander-Stiftung hat das Forschungsprojekt mit insgesamt rund 120.000 Euro über 24 Monate unterstützt. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 270 Millionen Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz ausbezahlt. Damit ist die Wilhelm Sander-Stiftung eine der bedeutendsten privaten Forschungsstiftungen im deutschen Raum. Sie ging aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

    Kontakt
    Konstanze Adam
    Wilhelm Sander-Stiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit & Stiftungskommunikation
    Tel.: +49 (0) 89 544187-0
    Fax: +49 (0) 89 544187-20
    E-Mail: adam@sanst.de

    Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

    Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ist seit 1965 die Universität der Nordrhein-Westfälischen Landeshauptstadt. Die HHU begreift sich als Bürgeruniversität, die ihr Wissen kontinuierlich mit der Gesellschaft im Großraum Düsseldorf teilt. Ihre Verankerung in Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft ist ebenso profilgebend wie ihre Ausrichtung als interdisziplinär agierende deutsche Volluniversität.
    An ihrer Medizinischen, Mathematisch-Naturwissenschaftlichen, Philosophischen, Wirtschaftswissenschaftlichen und Juristischen Fakultät studieren rund 34.000 Studierende. Im Fokus der Forschung stehen traditionell die Lebenswissenschaften, ergänzt unter anderem durch Schwerpunkte wie Wettbewerbsforschung, Internet und Demokratie, Algebra und Geometrie sowie Sprache – Wissen – Kognition. 2018 wurde der seit 2012 bestehende HHU-Exzellenzcluster CEPLAS, der die künftige Welternährung durch Nutzpflanzen erforscht, im Rahmen der „Exzellenzstrategie“ von Bund und Ländern bestätigt.

    Kontakt
    Susanne Blödgen
    Unternehmenskommunikation Universitätsklinikum Düsseldorf
    Moorenstr. 5
    40225 Düsseldorf
    Tel.: +49 (0) 211 81-19355
    Fax: 49 (0) 211 81-015-19355
    E-Mail: Susanne.Bloedgen@med.uni-duesseldorf.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. rer. nat. Daniel Nettersheim
    Klinik für Urologie
    Urologisches Forschungslabor
    Translationale UroOnkologie
    Universitätsklinikum Düsseldorf
    Universitätsstraße 1
    40225 Düsseldorf
    Tel.: +49 (0) 211 81-15844
    E-Mail: Daniel.Nettersheim@med.uni-duesseldorf.de
    Twitter: UroOncoloygUKD


    Originalpublikation:

    Skowron MA, Eul K, Stephan A, Ludwig GF, Wakileh GA, Bister A, Söhngen C, Raba K, Petzsch P, Poschmann G, Kuffour EO, Degrandi D, Ali S, Wiek C, Hanenberg H, Münk C, Stühler K, Köhrer K, Mass E, Nettersheim D. Profiling the 3D interaction between germ cell tumors and microenvironmental cells at the transcriptome and secretome level. Mol Oncol. 2022 Jul 11. doi: 10.1002/1878-0261.13282.


    Weitere Informationen:

    http://www.wilhelm-sander-stiftung.de
    http://www.uniklinik-duesseldorf.de/forschungslabor-urologie


    Bilder

    Vereinfachte Zusammenfassung des Aufbaus der Studie. Veränderungen im Transkriptom wurden nach 3D-Co-Kultur untersucht. Das Sekretom der Zellpopulationen wurde mittels Massenspektrometrie vermessen. Erstellt mit BioRender.com.
    Vereinfachte Zusammenfassung des Aufbaus der Studie. Veränderungen im Transkriptom wurden nach 3D-Co ...

    © HHU / Daniel Nettersheim

    Fluoreszenzaufnahme der Interaktion von Keimzelltumor-Zellen (grün) und Endothelzellen (rot) in einem 3D-Kultursystem (Zellkerne blau). Die linke Hälfte zeigt die einzelnen Zellpopulationen, die rechte Seite deren Interaktion.
    Fluoreszenzaufnahme der Interaktion von Keimzelltumor-Zellen (grün) und Endothelzellen (rot) in eine ...

    © HHU / Daniel Nettersheim


    Anhang
    attachment icon 19.07.2022 Pressemitteilung WSS_Wie die Kommunikation von Hodentumoren mit dem umliegenden Mikromilieu den Therapieerfolg beeinflusst

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Vereinfachte Zusammenfassung des Aufbaus der Studie. Veränderungen im Transkriptom wurden nach 3D-Co-Kultur untersucht. Das Sekretom der Zellpopulationen wurde mittels Massenspektrometrie vermessen. Erstellt mit BioRender.com.


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    Fluoreszenzaufnahme der Interaktion von Keimzelltumor-Zellen (grün) und Endothelzellen (rot) in einem 3D-Kultursystem (Zellkerne blau). Die linke Hälfte zeigt die einzelnen Zellpopulationen, die rechte Seite deren Interaktion.


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