idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.10.2022 11:24

Antifouling-Beschichtungen: Starthilfe für Korallenlarven?

Dr. Susanne Eickhoff Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

    Wenn sich Algen, Muscheln oder Seepocken auf Schiffsrümpfen ansiedeln, kann dies zu Schäden in Milliardenhöhe führen. Um dem entgegenzuwirken, werden sie mit Antifouling-Beschichtungen behandelt. Eine Wissenschaftlerin des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) ging jetzt der Frage nach, inwieweit neu entwickelte Antifouling-Beschichtungen eingesetzt werden könnten, um das Algenwachstum einzudämmen, das Korallenlarven oft bei ihrer Ansiedlung beeinträchtigt. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht.

    Tropische Korallenriffe stehen unter zunehmendem Druck durch die Erwärmung und Versauerung der Ozeane, die Verschmutzung der Meere, Dynamitfischerei und andere Aktivitäten des Menschen in Küstengebieten. Damit sich Riffe erholen können und widerstandsfähiger werden, muss die Fortpflanzung der Steinkorallen sowie die Verbreitung und Ansiedlung ihrer Larven gelingen.

    Dabei sind die Larven einigen Gefahren ausgesetzt: sie haben Fressfeinde wie Fische und Schlangensterne, aufgewirbeltes Meeressediment verhindert ihre Ansiedlung, oder Algen machen ihnen geeignete Siedlungsplätze streitig. Im Kampf mit Korallenlarven um Platz und Licht sind Algen insbesondere dort im Vorteil, wo Küstengebiete durch Abwässer oder eingeleitete Nährstoffe aus der Landwirtschaft verschmutzt sind, da sie unter solchen Bedingungen gut gedeihen.

    Das Problem, dass Algen, aber auch Muscheln oder Seepocken sich auf Oberflächen anheften, ist aus der Seefahrt hinlänglich bekannt. Um diesem sogenannten Biofouling entgegenzuwirken, werden die Schiffsrümpfe mit Antifouling-Beschichtungen behandelt. Diese Anstriche enthalten meist biozide Wirkstoffe, die den Bewuchs verhindern sollen.

    Könnten ähnliche Beschichtungen auch für die Ansiedlung von Korallenlarven bessere Bedingungen schaffen? Dieser Frage ging die Meeresbiologin Lisa Röpke am ZMT nach. „Wir wollten eine Beschichtung finden, die das Algenwachstum auf einem geeigneten Siedlungsplatz reduziert, die Larven aber nicht beeinträchtigt“, so die Wissenschaftlerin. Für die Studie bestrich Röpke Trägerplättchen, wie sie zum Aussetzen kleiner Korallenstöcke in Meerwasseraquarien und bei Wiederherstellungsprojekten in Riffen genutzt werden, mit drei Antifouling-Beschichtungen. Diese wurden in der Studie neu entwickelt und zum ersten Mal getestet, und man erhofft sich von ihnen, dass sie umweltverträglicher sind als die bisherigen Mittel.

    Eine der Beschichtungen beinhaltete das Biozid DCOIT (Dichlorooctylisothiazolinon), eine weitere bestand aus Ceriumdioxid-Nanopartikeln. Diese können das Bakterienwachstum auf Substraten eindämmen, das einen großen Einfluss darauf hat, ob sich Algen an einem Platz niederlassen. Bei dem dritten Anstrich handelte es sich um eine Silikonbeschichtung, die durch ihre glatte und wasserabweisende Oberfläche verhindert, dass sich Fouling-Organismen ansiedeln können.

    Die beschichteten Träger setzte Röpke in Aquarien mit Kalk-, Grün- und Braunalgen. Nach fünf Wochen wurden die Plättchen in Gläser überführt und Korallenlarven der Gattung Acropora hinzugefügt. 24 Stunden später untersuchte Lisa Röpke, wie viele Larven sich auf den Trägern angesiedelt hatten.

    „Wir stellten fest, dass sowohl die Silikon- wie auch die DCOIT- Beschichtung das Algenwachstum auf den Trägern wirksam reduzierten. Besonders spannend war jedoch, dass sich die Beschichtungen nicht negativ auf das Ansiedlungsverhalten der Korallenlarven auswirkten“, berichtet Lisa Röpke. „Möglicherweise könnten mit dieser Methode in Riffen Flächen gestaltet werden, die das Algenwachstum in Schach halten und den Korallen somit einen zeitlichen Vorsprung in ihrer Entwicklung geben. Für Riffe wäre das eine wichtige Hilfe, zumal ein Großteil der Steinkorallen in der Regel nur einmal im Jahr ablaicht.“

    Mit dem Einsatz beschichteter Flächen zur Ansiedlung von Korallenlarven ließe sich – ergänzend zu weiteren Methoden – das eine oder andere Riffgebiet noch als Refugium erhalten, von dem aus absterbende Riffareale neu besiedelt werden könnten, hofft die Forscherin.

    Dennoch sei Vorsicht geboten. „Momentan gibt es auf dem Markt noch keine verlässlichen und gleichzeitig unbedenklichen Antifouling-Anstriche. Effektive und nur für Bewuchsorganismen schädliche Beschichtungen könnten eine nachhaltige Alternative zu toxischen Anstrichen sein“, so Röpke. Bei den neuen Antifouling-Anstrichen ihrer Studie müsse deren Wirkung auf Larven anderer Korallen und auch auf andere Rifforganismen aber noch untersucht werden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Lisa Röpke
    Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
    Handy: 0173 9627630
    Email: lisa.roepke@leibniz-zmt.de


    Originalpublikation:

    Roepke, L. K., Brefeld, D., Soltmann, U., Randall, C. J., Negri, A. P., Kunzmann, A. (2022). Antifouling coatings can reduce algal growth while preserving coral settlement. Scientific Reports. DOI: 10.1038/s41598-022-19997-6.


    Bilder

    Von Algen dominiertes Korallenriff vor Curaçao
    Von Algen dominiertes Korallenriff vor Curaçao
    Lisa Röpke
    Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

    Lisa Röpke bei der Arbeit in einem Aquarium mit beschichteten Trägern
    Lisa Röpke bei der Arbeit in einem Aquarium mit beschichteten Trägern
    Lisa Röpke
    Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Von Algen dominiertes Korallenriff vor Curaçao


    Zum Download

    x

    Lisa Röpke bei der Arbeit in einem Aquarium mit beschichteten Trägern


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).