Mit der Elektronenstrahltechnologie können Oberflächen zuverlässig behandelt und funktionalisiert werden. Jetzt gelang am Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP die Erzeugung von Antihaftbeschichtungen auf Kunststofffolien durch die Beaufschlagung mit niederenergetisch-beschleunigten Elektronen ohne Einsatz zusätzlicher chemischer Vernetzter. Das Institut stellt diese Folie unter anderem auf der BIOEurope 2022, vom 24. bis 26. Oktober 2022, in Leipzig, auf dem Bio-Saxony-Stand Nr. 100 aus.
Antifouling-Beschichtungen verhindern die Ansiedlung unerwünschter Organismen an Oberflächen. Dies ist besonders beim Schiffsbau nötig, aber auch bei medizinischen Geräten und Implantaten wichtig.
Die niederenergetische Elektronenstrahltechnologie (Ebeam) ist ein multifunktionales Werkzeug mit einem breiten Anwendungsspektrum, das gezielt zur Modifizierung von Oberflächen eingesetzt werden kann. Durch den Einsatz der niederenergetischen Elektronenstrahltechnologie können Oberflächen entweder schonend desinfiziert bzw. sterilisiert, Materialien durch Vernetzungsprozesse oberflächensensitiv gehärtet oder Oberflächeneigenschaften, wie Benetzbarkeit, effektiv moduliert werden. Innovative oberflächensensitive Funktionalisierungstechnologien garantieren den Erhalt der Materialeigenschaften, während gleichzeitig die Oberflächeneigenschaften angepasst werden können. Die Verwendung von geringen Beschleunigungsspannungen (< 300 Kilo-Elektronenvolt, keV) bei niederenergetischen, nicht-thermischen Elektronenstrahlprozessen garantiert die sehr gute Materialverträglichkeit und einen nachhaltigen Materialerhalt.
Was kann ganz konkret bewirkt werden?
Nic Gürtler, Doktorand im Bereich Medizinische und Biotechnologische Applikationen am Fraunhofer FEP erklärt im Detail: „Die Oberflächenfunktionalisierung mit beschleunigten Elektronen ist schnell und kommt ganz ohne umweltschädliche Chemie aus. Durch die niederenergetisch beschleunigten Elektronen können oberflächennah chemische Bindungen umstrukturiert, vernetzt, gebrochen oder neu gebildet werden. Treffen beschleunigte Elektronen auf eine Oberfläche, entstehen verschiedene reaktive Spezies wie Ionen und Radikale, die bei oberflächenspezifischen Modifikationsprozessen eine wichtige Rolle spielen. Die atmosphärischen Umgebungsbedingungen während des Elektronenstrahlprozesses können individuell an das Material angepasst werden und beeinflussen so den gewünschten Grad der Funktionalisierung. Konkret konnten wir eine stabile, nicht-toxische Hydrogelbeschichtung auf hydrophoben Polyethylen (PE)- und Polyethylenterephthalat (PET)-Folien erreichen.“
Das Ebeam-gestützte Beschichtungsverfahren Ebeam-Grafting (Pfropfung) bietet die Chance, Materialien mit selektiven Oberflächenfunktionen auszustatten, so dass je nach Anforderungsprofil biozide, biokompatible oder Antifouling-Eigenschaften erzielt werden können. Alle Prozessparameter des nicht-thermischen Ebeam-induzierten Beschichtungsvorganges können individuell überwacht und modular angepasst werden. Im Rahmen von verschiedenen Forschungsarbeiten am Fraunhofer FEP konnte das Ebeam-Grafting bereits als zweistufiges Beschichtungsverfahren erfolgreich zur Ausrüstung von verschiedenen hydrophoben Kunststoffoberflächen mit Antifouling-Attributen etabliert werden. Die nach dem Ebeam-Grafting zellabweisenden und proteinabweisenden Oberflächeneigenschaften können sowohl in technischen Branchen sowie speziell im Bereich der Biomaterialforschung als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer medizinischer Geräte oder Implantate genutzt werden, wo eine unkontrollierte Biofilmbildung verhindert werden soll. Diese Ebeam-Funktionalisierungsprozesse können beispielsweise in der Dentalmedizin helfen, Zahnimplantate zu optimieren.
Die niederenergetische Elektronenstrahltechnologie und damit auch das Ebeam-Grafting ist inline-fähig, d.h. einfach in industrielle Prozesse kundenspezifisch integrierbar. Um beispielsweise eine Modifizierung großer flexibler Flächen, wie bei Verpackungen, zu realisieren, kann die Technologie auch in Rolle-zu-Rolle-Anlagen implementiert werden.
Frau Dr. Ulla König, Leiterin des Bereiches Medizinische und Biotechnologische Applikationen, fasst zusammen: „Eine der Kernkompetenzen des Fraunhofer FEP ist die Entwicklung spezieller niederenergetischer Elektronenstrahlquellen und -systeme für ein breites Anwendungsspektrum. Der Arbeitsschwerpunkt konzentriert sich auf die technologische Entwicklung individueller kundenspezifischer Anlagenkonzepte.“
Diese Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderten Discover-Projektes SaveLife durchgeführt.
Fraunhofer FEP auf der BioEurope 2022
Biosaxony Gemeinschaftsstand, Nr. 100
24. – 26. Oktober 2022
Leipzig Messe, Messe-Allee 1, Leipzig
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Pressekontakt:
Frau Annett Arnold
Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP
Telefon +49 351 2586 333 | presse@fep.fraunhofer.de
Winterbergstraße 28 | 01277 Dresden | Deutschland | www.fep.fraunhofer.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Chemie, Elektrotechnik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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