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11.10.2022 17:28

Rappen gegen Albträume - Wie die moderne Schlafforschung den Nachtängsten den Schrecken nimmt

Romy Held Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)

    Früher glaubten die Menschen, dass der Nachtmahr sich auf die Brust setzt und einen Albdruck verursacht, wodurch des Nachts böse Träume entstehen. Durch die wissenschaftliche Albtraumforschung, die es übrigens erst seit ca. 30 Jahren gibt, haben sich glücklicherweise inzwischen fundierte Erklärungen und moderne Behandlungsmethoden gefunden. Und nicht nur dafür.

    Beste Erfolge zur Reduzierung der Angst im Traumerleben erzielt etwa die Imagery Rehearsal Therapie (IRT) in allen Altersgruppen. Dies geschieht durch zeichnerische Aufarbeitung bei Kleinkindern, das Schreiben von Rap-Songs oder Theaterstücken bei Jugendlichen oder das aktive positive Umschreiben des Albtraumgeschehens bei erwachsenen Patienten. Davon berichtet Reinhard Pietrowsky, Professor für Klinische Psychologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, unter anderem in seinem Vortrag „Nachts, wenn die Elfen [*] kommen. Albträume und ihre Behandlung“ anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Die Gesellschaft fördert sowohl die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Schlaf, als auch die Verbreitung von Wissen über Schlaferkrankungen und deren Prävention in einer breiten Öffentlichkeit.

    Geschätzt jeder zehnte Deutsche hat regelmäßig Albträume. Von diesen 10 % leidet etwa die Hälfte behandlungsbedürftig darunter. In stressigen und krisenbehafteten Zeiten – wie aktuell den unseren– treten Albträume häufiger auf. 10-15 Prozent aller wiederkehrenden Albträume sind sogenannte Täterträume, in denen der Schlafende jemanden verletzt oder gar tötet. Auch darüber wird Prof. Pietrowsky in seinem Vortrag sprechen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass diese Träumer keine verkappten Gewalttäter sind. „Im Gegenteil“, sagt Reinhard Pietrowsky, „es sind meist eher zurückhaltende, oft auch kreative Menschen, die durch Träume verschiedene Lösungsmöglichkeiten für reale Probleme durchspielen. Und eine davon kann auch eine aggressive sein. Jedoch würden diese Menschen in der überwiegenden Zahl diese Lösung dann nicht real umsetzen.“ Albträume sind also auch eine Chance, seine Ängste und Probleme zu erkennen und sich mit Ihnen auseinanderzusetzen. Und dank Schlafforschern wie Prof. Pietrowsky stehen wir ihnen heutzutage nicht mehr hilflos gegenüber.

    Hilflos stand man auch lange Zeit einem anderen Schrecken im Schlaf gegenüber: dem plötzlichen Kindstod. Seit klar ist, dass man die Babys im eigenen Bett im Zimmer der Eltern auf dem Rücken schlafen lassen sowie Überhitzung und Rauchen vermeiden sollte, wurde zwar eine deutliche Verbesserung der Fallzahlen weltweit erreicht. Für Deutschland bedeutet dies einen Rückgang von einstmals 1500 auf derzeit unter 100 Fälle pro Jahr. Die Ursache für den plötzlichen Kindstod ist bis heute dennoch unklar, die Angst und Ohnmacht davor sind geblieben. „Umso mehr verwundert es, dass fast überall die Babys direkt nach der Geburt mit dem Gesicht nach unten auf die Brust der Mutter gelegt werden. Sicherlich ist dieses erste Kennenlernen wichtig für Bindung und Empfinden, aber es ist aufgrund der dabei praktizierten Bauchlage auch ein Risikofaktor für den plötzlichen Kindstod“, weiß Prof. Dr. Christian Poets. Er ist Direktor der Klinik für Neonatologie am Universitätsklinikum Tübingen und forscht seit Beginn seiner Karriere zum Thema. Er betont, wie wichtig es auch heute noch ist, junge Eltern, aber auch Geburtshelfer und Hebammen, dafür zu sensibilisieren, dass es auch direkt nach der Geburt zu Todesfällen kommt, weil das Neugeborene keine Luft bekommt und niemand das merkt. Diese Kinder werden bislang nicht als plötzlicher Kindstod verstanden, da dieser statistisch oft erst jenseits der 1. Lebenswoche oder des 1. Monats erfasst wird. Und deshalb gibt es dazu kaum Präventionsempfehlungen. Aber es gibt glücklicherweise Mediziner wie Poets, die nicht müde werden, darüber Vorträge zu halten. So auch beim DGSM-Kongress in Wiesbaden. Seine Empfehlung: bereits ab dem 1. Kuscheln direkt nach Geburt darauf zu achten, dass die Nase des Kindes stets frei ist, es also gut Luft bekommen kann. Im Vortrag wird er zudem auch Stellung nehmen zu Hinweisen auf einen kürzlich berichteten Biomarker für den plötzlichen Kindstod. Eine im Juni dieses Jahres veröffentlichte Studie deutet darauf hin, dass auffällige Enzymwerte möglicherweise gefährdete Kinder erkennen lassen.

    Was dran ist an diesem Thema, aber auch Infos zu vielen weiteren spannenden Themen erfahren Sie auf dem Jahreskongress der DGSM vom 10.-12.11. 2022 im RheinMain CongressCenter Wiesbaden. Für Medienvertreter bereitet die Gesellschaft einige Programminhalte wieder als Presseinformationen auf. Zudem stehen Ihnen Vertreter der Gesellschaft sehr gern für alle, Sie interessierenden schlafmedizinischen Themen als Gesprächspartner, für Interviews und Hintergrundinformationen zur Verfügung. Medienvertreter sind überdies herzlich zur Teilnahme am Kongress eingeladen! Zur Akkreditierung und Expertenvermittlung senden Sie bitte eine Mail an romy.held@conventus.de!

    [*] Zur Erklärung: Alptraum oder auch Albtraum lässt sich zurückführen auf das Althochdeutsche „alp“ oder „alb“. Von der Wortherkunft ist es mit “elfen” verwandt. Im germanischen Volksglauben stehen die “elfen” für kleine Erdgeister, die letztlich als böse Dämonen und Geister angesehen wurden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Kontakt zu den im Text genannten Experten erhalten Sie via Mail an romy.held@conventus.de!


    Weitere Informationen:

    http://www.dgsm-kongress.de
    http://www.dgsm.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Medizin, Psychologie
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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