Die tropischen Wälder der Westghats, einer riesigen Gebirgskette in Westindien, sind die Heimat vieler diverser, insbesondere endemischer Arten. Forschende des LIB haben zum ersten Mal die Verbreitung von Pseudoskorpionen in dieser Region vor dem Hintergrund geoklimatischer Schwankungen und des Kontinentaldrifts analysiert. In „Molecular Phylogenetics and Evolution“ wurde diese Studie jüngst veröffentlicht. Dabei fanden sie Hinweise auf alte Artenlinien dieser Spinnentiergruppe.
Die Studie liefert die erste historisch-biogeografische Analyse von Pseudoskorpionen in den Westghats von Indien und trägt grundlegende Informationen über die Diversifizierung von Bodenarthropoden in diesem Hotspot der Biodiversität zusammen. Dabei bestätigt die Studie, dass diese tropischen Wälder während Klimaschwankungen und über verschiedene Aussterbeperioden hinweg, vielen Arten als wichtige Rückzugsorte dienten. Die Analysen unterstreichen auch die Bedeutung der Wälder der Westghats als evolutionäre „Museen“, die alte Linien beherbergen, und als „Artenpumpe“, die offenbar die Entstehung neuer Arten fördert.
Obwohl Forschende in der Vergangenheit viele phylogenetischen Studien in diesen Hotspot der Biodiversität durchgeführt haben, konzentrierten sich die meisten auf „Flaggschiff“-Arten wie Wirbeltiere. Die Prozesse hingegen, die die Diversitätsmuster der wirbellosen Tiere beeinflussen, wurden kaum untersucht. Diese Studie über Pseudoskorpione ist deshalb besonders interessant, weil sich diese Gliederfüßer wegen ihrer geringen Anpassungsfähigkeit an Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen kaum geografisch ausbreiten. Neue Arten entwickeln sich in der Regel in verschiedenen Mikrohabitaten.
Die meisten Pseudoskorpionarten aus Indien wurden erst vor mehr als einem halben Jahrhundert beschrieben. Seitdem wurden keine größeren Studien mehr durchgeführt. „Über die Biologie und Ökologie der hier vorkommenden Arten ist nichts bekannt“, erklärt Jithin Johnson, Doktorand am LIB und Erstautor der Studie. „So konnte ihre ökologische Rolle in Böden und Habitaten mit Laubstreu nicht bewertet werden.“
Bislang sind weniger als 20 Arten aus den Westghats von Indien bekannt. Allein die aktuelle Studie identifiziert mehr als 20 mögliche neue Arten der Region. Johnson: „Das zeigt, wie unterschätzt die Vielfalt in der Region ist.“ Darüber hinaus habe die Studie bei der Identifizierung von Gebieten mit hoher Vielfalt und genetischem als auch artenspezifischem Endemismus sowie Refugien mit klimatischer und geologischer Stabilität geholfen. „Das ist bei der Festlegung von Prioritäten für Schutzmaßnahmen der Pseudoskorpione und der wirbellose Fauna im Allgemeinen hilfreich“, betont Johnson.
In der Studie konzentrieren sich die Forschenden exemplarisch auf die Evolutionsgeschichte einer alten und weit verbreiteten Gruppe von Pseudoskorpionen (Tribus Tyrannochthoniini) in den Westghats und präsentieren die erste datierte Phylogenie der Gruppe. Dabei stützen sie sich auf eine Reihe von biogeografischen Untersuchungen und Diversifizierungsanalysen, die auf Pseudoskorpionen aus den tropischen Wäldern Indiens sowie aus Afrika, Ost- und Südostasien, Australasien und der Neotropis basieren. Sie zeigen, wie alte Artenlinien trotz drastischer Klimaveränderungen in der späten Kreidezeit überdauerten und wie die Kontinentalverschiebung zu einer Trennung der Linien führte. Der Studie zufolge, zeigen einige Pseudoskorpionfamilien, die in den Westghats gefunden wurden, deutliche Muster, die an die Kontinentalverschiebung erinnern.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Pseudoskorpione des Tribus Tyrannochthoniini ihren Ursprung auf Gondwana haben, einem Paläokontinent, der in der Frühzeit der Erdgeschichte die südliche Hemisphäre beherrschte. Später wurden die Artenlinien mit der Abtrennung Indiens von Afrika während der Jurazeit getrennt, und die Arten der Westghats begannen sich auf der driftenden indischen Platte zu diversifizieren. Darüber hinaus legt die Studie nahe, dass der große geografische Bruch in den Westghats – die „Palghat-Lücke“ – bei der Gestaltung der Diversitätsmuster von Tieren wie Bodenarthropoden eine Rolle spielt.
Jithin Johnson
Doktorand, Sektion Arachnida & Myriapoda
Museum der Natur Hamburg
Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels
j.johnson@leibniz-lib.de
Dr. Stephanie F. Loria
Postdoktorandin, Sektion Arachnida & Myriapoda
Museum der Natur Hamburg
Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels
s.loria@leibniz-lib.de
Dr. Danilo Harms
Leiter der Sektion Arachnida & Myriapoda
Museum der Natur Hamburg
Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels
d.harms@leibniz-lib.de
https://doi.org/10.1016/j.ympev.2022.107495
Nebelwälder in den Gebirgszügen Westindiens sind die Heimat vieler endemischer Arten.
LIB, Jithin Johnson
Die Studie konzentriert sich auf die Evolutionsgeschichte einer alten und weit verbreiteten Gruppe v ...
LIB, Jithin Johnson
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
Nebelwälder in den Gebirgszügen Westindiens sind die Heimat vieler endemischer Arten.
LIB, Jithin Johnson
Die Studie konzentriert sich auf die Evolutionsgeschichte einer alten und weit verbreiteten Gruppe v ...
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