idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.08.2022 17:00

Mikroben schützen Blattkäfer - aber nicht gratis

Dr. Daniel Fleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen

    Insekten sind während ihrer Entwicklungsstadien wie der Heranreifung im Ei oder während der Puppenphase unbeweglich. Ohne die Wechselbeziehung mit anderen Organismen hätten Fressfeinde oft ein leichtes Spiel. Jetzt entdeckten Forschende aus Deutschland und Panama ein Verteidigungsbündnis zwischen einem Pilz und einem Blattkäfer: Die Mikrobe bildet eine wachsartige Schutzschicht um die Puppe des Käfers und verhindert so, dass der Kokon zur leichten Beute wird. Im Ausgleich dafür verbreitet der Käfer den Pilz auf dessen Wirtspflanze und fördert so dessen Verbreitung. Das Forschungsteam stellte die Ergebnisse der Studie nun in der Fachzeitschrift Current Biology vor.

    Wechselbeziehungen wie diese sind in der Natur weit verbreitet. Bei Insekten, wie auch bei anderen Lebewesen, können Symbiosen mit nützlichen Mikroben Anpassungsprozesse an die Umwelt ermöglichen.

    Wehrhaftes Duo

    In ihrer Studie entdeckten Biologinnen und Biologen des Max-Planck-Instituts für Biologie in Tübingen, der Universität Tübingen und des Smithsonian Tropical Research Institute in Panama diese Partnerschaft zwischen dem Schlauchpilz Fusarium oxysporum und Chelymorpha alternans, einem Blattkäfer: Der Pilz schützt die Puppen des Blattkäfers vor Fressfeinden. Der Käfer verbreitet zugleich den Pilz auf dessen Wirtspflanzen und trägt so zu dessen Übertragung und Verbreitung bei.

    "Das Stoffwechselprofil des Pilzes beweist sein Doppelleben", erklärt Hassan Salem, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Biologie und Letztautor der Studie. "Unsere Ergebnisse zeigen einen Mutualismus, der dem Schutz der Puppen des Blattkäfers einerseits und der Verbreitung und Vermehrung des Symbionten, in diesem Fall dem Pilz, andererseits dient", fügt Salem hinzu.

    Mikrobieller Mechanismus

    Frühere Forschungen haben Partnerschaften zwischen Mikroben und Insekten anhand der Untersuchung von Eiern und an anderen Entwicklungsphasen beschrieben. Für das Puppenstadium blieb die Bedeutung eines mikrobiellen Schutzmechanismus jedoch soweit unerforscht. Neben Vögeln und einigen Nagetieren sind es vor allem der Laufkäfer sowie Ameisen und Wespen, die zu ihren bedrohlichsten Fressfeinden gehören.

    "Es war bekannt, dass strukturbezogene und chemische Anpassungen der Puppen einen Schutz vor Fressfeinden und anderen Bedrohungen bieten. Es sind aber die Mikroben, auf die der Käfer im Puppenstadium als Verteidigungspartner zählen kann", kommentiert Aileen Berasategui, eine Nachwuchsforscherin des Exzellenzclusters „Controlling Microbes to Fight Infections“ (CMFI) an der Universität Tübingen und Erstautorin dieser Studie.

    Wachsartiger Schutzmantel

    Das Team machte die Beobachtung, dass sich zu Beginn der Verpuppung des Blattkäfers ein dichtes mikrobielles Geflecht zu bilden scheint. Weitere Untersuchungen ergaben, dass es sich hierbei um die Schimmelpilzart Fusarium oxysporum handelt. Um ihre Hypothese einer wechselseitigen Partnerschaft zu verstehen und zu beweisen, führten die Forschenden Feldstudien in Panama durch und untersuchten die Überlebensraten von Puppen mit und ohne den Schutzpilz.

    Anhand weiterer Untersuchungen mit Süßkartoffelpflanzen stellte das Forschungsteam außerdem fest, dass der Blattkäfer den Pilz noch bis ins Erwachsenenstadium an den Beinen heftend mit sich führt, und ihn so auf andere Pflanzen überträgt und verbreitet.

    Häufige Symbiose

    Der Blattkäfer Chelymorpha alternans gehört zur artenreichen Unterfamilie der Blattkäfer namens Cassidinae. Viele Mitglieder dieser Gruppe scheinen Merkmale aufzuweisen, die eine Symbiose mit dem Pilz Fusarium oxysporum ermöglichen dürften. Das auffälligste Merkmal ist der mikrobielle Mantel, der die Puppen umschließt. Wann sich jedoch diese Symbiose entwickelt hat und wie sie sich erhält, sind zentrale Fragen, die die Mitglieder dieser internationalen Forschergemeinschaft im nächsten Schritt zu klären erhoffen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Hassan Salem
    Max-Planck-Forschungsgruppenleiter
    Mutualisms Research Group
    Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen
    e-Mail: hassan.salem@tuebingen.mpg.de
    Tel.: +49 7071 601-1367

    Dr. Aileen Berasategui-Lopez
    CMFI Early Career Researcher
    Universität Tübingen
    Abteilung für Mikrobiologie und Biotechnologie
    e-Mail: aileen.berasategui-lopez@uni-tuebingen.de
    Tel.: +49 7071 29-74639


    Originalpublikation:

    Berasategui A, Breitenbach N, García-Lozano M, Pons I, Sailer B, Lanz C, Rodriguez V, Hipp K, Ziemert N, Windsor D, Salem H. (2022) The leaf beetle Chelymorpha alternans propagates a plant pathogen in exchange for pupal protection.
    Current Biology, https://doi.org/10.1016/j.cub.2022.07.065
    In press


    Bilder

    Blattkäfer
    Blattkäfer

    Max Planck Institute for Biology Tübingen


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Blattkäfer


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).