Übergewicht erhöht das Risiko, dass der Zuckerstoffwechsel aus dem Gleichgewicht gerät oder sogar ein Diabetes entsteht. Dass auch umgekehrt Mängel in der körpereigenen Insulinproduktion zu Übergewicht beitragen, hat nun eine Forschungsgruppe der Universität Basel gezeigt.
Ungesunde Ernährung, zu wenig Bewegung und in der Konsequenz zu viele Pfunde auf der Waage – der Lebensstil beeinflusst das Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Allerdings gibt es auch den umgekehrten Zusammenhang, wie eine Forschungsgruppe um Dr. Daniel Zeman-Meier vom Departement Biomedizin der Universität und des Universitätsspitals Basel berichtet. Ist die Herstellung von Insulin beeinträchtigt, wie es im Anfangsstadium von Diabetes Typ 2 der Fall ist, kann dies zu Übergewicht beitragen. Von ihren Ergebnissen berichten die Forschenden im Fachjournal «Nature Communications».
Wenn die Aktivierung von Hormonen fehlschlägt
Im Fokus des Forschungsteams stand die sogenannte Protease PC1/3, ein zentrales Enzym des Körpers, das diverse inaktive Vorformen von Hormonen zu ihrer fertigen, aktiven Form umwandelt. Funktioniert dieses Enzym beim Menschen nicht richtig, führt dies zu schweren Hormonstörungen. Die Folgen sind unter anderem ein unkontrolliertes Hungergefühl und folglich starkes Übergewicht.
«Bis jetzt ging man davon aus, dass diese Fehlregulation von einer mangelnden Aktivierung von Sättigungshormonen im Gehirn stammt», erklärt Studienleiter Zeman-Meier. «Als wir jedoch PC1/3 gezielt im Gehirn von Mäusen ausschalteten, änderte sich das Körpergewicht der Tiere nicht massgeblich.» Daraus schlossen die Forschenden, dass etwas anderes als eine Fehlfunktion im Gehirn für das Hungergefühl verantwortlich sein musste.
Fehlerhafte Aktivierung von Insulin führt zu Hunger
In einem nächsten Schritt prüften sie, ob das Übergewicht durch die Fehlaktivierung von anderen Hormonen stammen könnte. PC1/3 aktiviert unter anderem Insulin, einen wichtigen Faktor in der Regulation von Blutzucker und Fettstoffwechsel. «Es lag daher nahe, die Rolle der Insulinproduktion als Ursache für das Übergewicht zu prüfen», so Zeman-Meier. Also schalteten die Forschenden bei Mäusen PC1/3 gezielt in den Insulin-produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse aus. Die Tiere nahmen daraufhin deutlich mehr Kalorien zu sich, wurden in der Folge übergewichtig und diabetisch.
Wichtiger Mechanismus im Menschen
«Diese Ergebnisse sind auch interessant, weil PC1/3 in der Bauchspeicheldrüse von Patientinnen und Patienten mit Prädiabetes reduziert ist», sagt Prof. Dr. Marc Donath, Forschungsgruppenleiter und Letztautor der Studie. Dies deute darauf hin, dass fehlerhafte Insulin-Aktivierung nicht nur eine Konsequenz von, sondern auch eine Ursache für Übergewicht sein könnte.
PC1/3 ist aber auch für die Gewichtsregulation bei gesunden Personen wichtig, betont Donath. So konnten die Forschenden zeigen, dass die Genexpression von PC1/3 in der Bauchspeicheldrüse in der Allgemeinbevölkerung negativ mit dem Körpergewicht korreliert, dass also ausreichend PC1/3 ein gesundes Körpergewicht begünstigt.
Die Erkenntnis, dass ein Defekt in den Insulin-produzierenden Betazellen ein Auslöser für Übergewicht ist, eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten. Vorstellbar wäre zum Beispiel, mit Medikamenten die Produktion von unreifen Insulinvorstufen zu reduzieren, und damit ein neues Instrument zur Bekämpfung von Übergewicht und Diabetes zu schaffen.
Dr. Daniel Zeman-Meier, Universität Basel, Departement Biomedizin, Universitätsspital Basel, Klinik für Endokrinologie, Tel. +41 61 265 35 27, E-Mail: daniel.zeman@unibas.ch
Daniel Meier, Leila Rachid, Sophia Wiedemann, Shuyang Traub, Kelly Trimigliozzi, Marc Stawiski, Loïc Sauteur, Denise Winter, Christelle Le Foll, Catherine Brégère, Raphael Guzman, Alex Odermatt, Marianne Böni-Schnetzler und Marc Y. Donath
Prohormone convertase 1/3 deficiency causes obesity due to impaired proinsulin processing
Nature Communications (2022): 10.1038/s41467-022-32509-4
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).