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19.08.2022 10:28

Neuer Treiber für eine seltene Form von Leberkrebs entdeckt

Dr. Sibylle Kohlstädt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum

    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und der Hebrew University in Jerusalem konnten an Mäusen die Ursprungszelle der kombinierten Leber/Gallengangskarzinome, einer seltenen Krebsart der Leber, identifizieren. Als Treiber der Krebsentstehung stellte sich der entzündungsfördernde Immunbotenstoff Interleukin 6 (IL-6) heraus. Eine Blockade von IL-6 reduzierte bei Mäusen sowohl die Anzahl als auch die Größe der Tumoren.

    Der Begriff Leberkrebs umfasst sowohl den Leberzellkrebs, auch als hepatozelluläres Karzinom bezeichnet, daneben auch das in der Leber gelegene (intrahepatische) Gallengangskarzinom sowie eine Mischform, den kombinierten Leber/Gallengangskrebs (cHCC/CCA). Dessen Zellen weisen Merkmale beider Krebsformen auf. Diese seltene Krebsart gilt als sehr aggressiv und spricht äußerst schlecht auf gängige Behandlungen an.

    Um mögliche Ansatzpunkte für neue Therapien zu identifizieren, suchte ein Team um Mathias Heikenwälder vom Deutschen Krebsforschungszentrum und Eithan Galun von der Hebrew University in Jerusalem nach dem zellulären Ursprung dieser Tumoren. Die Forscher nutzten dafür Mäuse, die genetisch so verändert waren, dass sie im höheren Lebensalter an einer chronischen Leberentzündung und an Leberzellkrebs erkrankten, später dann auch cHCC/CCA entwickelten. Das molekulare Profil der cHCC/CCA-Tumorzellen der Mäuse stimmt weitestgehend mit dem menschlicher cHCC/CCA-Zellen überein.

    Das deutsch-israelische Team fand heraus, dass sich cHCC/CCA aus entarteten Vorläufern der Leberzellen entwickelt. Im Gegensatz dazu entsteht der Leberzellkrebs höchstwahrscheinlich aus geschädigten reifen Leberzellen.

    In den Zellen des cHCC/CCA sind die Gene des entzündungsfördernden Interleukin 6 (IL-6)-Signalwegs besonders aktiv. Die Quelle des Botenstoffs IL-6, der diesen Signalweg aktiviert, sind alternde Immunzellen. Kennzeichen dieser von Wissenschaftlern als „Seneszenz“ bezeichneten Zellalterung ist unter anderem die Ausschüttung eines ganzen Cocktails an entzündungsfördernden Signalmolekülen, unter denen IL-6 die Hauptrolle spielt.

    Eine Blockade der IL-6-Wirkung durch spezifische Antikörper reduzierte bei den Mäusen sowohl die Anzahl als auch die Größe der cHCC/CCA-Tumoren. Auch ein Wirkstoff, der seneszente Zellen in den programmierten Zelltod Apoptose treibt und damit die Quelle des IL-6 versiegen lässt, hemmte die Entstehung von cHCC/CCA.

    Heute besteht die wirksamste Therapie des cHCC/CCA in der chirurgischen Entfernung der Tumoren. Sie ist nur dann erfolgreich, wenn der Krebs in einem sehr frühen Stadium entdeckt wird. „Eine Blockade von IL-6 oder Wirkstoffe, die seneszente, IL-6 produzierende Zellen abtöten, könnten nun als vielversprechende Behandlungsansätze gegen diese Krebsart weiter erprobt werden“, erklärt Studienleiter Mathias Heikenwälder und ergänzt: „Es gibt inzwischen Indizien dafür, dass auch Tumoren, die eigentlich als Leberzellkrebs diagnostiziert wurden, teilweise Zellen eines cHCC/CCA enthalten. Das heißt, mögliche Therapieansätze gegen das cHCC/CCA könnten auch manchen Patienten mit Leberzellkrebs zugutekommen.“

    Nofar Rosenberg, Matthias Van Haele, Tali Lanton, Neta Brashi, Zohar Bromberg, Hanan Adler, Hilla Giladi, Amnon Peled, Daniel S. Goldenberg, Jonathan H. Axelrod, Alina Simerzin, Chofit Chai, Mor Paldor, Auerlia Markezana, Dayana Yaish, Zohar Shemuliam, Dvora Gross, Shanny Barnoy, Maytal Gefen, Osher Amran, Sofie Claerhout, Mirian Fernández-Vaquero, María García-Beccaria, Danijela Heide, Michal Shoshkes-Carmel, Dirk Schmidt Arras, Sharona Elgavish, Yuval Nevo, Hadar Benyamini, Janina E.E. Tirnitz-Parker, Aranzazu Sanchez, Blanca Herrera, Rifaat Safadi, Klaus H. Kaestner, Stefan Rose-John, Tania Roskams, Mathias Heikenwälder*, Eithan Galun*: Combined hepatocellular – cholangiocarcinoma derives from liver progenitor cells and depends on senescence and IL6 trans-signaling
    Journal of Hepatology 2022, DOI: https://doi.org/10.1016/j.jhep.2022.07.029

    Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
    Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
    Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

    Ansprechpartner für die Presse:

    Dr. Sibylle Kohlstädt
    Pressesprecherin
    Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsches Krebsforschungszentrum
    Im Neuenheimer Feld 280
    69120 Heidelberg
    T: +49 6221 42 2843
    F: +49 6221 42 2968
    E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
    E-Mail: presse@dkfz.de
    www.dkfz.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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