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21.09.2022 11:21

Jeder 7. Beschäftigte im Rettungsdienst berichtet von Depression: Neues Online-Angebot gestartet

Heike Friedewald Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stiftung Deutsche Depressionshilfe

    Heute startet unter www.rupert-community.de ein neues Online-Angebot zur Stärkung der psychischen Gesundheit von Rettungskräften. Die Plattform bietet haupt- und ehrenamtlichen Beschäftigten im Rettungsdienst Informationen zu Depression, die Möglichkeit zum Austausch in einem Online-Forum und hilfreiche Werkzeuge, um die eigene psychische Gesundheit zu schützen. Eine Begleitstudie evaluiert das Programm.

    Laut einer Befragung des RKI in 2021 berichten 13,7 Prozent des medizinischen Rettungsdienstpersonals in Deutschland, in den vergangenen zwölf Monaten von einer depressiven Erkrankung betroffen gewesen zu sein. Das sind in etwa doppelt so viele Betroffene wie in der Allgemeinbevölkerung (Möckel et al., 2022). Bei Männern ist der Unterschied noch gravierender: Im Rettungswesen Tätige berichten bis zu dreimal häufiger von Depression. „Rettungskräfte gelten als Risikogruppe für Belastungsstörungen und Depression aufgrund der starken physischen und psychischen Belastungen. Es fehlt jedoch noch an Aufklärungs- und Präventionsangeboten“, sagt Dr. Nico Niedermeier, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Moderator bei www.diskussionsforum-depression.de. Für das Online-Angebot RUPERT und die Begleitstudie arbeitet der Diskussionsforum Depression e.V. mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention zusammen. Gefördert wird das Projekt durch die international tätige Organisation Movember.

    Starke physische und psychische Belastungen im Rettungsdienst

    Zu den täglichen Stressoren von Rettung zählen z.B. der rasche Wechsel von Erholungs- und Aktivitätsphasen, der Umgang mit der Verantwortung für das Leben anderer, eine erhöhte Schmerzbelastung (v.a. Rückenschmerzen) und der verschobene Tag-Nacht-Rhythmus durch die Schichtarbeit. Hinzu kommen die erhöhten Belastungen durch die aktuelle Covid-19-Pandemie sowie Personalengpässe. Zu den täglichen Anforderungen können Traumatisierungen durch Extremereignisse wie z.B. Großschadensereignisse oder Kindernotfälle hinzukommen.
    Solche Extrembelastungen können Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) und andere psychische Erkrankungen wie Depression begünstigen. International sind ca. 11 Prozent der Rettungskräfte von einer Posttraumatischen Belastungsstörung betroffen – im Vergleich zu bis zu 3 Prozent in der Allgemeinbevölkerung (Petrie at al., 2018). Die Untersuchungen zeigen, dass Rettungskräfte deutlich häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen sind. Das Thema psychische Gesundheit im Rettungswesen bedarf daher noch deutlich mehr Aufmerksamkeit.

    68 Prozent der Beschäftigten im Rettungsdienst sind Männer. Untersuchungen bei Männern im medizinischen Dienst zeigen erhöhte Stigmatisierungsängste und ein ungünstiges Hilfesuchverhalten. „Die Angst vor Karrierenachteilen oder die Befürchtung als ‚schwach und unmännlich‘ angesehen zu werden, hält leider immer noch viele Rettungskräfte davon ab, sich professionelle Hilfe zu holen, wenn psychische Belastungen zunehmen“, erklärt Dr. Niedermeier. Auch wird angenommen, dass psychische Erkrankungen sowohl von den betroffenen Männern selbst als auch von Behandlern weniger gut erkannt werden, da Symptome anders ausfallen können (z.B. Gereiztheit, Alkoholkonsum) als bei Frauen (z.B. Schuldgefühle, Niedergeschlagenheit). Dies führt dazu, dass psychische Erkrankungen bei Männern oft nicht erkannt und behandelt werden. Suizidzahlen bei Männern sind auch daher deutlich höher: zwei von drei Suiziden werden von Männern begangen. Aufgrund dessen strebt das Programm eine möglichst hohe Akzeptanz und wirkungsvollere Ansprache speziell auch in dieser Zielgruppe an.

    „RUPERT“ - unterstützt stark geforderte Rettungskräfte und sensibilisiert Öffentlichkeit

    Nico Niedermeier beschreibt das Ziel des Projektes: „Je umfassender sowohl männliche wie weibliche Rettungskräfte aber auch die breite Öffentlichkeit über das Thema aufgeklärt sind, die Angst vor Stigmatisierung verlieren, sich Belastungen eingestehen und darüber ins Gespräch kommen, desto besser können ernsthafte psychische Erkrankungen rechtzeitig verhindert oder entsprechend leitliniengerecht behandelt werden“. Mit RUPERT wird ein Informations- und Austauschprogramm exklusiv für Rettungskräfte geschaffen. Das Angebot umfasst ein Online-Diskussionsforum, Expertenchats sowie eine Informationsplattform.

    Was bietet RUPERT?
    • KNOWledge: Auf der Informationsplattform www.rupert-community.de finden Rettungskräfte Antworten: u.a. Was ist Stress? Bin ich depressiv? Wo gibt es Hilfe? Wie geht es anderen Rettern?
    • DOs: RUPERT hat sogenannte Powertools und Empfehlungen zur Prävention gesammelt: Rettungskräfte finden Selbsthilfe-Strategien, um von der Anspannung in die Entspannung zu finden und die eigene Gesundheit noch besser im Blick zu behalten.
    • INTERACTion: Das exklusiv für Rettungskräfte eingerichtete Unterforum des Diskussionsforums Depression bietet eine Selbsthilfeplattform zum Austausch & Support innerhalb der community – 24/7, anonym und kostenfrei.

    Rettungskräfte gesucht für Begleitstudie

    Für die Begleitstudie werden derzeit Rettungskräfte gesucht, die die angebotenen Online-Module nutzen. Eingeladen hierzu ist haupt- wie ehrenamtliches medizinisches Personal aller Geschlechter im Rettungsdienst. Die Anmeldung erfolgt über www.rupert-community.de. Für Interessierte liegen dort außerdem mehr Informationen zum RUPERT-Angebot sowie Fakten zum Thema Psychische Gesundheit im Rettungsdienst bereit.
    Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten direkten Zugang zu der Informationsplattform und den „Powertools“. Auch ohne Teilnahme an der Studie kann bereits jetzt vom Austausch mit anderen Rettungskräften im Diskussionsforum profitiert werden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Pressekontakt:
    Stiftung Deutsche Depressionshilfe
    Heike Friedewald & Janine Zehner
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Tel.: 0341 223 874 12
    E-Mail: presse@deutsche-depressionshilfe.de


    Originalpublikation:

    • Möckel, L., Arnold, C., May, T., & Hofmann, T. (2022). The prevalence of diseases in German emergency medical services staff: A survey study. Archives of Environmental & Occupational Health, 1-8.
    • Petrie, K., Milligan-Saville, J., Gayed, A., Deady, M., Phelps, A., Dell, L. & Harvey, S. B. (2018). Prevalence of PTSD and common mental disorders amongst ambulance personnel: a systematic review and meta-analysis. Social psychiatry and psychiatric epidemiology, 53(9), 897-909.
    • Maercker, A., & Barth, J. (2004). Psychotherapie bei Belastungsstörungen. In J. Bengel (Ed.), Psychologie in Notfallmedizin und Rettungsdienst (pp. 69-88). Springer.


    Weitere Informationen:

    https://www.deutsche-depressionshilfe.de/forschungszentrum/aktuellestudien/psych...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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