Mehr als 90% der Bevölkerung infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV). Die akute Infektion mit EBV kann Pfeiffersches Drüsenfieber verursachen, welches die betroffenen Personen in der Regel für einige Wochen in ihrem generellen Befinden einschränkt. Der Körper ist jedoch nicht in der Lage eine Infektion mit EBV vollständig auszulöschen, sodass diese ein Leben lang besteht. Während für die große Mehrheit der Infizierten diese chronische Virusinfektion keine weiteren Nebenwirkungen hat, neigen einige Infizierte dazu, an bestimmten Krebsarten zu erkranken.
Bisherige Strategien einen Impfstoff gegen EBV zu entwickeln zielten darauf ab, sogenannte neutralisierende Antikörper zu stimulieren, welche sich an Viren anlagern, um auf diese Weise die Infektion von Zellen zu verhindern. Mit dieser Strategie konnten bisher allerdings nur die Symptome des Pfeifferschen Drüsenfiebers gelindert, aber keine Infektion verhindert werden.Eine Virologin des Instituts für translationale HIV-Forschung der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) hat sich nun mit Kolleg:innen des US-amerikanischen Ragon Institute of MGH, MIT and Harvard genauer angesehen, wie sich die Antikörperantwort im Verlauf der EBV-Infektion im Detail entwickelt.
Durch diese Arbeit sollte ein besseres Verständnis darüber erlangt werden, ob möglicherweise andere Immunfunktionen, die ebenfalls durch Antikörper stimuliert werden, als Basis für eine neue Impf-Strategie infrage kommen könnten. Die Ergebnisse haben die Wissenschaftler:innen kürzlich im Fachjournal „PLoS Pathogens“ veröffentlicht.
Sie fanden heraus, dass die Antikörperantwort im Vergleich zu der anderer bekannter Viren schwach und/oder nur von kurzer Dauer war. „Im ersten Jahr der Infektion wurde nur gegen ein einziges von vier getesteten EBV-Proteinen eine funktionale Antikörperantwort entwickelt“, erklärt Juniorprofessorin Christina Karsten, Erstautorin der Studie. „Diese Antikörperantwort kann prinzipiell zur Zerstörung infizierter Zellen beitragen und spielt möglicherweise bei der Bekämpfung einer aktiven Virusvermehrung in der akuten Phase der Infektion eine wichtige Rolle. Aber auch, wenn sie bei allen Probanden ausgebildet wurde, ist sie offensichtlich in ihrer natürlich stimulierten Ausprägung nicht ausreichend, um die Infektion wirksam auszulöschen.“
Die Forscher:innen fanden weiterhin Hinweise darauf, dass über ein Jahr nach der Infektion zusätzliche schwache Antikörperfunktionen gegen andere EBV-Proteine ausreifen. Die Autor:innen schlussfolgern, dass EBV mehrere zuvor nicht beschriebene nicht-neutralisierende Antikörperantworten induzieren kann. Diese Art der Antikörperantwort könnte möglicherweise im Rahmen einer neuen Impfstoff-Strategie stimuliert und ausgenutzt werden.
„Die Antikörperantwort zu EBV unterscheidet sich deutlich von dem, was bisher mit derselben Technologie für alle anderen untersuchten Viren beschrieben wurde“, erklärt Jun.-Prof. Karsten. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass EBV mit noch unbekannten Mechanismen die Ausbildung einer schützenden Antikörperantwort verhindert.“
Künftige Studien sollen zeigen, ob die neu beschriebenen Antikörperantworten tatsächlich einen Beitrag zum Schutz gegen eine EBV-Infektion und deren Folgen leisten können.
Evolution of functional antibodies following acute Epstein-Barr virus infection
https://journals.plos.org/plospathogens/article?id=10.1371/journal.ppat.1010738
https://www.uni-due.de/med/meldung.php?id=1404
Jun.-Prof. Christina Karsten, UDE/UK Essen
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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