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26.07.2022 10:57

Wie Erholung gelingt

Kristian Lozina Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Nach Feierabend zu Hause auf dem Sofa liegen – so kann man sich vom Arbeitsalltag erholen. Doch Erholung kann man auch mit anderen Mitteln erreichen, sagt Psychologieprofessorin Verena Haun.

    In der Corona-Pandemie mussten viele Arbeitnehmende ins Homeoffice wechseln. Für die meisten war es zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie über Monate hinweg zu Hause arbeiteten. Die räumlichen und zeitlichen Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben verwischten sich; organisatorische Fragen taten sich auf: Sollte man sich nachmittags um die Kinder kümmern und dafür die Arbeitszeit um drei Stunden nach hinten verschieben? Oder wäre es besser, auch im Homeoffice die gewohnten Bürozeiten einhalten?

    „Diese Situation war für viele eine echte Herausforderung: Wenn die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit mehr und mehr verschwimmen, wie kann man dann noch Abstand von der Arbeit gewinnen und sich erholen?“ Für Verena Haun ist das eine spannende Frage, denn ihr Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Erholungsforschung. Die Wissenschaftlerin leitet an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) die Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie.

    Möglichst strikte Grenzen setzen

    Für Menschen, die sich Gedanken über die Abläufe im Homeoffice machen, hat die Professorin einen Tipp: Je strikter man die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit setzt, umso besser gelingt es, von der Arbeit abzuschalten. Das kam bei einer Studie heraus, die Haun in ihrer Zeit an der Universität Mainz mit Master-Studierenden durchgeführt hat.

    Ihr Tipp gilt nicht nur fürs Homeoffice, sondern generell für den Wechsel zwischen Arbeit und Freizeit. Wenn die Abgrenzung schwerfällt, wenn man mit zu vielen Arbeitsthemen im Kopf in den Feierabend geht – dann könne es helfen, individuelle Übergangsrituale für sich zu finden und sie bewusst zu praktizieren. Beispielsweise als letzte Tätigkeit im Büro das Spülen der Teetasse „zelebrieren“ und zu Hause immer als erstes nach den Zimmerpflanzen sehen.

    Wie Erholung gelingen kann

    Verena Haun, Jahrgang 1983, aufgewachsen in Balingen auf der Schwäbischen Alb, befasst sich schon lange mit Erholungsforschung. Im Psychologiestudium an der Universität Konstanz merkte sie bald, dass der anwendungsorientierte Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie sie am meisten interessiert. Schon als Studentin entwickelte sie in einem Forschungspraktikum ein spezielles Training. Es unterstützt Menschen beim Finden von individuellen Strategien, mit denen sie sich besser vom Arbeitsleben erholen können.

    „Erholung bedeutet nicht, dass man nur in der Hängematte liegt. Erholung darf auch anstrengend sein. Egal ob man am Wochenende Fallschirmsprünge macht, strickt oder Kreuzworträtsel löst – es kommt nicht so sehr darauf an, was man tut, sondern wie man die Aktivität erlebt, ob man dabei zum Beispiel gut abschalten kann.“ Einen guten Abstand zur Arbeit verschaffen der Expertin zufolge unter anderem Erlebnisse, bei denen man eine Herausforderung meistern muss – etwa indem man eine neue Sportart ausprobiert oder sich ehrenamtlich engagiert.

    In ihrer Dissertation, die sie 2013 an der Universität Münster abschloss, beschäftigte sich Verena Haun mit der Rolle, die Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten bei der Erholung spielen. „Dieser Aspekt kam in der Erholungsforschung bis dahin kaum vor“, sagt sie. Mit ihrer Arbeit zeigte die Psychologin unter anderem, dass es dem Wohlbefinden in einer Partnerschaft zuträglich ist, wenn beide Partner gut Abstand von der Arbeit gewinnen können. „Wenn Leute sagen, sie hätten ein Abschalten von der Arbeit gar nicht nötig, dann antworte ich: Wenn sie es selbst nicht nötig haben, dann tun sie es doch bitte ihrem Partner zuliebe.“

    Womit sich die Arbeits- und Organisationspsychologie befasst

    In der Arbeits- und Organisationspsychologie geht es natürlich nicht nur um Erholungsstrategien. Das Fach ist sehr vielfältig. Es beschäftigt sich mit dem Erleben und Verhalten von Menschen bei ihrer unmittelbaren Arbeit und im Kontext von Firmen, Vereinen und anderen Organisationen. Wie muss Arbeit gestaltet sein, damit die Menschen sie gut erledigen können und dabei für lange Zeit zufrieden und gesund bleiben? Welche Faktoren beeinflussen Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit? Solche und andere Fragen werden erforscht.

    Die Erkenntnisse aus dieser Wissenschaft lassen sich in vielen Bereichen anwenden, etwa bei Personalauswahl und Personalentwicklung, Teamarbeit, Führungsfragen oder Leistungsbeurteilungen. An der JMU bietet Verena Haun im Bachelor-Studiengang Psychologie derzeit zwei Vorlesungen an, „so kann ich den Studierenden den ganzen schönen Blumenstrauß an Themen meines Faches vorstellen.“

    Änderungen im Masterstudiengang Psychologie

    Von Vorteil für die JMU-Studierenden sei auch der neustrukturierte Psychologie-Masterstudiengang, der zum Wintersemester 2022/23 erstmals in neuem Gewand an den Start geht: Die Studierenden können einen Schwerpunkt auf Arbeits- und Organisationspsychologie setzen und ihn mit anderen Anwendungsfächern wie Pädagogische Psychologie oder Human Factors (Mensch-Maschine-Interaktionen) kombinieren: „Mit Blick auf Berufsfelder wie Personalwesen oder Coaching ist das sehr interessant.“

    Stationen im Lebenslauf der Professorin

    Verena Haun hat ihr Psychologiestudium 2008 an der Universität Konstanz mit dem Diplom abgeschlossen. Danach war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an Lehrstühlen für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an den Universitäten Gießen, Mainz, Bochum und Münster. 2013 folgte die Promotion in Münster. Im Anschluss lehrte und forschte sie als Juniorprofessorin für Occupational Health Psychology an der Universität Mainz. Auf die Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie an der JMU wechselte sie im Oktober 2021.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Verena Haun, Institut für Psychologie, Universität Würzburg, verena.haun@uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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