Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) veröffentlichen neueste Erkenntnisse aus klinischer und Grundlagenforschung. Hier einige Hinweise auf aktuelle Publikationen, Studien und andere Forschungsprojekte.
UKE-Studie zeigt: Ähnlich breite T-Zellantwort gegen SARS-CoV-2-Spikeprotein nach Infektion und Impfung
Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) ist es in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und Partnern in San Diego (USA) gelungen, die spezifische Immunantwort sogenannter T-Zellen von COVID-19-Erkrankten und Geimpften gegen das Spikeprotein von SARS-CoV-2 in hoher Auflösung zu untersuchen. T-Zellen übernehmen als Teil des menschlichen Immunsystems verschiedene wichtige Aufgaben in der Bekämpfung und Beseitigung von Krankheitserregern und anderer körperfremder Stoffe.
Um zu sehen, gegen welche Regionen des Spikeproteins sich die T-Zellantwort gezielt richtet, haben die Forschenden das gesamte Spikeprotein in mehr als 250 Einzelpeptide unterteilt, bestehend aus jeweils 15 Aminosäuren. Sie fanden dadurch heraus, dass sowohl die Impfung gegen SARS-CoV-2 als auch eine akut bestehende oder bereits durchgemachte Infektion eine ähnlich breite und umfassende T-Zellantwort auslöst. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler:innen im Fachmagazin Clinical & Translational Immunology.
Außerdem identifizierten sie zwölf besonders immunogene Peptide im Spikeprotein, also Peptide, die bei besonders vielen Probanden eine Immunantwort auslösten. „Diese stellen mögliche Ziele für die weitere Bewertung von Virusvarianten und die Impfstoffentwicklung dar“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Julian Schulze zur Wiesch aus der Sektion Infektiologie der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE. Viele dieser Peptide kommen auch in der Omikron-Variante und ihren Subvarianten, wie der derzeit dominierenden BA.5-Variante, vor. Die Forschenden – zu ihnen gehören federführend die medizinischen Doktoranden Hendrik Karsten und Leon Cords – gehen daher davon aus, dass die T-Zellantwort bei diesen Varianten ebenfalls gut erhalten ist. Weitere Studienergebnisse legen nahe, dass sich zwar die Breite der Antwort und die Anzahl der Peptide, die erkannt werden, durch einen erneuten Antigenkontakt nicht ändern, wohl aber die Stärke der Antworten. Auch zwischen zwei- und dreimal geimpften Probanden konnten wesentliche Unterschiede der Antwortstärke festgestellt werden.
„Diese detaillierten Studienergebnisse sind als Werkzeugkasten für Immunologen zu betrachten und unterstreichen die Breite der T-Zellantwort. Wir sind überzeugt, dass SARS-Cov-2 vorrausichtlich nicht so stark mutieren wird, dass es gar nicht mehr von bereits gebildeten T-Zellen nach einer Impfung oder Infektion erkannt wird“, sagt Studienleiter Prof. Schulze zur Wiesch. Die Studie wurde unter anderem durch Mittel des Sonderforschungsbereichs 1328 der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglicht.
Literatur: Karsten H, Cords L et al. High-resolution analysis of individual spike peptide-specific CD4+ T-cell responses in vaccine recipients and COVID-19 patients. Clinical & Translational Immunology. 2022.
DOI: https://doi.org/10.1002/cti2.1410
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Julian Schulze zur Wiesch, I. Medizinische Klinik und Poliklinik
UKE-Wissenschaftler:innen entwickeln Handlungsempfehlungen für Nachweis von SARS-CoV-2 mit immunhistochemischen und elektronenmikroskopischen Methoden
In einer von Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) geleiteten Multicenterstudie konnte gezeigt werden, dass der Virusnachweis in Gewebe von an COVID-19 verstorbenen Patient:innen mittels immunhistochemischen und elektronenmikroskopischen Methoden zwar geeignet ist. „Obwohl der Nachweis von SARS-CoV-2 in menschlichem Autopsiegewebe durch diese Methoden möglich ist, ist die Interpretation schwierig. Unsere Daten legen nahe, dass die Verteilung von Virus im Gewebe in der Vergangenheit in verschiedenen Studien falsch beurteilt worden ist. Unter anderem sind zelluläre Strukturen fälschlicherweise als Viren interpretiert worden“, erklärt Erstautorin Priv.-Doz. Dr. Susanne Krasemann aus dem Institut für Neuropathologie des UKE.
In der UKE-Studie, die im Fachmagazin eBioMedicine veröffentlicht worden ist, haben die Forschenden daher umfassende Handlungsempfehlungen formuliert, um die Qualität der Daten in Zukunft zu verbessern. Die Studie ist in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen der Charité, des Robert Koch-Instituts, der RWTH Aachen und der Pariser Sorbonne entstanden und wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
„Unsere Ergebnisse sind wichtig für die Beurteilung von Autopsiestudien, die Einblicke in die Pathophysiologie von COVID-19 liefern. Denn noch immer ist auch im Hinblick auf mögliche Therapieoptionen unklar, ob die in Studien entdeckten Multiorganschädigungen durch eine direkte Infektion der Organe mit SARS-CoV-2 entsteht oder auf sekundäre Effekte wie zum Beispiel eine überschießende Immunreaktion zurückzuführen sind“, sagt Prof. Dr. Markus Glatzel, Direktor des Instituts für Neuropathologie.
