idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
15.09.2022 11:29

Korrektur der Alterssichtigkeit „Viele Senioren haben den Wunsch, brillenfrei zu sein“

Kerstin Ullrich Pressestelle
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft

    Zur Korrektur der Alterssichtigkeit stehen heutzutage verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie reichen von herkömmlichen Lese- oder Gleitsichtbrillen und herausnehmbaren Kontaktlinsen bis zu Lasereingriffen und Kunstlinsen, die dauerhaft oder vorübergehend implantiert werden. Über Vor- und Nachteile dieser Varianten spricht eine Expertin am 29. September 2022 auf einer Pressekonferenz zum Jahreskongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Sie erklärt dort auch, warum PresbyLaser und Sehtraining zur Verbesserung des Nahsehens aus Expertensicht nicht in Frage kommen und wie die neuen Augentropfen funktionieren, die in den USA gegen Alterssichtigkeit zugelassen wurden.

    Schwierigkeiten, ein Buch oder eine SMS zu lesen, stellen sich ab Mitte vierzig ein. Lese- oder Gleitsichtbrillen können diese Alterssichtigkeit korrigieren, herausnehmbare Kontaktlinsen ebenfalls. „Viele haben aber den Wunsch, brillen- und kontaktlinsenfrei zu sein“, berichtet Professorin Dr. med. Maya Müller. Dies gilt auch für den Fall, dass zwischen dem 60. und 75. Lebensjahr eine Linsentrübung durch den Grauen Star einsetzt und ein operativer Linsentausch notwendig wird. „Viele Senioren und Seniorinnen wollen heute reisen und mit dem Handy unterwegs sein. Sehhilfen stören da häufig“, ergänzt die Ärztliche Direktorin des Instituts für Refraktive und Ophthalmo-Chirurgie (IROC) in Zürich. Allerdings könne nicht jeder Person der Wunsch nach Brillenfreiheit erfüllt werden. „Welche Ziele realistisch sind und welche Vor- oder Nachteile sich ergeben, muss in einer ausführlichen Beratung geklärt werden“, betont die Expertin.

    Grundsätzlich stehen verschiedene Methoden zur Korrektur der Alterssichtigkeit zur Wahl. Ein vergleichsweise kostengünstiger Eingriff, der weitestgehende Brillenfreiheit ermöglichen kann, ist die Monovision – sofern sich die Patient*innen dafür eignen. Bei der Monovisions-Operation wird ein Auge auf Kurzsichtigkeit eingestellt, so dass man lesen kann; das andere Auge sieht in der Ferne scharf. „Unser Gehirn wählt automatisch das jeweils passende Bild aus“, erläutert Müller. „Allerdings sollte vor einem Eingriff unbedingt mit Kontaktlinsen getestet werden, ob die Patientinnen und Patienten damit klarkommen.“ Das sind nach Schätzung der Schweizer Expertin etwa 60 Prozent.

    Option auf Linsentausch beim Grauen Star bleibt erhalten

    Die Monovision kann mit Laser oder auch mit Implantaten herbeigeführt werden. Beim Lasern werden die Hornhäute so abgetragen und bearbeitet, dass ein Auge die Nahsicht übernimmt, das andere die Fernsicht. Wichtig zu wissen: Trotz der veränderten Hornhäute können die Augenspezialist*innen später noch Kunstlinsen einsetzen, sollte sich ein Grauer Star entwickeln. „Die beiden durch das Lasern veränderten Sehstärken übertragen wir dann in die Kunstlinsen-Berechnung, dafür gibt es spezielle Formeln“, erklärt DOG-Expertin Müller.

    Ähnliches gilt, wenn die Monovision erreicht wird, indem die Augenchirurginnen und -chirurgen zusätzliche Implantate – sogenannte phake (Presbyopie-) Implantate – vor die natürliche Linse setzen. „Trüben sich später die natürlichen Linsen durch den Grauen Star ein, können die Kontaktlinsen-Implantate wieder entfernt und die trüben Linsen dahinter durch eine Kunstlinse getauscht werden“, so Müller. Nachteil dieser Methode: Phake Implantate funktionieren meist nur für eine begrenzte Zeit. Schreitet die Alterssichtigkeit fort, werden die Arme wieder zu kurz und die Sicht wieder unscharf. „Dann muss eine Lesehilfe her oder doch eine weitere Operation“, erläutert die DOG-Expertin.

