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11.05.2004 16:10

Klostermedizin: Wie früher Arzneipflanzen verwendet wurden

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Als 1999 die Gründung der Forschergruppe Klostermedizin an der Universität Würzburg bekannt gegeben wurde, waren die Reaktionen geteilt. Medien und Öffentlichkeit waren interessiert, bei Fachleuten stieß das Projekt zunächst auf zurückhaltende Skepsis: Schließlich gab es bis dahin nur die als unwissenschaftlich eingestufte "Hildegard-Medizin" und die "Apotheke Gottes" von Maria Treben. Die Forschergruppe hat inzwischen aber gezeigt, dass unter dem Stichwort Klostermedizin seriöse Arbeit geleistet werden kann.

    Gegründet wurde die Gruppe als gemeinsames Projekt des Instituts für Geschichte der Medizin der Uni Würzburg und der Firma Abtei. Ihr Ziel ist es, die Bedeutung von Heilpflanzen in den unterschiedlichen Epochen zu analysieren und die sich daraus ergebenden Bilder zu vergleichen. Solche Studien können kulturell bedingte Veränderungen beim therapeutischen Einsatz von Pflanzen (Phytotherapie) aufdecken, an vergessene Anwendungen erinnern und damit der Suche nach medizinisch wirksamen Pflanzeninhaltsstoffen neue Impulse geben.

    Warum ist die Klostermedizin des Mittelalters dabei so wichtig? Durch sie wurde das antike Wissen über Arzneipflanzen bis in unsere Zeit hinübergerettet - die Klöster hatten damals im Gesundheitswesen eine monopolartige Stellung. Auf der anderen Seite bildet die Klostermedizin das Gegenstück zu den großen Kräuterbüchern der frühen Neuzeit, deren Inhalt bis in die Volksmedizin unserer Zeit fortwirkt. Ohne sie wären historische Entwicklungen im Bereich der Arzneipflanzen gar nicht zu verstehen.

    In den vergangenen fünf Jahren hat die Forschergruppe viele Pflanzenporträts erarbeitet, darunter die von Baldrian, Hopfen, Johanniskraut, Melisse, Ringelblume und Arnika. Auch eine Datenbank wurde entwickelt. Sie erfasst alle Pflanzen, die in historischen Kräuterbüchern genannt werden. Mit ihr wurde es möglich, auch bislang unklare Namen und Bezeichnungen zu identifizieren. Dies betrifft Pflanzen und immer mehr auch ihre Anwendungsbereiche.

    Mit der Datenbank werden die historischen Werke über die Phytotherapie des Mittelalters und der frühen Neuzeit daraufhin überprüft, ob sie auf nachvollziehbaren Erfahrungen gründen oder ob sie einfach nur Anweisungen überliefern, die etwa aus der Viersäftelehre, aus Aberglauben oder anderen Quellen stammen. Außerdem sollen die Überlieferungswege der so genannten volkstümlichen Anwendungen offengelegt werden.

    Die Forschergruppe steht in engem Kontakt mit anderen Wissenschaftlern. Es existiert ein reger Austausch mit Projekten zur Missionsmedizin (Marburg), zur Ethnopharmazie (London) und zur pharmaziehistorischen Feldforschung (Graz). Zurzeit befassen sich sechs Promotionen - zum Teil in Kooperation mit Ulrike Holzgrabe, Inhaberin des Lehrstuhls für Pharmazeutische Chemie an der Uni Würzburg - mit Fragen, die von der Forschergruppe entwickelt wurden.

    Neben dieser allgemeinen Grundlagenforschung bearbeitet die Gruppe auch Fragestellungen ihres Projektpartners. So sollte sie die Entwicklung des ersten, ausschließlich in Apotheken vertriebenen Abteiprodukts Alluna, einem Hopfen-Baldrian-Spezialextrakt, frühzeitig begleiten. Dabei entstanden umfangreiche Texte über die historische Anwendung der beiden Pflanzen sowie ein Kompendium alter Gesundheitsregeln zum gesunden Schlaf, die in Kooperation mit Jürgen Zulley von der Uni Regensburg zusammengetragen wurden.

    Die Mitglieder der Forschergruppe Klostermedizin:

    * Professor Gundolf Keil, Institut für Geschichte der Medizin, Würzburg

    * Professor Franz-Christian Czygan, Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie, Würzburg

    * Johannes Mayer, Historiker, Institut für Geschichte der Medizin, Würzburg

    * Konrad Goehl, Altphilologe, Institut für Geschichte der Medizin, Würzburg

    * Bernhard Uehleke, Lehrstuhl für Naturheilverfahren, Berlin,

    * Hermann Josef Roth, Zisterzienser und promovierter Botaniker, Bonn

    * Katharina Englert, Apothekerin, Würzburg

    * Alfred Müller, Direktor der Forschung und Entwicklung bei gsk consumer healthcare, Herrenberg

    * Ralf Windhaber, Geschäftsführer, Würzburg

    Weitere Informationen: Dr. Johannes Mayer, T (0931) 7967-816, Fax (0931) 7967-878, E-Mail:
    johannes.mayer@mail.uni-wuerzburg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-wuerzburg.de/medizingeschichte/klost.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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