Literatur: Krasemann S, (…) Glatzel M., Assessing and improving the validity of COVID-19 autopsy studies - A multicentre approach to establish essential standards for immunohistochemical and ultrastructural analyses. eBioMedicine. 2022.
DOI: https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2022.104193
Kontakt für Rückfragen: Priv.-Doz. Dr. Susanne Krasemann und Prof. Dr. Markus Glatzel, Institut für Neuropathologie des UKE
UKE-Wissenschaftler:innen entdecken epigenetische Fehlregulation als Ursache für den Nervenzelluntergang in der Multiplen Sklerose
Eine Entzündung des zentralen Nervensystems führt zum Untergang von Nervenzellen durch einen eisenabhängigen Zelltod, der als Ferroptose bezeichnet wird. Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) haben das epigenetische Enzym G9a als wichtigen Treiber für die Ferroptose und den hierüber vermittelten Nervenzelluntergang identifiziert. Ihre Forschungsergebnisse, die einen neuen Ansatz für die Therapie der fortschreitenden Multiple Sklerose (MS) liefern könnten, haben sie in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht. Beteiligt an der Studie waren neben dem UKE auch die Universität Genf und das Fraunhofer Institut für Translationale Medizin und Pharmakologie.
MS ist durch eine Entzündung im Hirngewebe und Rückenmark gekennzeichnet, die zu einer fortschreitenden Schädigung der Nervenzellen führt. Was genau den fortschreitenden Verlust von Nervenzellen verursacht, ist bislang unklar. „Wir konnten jedoch in vorangegangenen Untersuchungen eine epigenetische Fehlregulation von Nervenzellen in der Entzündung als mögliche Ursache identifizieren“, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Manuel Friese, Direktor des Instituts für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose (INIMS) des UKE. „Insbesondere das epigenetische Enzym G9a zeigte eine Überaktivität in entzündeten Nervenzellen“, ergänzt Co-Studienleiter Dr. Dr. Jan Broder Engler aus dem INIMS. In darauffolgenden Untersuchungen blockierten die UKE-Wissenschaftler:innen um Prof. Friese, Dr. Dr. Engler und Dr. Nicola Rothammer gezielt die Aktivität des Enzyms G9a, wodurch die Ferroptose reduziert und die entzündeten Nervenzellen vor dem Untergang geschützt wurden.
Auf Basis der neuen Erkenntnisse erhoffen sich die Forschenden, neue Behandlungsmethoden für die Multiple Sklerose entwickeln zu können. Diese werden insbesondere in der fortschreitenden Phase der Erkrankung benötigt, in der gängige Immuntherapien nicht wirksam sind.
Literatur: Nicola Rothammer (…) Jan Broder Engler, Manuel A. Friese. G9a dictates neuronal vulnerability to inflammatory stress via transcriptional control of ferroptosis. Science Advances. 2022.
DOI: https://doi.org/10.1126/sciadv.abm5500
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Manuel A. Friese und Dr. Dr. Jan Broder Engler (jb.engler@uke.de), Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose
Mutters kleine Helfer: Immunzellen der Mutter unterstützen die Gehirnreifung des ungeborenen Kindes
Während der Schwangerschaft von Säugetieren werden mütterliche Zellen auf den Fötus übertragen. Sie werden als mütterliche mikrochimäre Zellen bezeichnet und siedeln sich unter anderem im fötalen Gehirn an. Die dortige Funktion der mikrochimären Zellen war lange unbekannt. Prof. Dr. Petra Arck, Leiterin des Labors für Feto-Maternale Medizin, und Prof. Dr. Ileana Hanganu-Opatz, Leiterin des Instituts für Entwicklungsneurophysiologie, konnten jetzt in präklinischen Modellen wichtige Funktionen dieser mütterlichen Zellen im fötalen Gehirn entschlüsseln. Dazu zählt unter anderem, dass die mütterlichen Zellen die Funktion der neuronalen Schaltkreise im fetalen Gehirn fördern. Dies wirkt sich nach der Geburt positiv auf die neurokognitiven Fähigkeiten der Nachkommen aus, so die Wissenschaftlerinnen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). „Die Studie liefert wesentliche Hinweise, dass die mütterlichen mikrochimären Zellen nicht zufällig zum Feten übertreten, sondern es sich offenbar um einen evolutionär konservierten Mechanismus handelt, der optimale Bedingungen für eine gesunde Gehirnfunktion im späteren Leben schafft.“
Literatur: Steven Schepanski et al. Pregnancy-induced maternal microchimerism shapes neurodevelopment and behavior in mice. Nature Communications. 2022.
DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-022-32230-2
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Petra Arck, Experimentelle Feto-Maternale Medizin in der Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, und Prof. Dr. Ileana L. Hanganu-Opatz, Institut für Entwicklungsneurophysiologie des Zentrums für Molekulare Neurobiologie.
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