    Multifokallinsen plus Nachlasern

    Eine weitere Variante, die Alterssichtigkeit zu korrigieren, stellen trifokale Multifokallinsen dar. Diese Art der Kunstlinse ersetzt nach einem ambulanten Eingriff dauerhaft die körpereigene Linse und kann Fehlsichtigkeiten auf allen drei Sehdistanzen korrigieren – nah, mittel und fern. „Dafür müssen aber gute Ausgangsbedingungen vorliegen“, erläutert Maya Müller. Sollten nicht korrigierbare Unregelmäßigkeiten der Hornhaut oder Netzhauterkrankungen an der Stelle des schärfsten Sehens bestehen, sei es besser, von multifokalen Kunstlinsen abzuraten. „Weitere wichtige Voraussetzungen sind der Wunsch, ohne Brille leben zu wollen, und eine realistische Erwartungshaltung der Patient*innen, welche Sehverbesserung erreicht werden kann“, betont Müller.

    Denn Multifokallinsen können die Blendungsempfindlichkeit des Auges in der Dunkelheit erhöhen und das Kontrastsehen reduzieren, vor allem aber Halos produzieren, kleine Lichtringe um Lichtquellen. In wenigen Fällen werden Multifokallinsen auch nicht vertragen und müssen ausgetauscht werden. „Das sollten die Patientinnen und Patienten im Vorfeld wissen“, sagt die Schweizer DOG-Expertin. Zum anderen kann trotz Linsenimplantation ein Nachlasern erforderlich werden. Der Grund: Im Rahmen des Abheilungsprozesses kann eine geringe Fehlsichtigkeit verbleiben. „Diese leichte Abweichung kann man durch ein Feintuning mit dem Laser beseitigen“, so Müller. Die Einrichtung, die die Linsenimplantation vornimmt, sollte daher idealerweise auch ein Nachlasern anbieten.

    PresbyLaser verwirkt späteren Linsentausch

    Von einer alleinigen Laserbehandlung der Hornhaut zur Korrektur der Alterssichtigkeit, dem sogenannten „PresbyLaser“, rät die DOG-Expertin ebenso wie die Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) der DOG ab. „Bei dieser relativ neuen Methode werden multifokale Muster in die Hornhaut gelasert, um die Nahsicht zu verbessern“, erläutert Maya Müller. Das Verfahren sei noch nicht etabliert und weise große Nachteile auf. „Der Eingriff ist nicht rückgängig zu machen, und die Möglichkeit einer späteren Implantation von multifokalen Linsen zur Therapie des Grauen Stars ist auch nicht mehr gegeben“, gibt die Ophthalmologin aus Zürich zu bedenken.

    Einen positiven Effekt auf die Alterssichtigkeit sprechen die Ophthalmologinnen und Ophthalmologen dem Sehtraining ab – dabei handelt es sich um Übungen zur Verbesserung der Nahsicht, um Akkommodationsübungen. „Dazu gibt es keine verlässlichen Studien“, stellt Müller fest. Die DOG-Expertin hat jedoch eine Erklärung für subjektiv empfundene Verbesserungen durch ein Sehtraining. „Der beginnende Graue Star kann über die Jahre hinweg leicht kurzsichtig machen“, so Müller. „Diese Kurzsichtigkeit hat einen positiven Effekt auf die Lesefähigkeit. Die Betroffenen könnten denken, es wäre das Training gewesen.“

    Augentropfen spiegeln Bedarf an nicht-chirurgischen Lösungen

    Hoffnungen ruhen derweil auf Augentropfen, die vor Kurzem in den USA gegen die Alterssichtigkeit zugelassen worden sind. „Bei dem Präparat handelt es sich um ein verdünntes Glaukom-Medikament, das die Pupille verengt und so die Nahsicht verbessert“, erläutert Müller. Die Tropfen eignen sich am besten im Alter zwischen 40 und 55 Jahren, ihre Wirkung soll mindestens sechs Stunden anhalten. Als Nebenwirkung können Kopfschmerzen auftreten, Autofahren im Dunkeln ist untersagt. 30 Tage Tropfen, die auf Rezept erhältlich sind, kosten etwa 80 Dollar. In Deutschland sind die Tropfen gegen Alterssichtigkeit noch nicht zugelassen.

    „Die Tropfen zeigen, dass jenseits von Lesebrille und chirurgischen Eingriffen ein großer Bedarf an weiteren Korrekturmöglichkeiten für die Alterssichtigkeit besteht“, sagt Maya Müller. „Das dürfte noch spannend werden.“

    Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.

    ***********************************************************************
    DOG: Forschung – Lehre – Krankenversorgung
    Die DOG ist die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft für Augenheilkunde in Deutschland. Sie vereint unter ihrem Dach mehr als 8.000 Mitglieder, die augenheilkundlich forschen, lehren und behandeln. Wesentliches Anliegen der DOG ist es, die Forschung in der Augenheilkunde zu fördern: Sie unterstützt wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und gibt wissenschaftliche Fachzeitschriften heraus. Darüber hinaus setzt sich die DOG für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Augenheilkunde ein, indem sie zum Beispiel Stipendien vor allem für junge Forscherinnen und Forscher vergibt. Gegründet im Jahr 1857 in Heidelberg ist die DOG die älteste augenärztliche Fachgesellschaft der Welt und die älteste fachärztliche Gesellschaft Deutschlands.

