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19.10.2022 10:25

Bereits kurz nach dem Abitur rechnen Frauen mit niedrigerem Gehalt als Männer

Dr. Filiz Gülal Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

    Studie untersucht Gender Gap bei Einkommenserwartungen – Abiturientinnen gehen davon aus, dass sie mit 35 Jahren in Vollzeitjob mit Hochschulstudium fast 16 Prozent weniger Gehalt haben werden als Männer – Politik sollte unter anderem Anreize für gleichmäßigere Aufteilung von Sorgearbeit stärken, um Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit weiter zu verbessern

    Berlin/Hannover, 19.10.2022. Bereits kurz nach dem Abitur erwarten Frauen, dass sie im Alter von 35 Jahren in einem Vollzeitjob mit Hochschulabschluss ein um 15,7 Prozent niedrigeres monatliches Nettoeinkommen haben werden als Männer. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie, die auf Daten des Berliner-Studienberechtigten-Panels (Best Up) basiert, an der auch eine Mitarbeiterin des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) beteiligt ist. Für Tätigkeiten, die eine Berufsausbildung voraussetzen, ist der Gender Gap in den Einkommenserwartungen mit 13 Prozent demnach etwas geringer. Fast die Hälfte der Unterschiede bei den Einkommenserwartungen von Frauen und Männern geht darauf zurück, dass Frauen aufgrund erwarteter familiärer Verpflichtungen mit weniger Einkommen rechnen. Obwohl sich Männer gleichermaßen ausreichend Zeit für die Familie wünschen, gehen sie im Gegensatz zu Frauen nicht davon aus, dass sie deshalb später Abstriche bei ihrem Erwerbseinkommen machen müssen.

    „Dass Frauen und Männer unterschiedliche Vorstellungen von ihrem späteren Einkommen haben, mag auf den ersten Blick nicht problematisch erscheinen – doch das Gegenteil ist der Fall: Wenn Frauen beispielsweise mit geringen Erwartungen in Gehaltsverhandlungen gehen, bekommen sie womöglich tatsächlich ein niedrigeres Gehalt. Zudem können Einkommenserwartungen mit darüber entscheiden, ob sich junge Menschen nach dem Abitur überhaupt für ein Studium einschreiben. Über solche Kanäle trägt der Gender Gap bei den Einkommenserwartungen zum tatsächlichen Gender Pay Gap bei“, erklärt Andreas Leibing aus der Abteilung Bildung und Familie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

    Gemeinsam mit C. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), und Frauke Peter vom DZHW hat Leibing die Angaben von 308 Frauen und 205 Männern aus dem Jahr 2014 ausgewertet. Im Rahmen von Best Up wurden Schülerinnen und Schüler an insgesamt 27 Berliner Schulen befragt.

    Ausbau der Kindertagesbetreuung und mehr Frauen in Führungspositionen als Ansatzpunkte

    Für das Szenario eines Vollzeitjobs mit Hochschulabschluss erwarten Frauen den Berechnungen zufolge im Durchschnitt ein monatliches Nettogehalt von 3 153 Euro. Männer hingegen rechnen mit durchschnittlich 3 740 Euro. Die Einkommensabschläge, die Frauen aufgrund ihrer Präferenz für Zeit mit der Familie erwarten, sind bei Karrieren mit einem vorausgesetzten Masterabschluss größer als mit einem Bachelorabschluss. „Dies deutet darauf hin, dass Frauen bereits nach dem Abitur davon ausgehen, eine Vollzeitarbeit eher mit einem geringen Stundenumfang ausüben zu können, und damit bestimmte Karrieren für sich von vornherein ausschließen“, vermutet Peter. Männer hingegen erwarten nicht, dass sie solche Kompromisse werden eingehen müssen.

    Wenn die Politik den Gender Pay Gap nachhaltig reduzieren wolle, müsse sie also auch die Einkommenserwartungen junger Menschen in den Fokus nehmen, schlussfolgern Leibing, Peter und Spieß. Zum einen sollte in den Schulen rechtzeitig vor dem Abitur darüber informiert werden, wie sich im späteren Arbeitsleben Familien- und Erwerbsarbeit ohne große Einkommensabschläge vereinbaren lassen. Zum anderen müsste diese Vereinbarkeit aber auch noch deutlich verbessert werden. „So sollten Anreize gesetzt werden, damit sich Frauen und Männer die Familienarbeit gleichmäßiger aufteilen“, empfiehlt Spieß. „Auch der weitere Ausbau der Kindertagesbetreuung, insbesondere im Bereich ganztägiger Angebote, muss mit Nachdruck verfolgt werden.“ Zudem seien mehr Frauen in Führungspositionen wichtig – sie könnten ein Vorbild für junge Frauen sein und zeigen, dass Karriere und Familie zusammengehen, ohne Abstriche beim Einkommen machen zu müssen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Andreas Leibing (DIW, Berlin)
    Dr. Frauke Peter (DZHW, Hannover)
    Prof. Dr. C. Katharina Spieß (BiB, Wiesbaden)


    Originalpublikation:

    https://www.diw.de/de/diw_01.c.856479.de/publikationen/wochenberichte/2022_42_1/...


    Bilder

    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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