    ***********************************************************************

    Terminhinweise:

    • Online-Vorab-Pressekonferenz
    Termin: Donnerstag, 22. September 2022, 11.00 bis 12.00 Uhr
    Link zur Anmeldung:
    https://attendee.gotowebinar.com/register/7928982293166185229

    • Hybrid-Kongress-Pressekonferenz
    Termin: Donnerstag, 29. September 2022, 12.30 bis 13.30 Uhr
    Präsenz: Estrel Congress Center, Saal A, Sonnenallee 225, 12057 Berlin
    Online: Link zur Anmeldung:
    https://attendee.gotowebinar.com/register/4210896862423190541

    • Symposium: „Reduzierte Brillenabhängigkeit – die richtige Option finden beim Patienten mit Altersweitsichtigkeit“
    Termin: Freitag, 30. September 2022, 15.00 bis 16.15 Uhr
    e - DFG-geförderte Projekte

    ********************************************************

    Vorab-Online-Pressekonferenz zur DOG 2022
    Termin: Donnerstag, 22. September 2022, 11.00 bis 12.00 Uhr
    Link zur Teilnahme: https://attendee.gotowebinar.com/register/7928982293166185229

    Themen und Referierende:

    In der Klinik angekommen – Zelltherapie, Wachstumsfaktoren und Gewebekonstrukte für die Augenoberfläche und Hornhaut
    Professor Dr. med. Gerd Geerling
    Präsident der DOG; Direktor der Klinik für Augenheilkunde,
    Universitätsklinikum Düsseldorf

    Spendermangel in der Hornhauttransplantation –
    sind Fischschuppen die Lösung?
    Professor Dr. med. Claus Cursiefen
    Generalsekretär der DOG; Direktor des Zentrums für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Köln

    Schwachsichtigkeit: je früher die Therapie, desto besser die Kinderaugen
    Professor Dr. med. Maria Fronius
    Leiterin der Forschungseinheit „Sehstörungen des Kindesalters“, Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Frankfurt/Main

    Höhere UV-Strahlung am Auge: Wie können wir uns vor Schäden schützen?
    Privatdozent Dr. med. Vinodh Kakkassery
    Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck

    Behandeln unter Kriegsbedingungen:
    zur Lage der Augenkliniken in der Ukraine
    Privatdozent Dr. Lyubomyr Lytvynchuk
    Stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen

    Moderation:
    Kerstin Ullrich, Pressestelle DOG, Berlin

    ********************************************************

    Kongress-Pressekonferenz (hybrid) zur DOG 2022

    Termin: Donnerstag, 29. September 2022, 12.30 bis 13.30 Uhr
    Präsenz: Estrel Congress Center, Saal A, Sonnenallee 225, 12057 Berlin
    Online: Link zur Anmeldung:
    https://attendee.gotowebinar.com/register/4210896862423190541

    Themen und Referierende:

    Ökologische Nachhaltigkeit in der Augenheilkunde –
    (wie) kann das gehen?
    Professor Dr. med. Gerd Geerling
    Präsident der DOG; Direktor der Klinik für Augenheilkunde,
    Universitätsklinikum Düsseldorf

    Alterssichtigkeit: Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
    Professorin Dr. med. Maya Müller
    Ärztliche Direktorin des Instituts für Refraktive und Ophthalmo-Chirurgie (IROC), Zürich/Schweiz

    Trockene altersabhängige Makuladegeneration:
    Hoffnungsträger Komplement-Inhibitoren?
    Professor Dr. med. Frank Holz
    Direktor der Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Bonn; Vorstand der Stiftung Auge

    Long COVID: Sind Störungen der Mikrozirkulation für die Dauer-Erschöpfung verantwortlich? Wie kann der Augenarzt die Erkrankung heilen?
    Privatdozentin Dr. med. Dr. rer. biol. hum. Bettina Hohberger
    Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Erlangen

    Liquid Biopsy: neue Möglichkeiten zur Krebsdiagnostik am Auge
    Professor Dr. med. Dr. h.c. Nikolaos Bechrakis
    Direktor der Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Essen

    Moderation:
    Anne-Katrin Döbler, Pressestelle DOG, Stuttgart

    ***********************************************************************
    Kontakt für Journalist*innen:
    Pressestelle DOG 2022
    Kerstin Ullrich/Corinna Deckert
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Telefon: 0711 8931-641/-309
    Telefax: 0711 8931-167
    ullrich@medizinkommunikation.org
    http://www.dog.org
    ____________________________________________________
    Wenn Sie keine Informationen der DOG mehr wünschen, senden Sie bitte eine E-Mail an: ullrich@medizinkommunikation.org


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Pressetermine
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).