Prof. Dr. Waltraud Pfeilschifter, Chefärztin für Neurologie am Klinikum Lüneburg, Sprecherin der DGN-Kommission „Interprofessionelle Zusammenarbeit in der Neurologie“, sieht die Spezialisierung der Pflege in der Neurologie als Chance, um das Fach für die Pflege besonders attraktiv zu machen. Die DGN hat aktuell fünf neurologische Pflege-Curricula gemeinsam mit den jeweiligen Partner-Fachgesellschaften erstellt: für Schlaganfall (gemeinsam mit der DSG), Parkinson (gemeinsam mit der DPG), Epilepsie (gemeinsam mit der DGfE), Multiple Sklerose (gemeinsam mit der DMSG) und Demenz.
Die Neurologie ist für Pflegende ein herausforderndes, aber eben auch besonders spannendes und abwechslungsreiches Fachgebiet. „Ich sehe viele Auszubildende in der Pflege bei ihren ersten Begegnungen mit der Neurologie. Ich glaube, das, was die Pflegefachkräfte an der Neurologie fasziniert, ist das Gleiche, was auch uns Ärztinnen und Ärzte fasziniert, nämlich, dass bei den Patientinnen und Patienten drei ganz elementare Funktionen, nämlich Wahrnehmung, Kommunikation und die Fortbewegung, betroffen sind. Das greift sehr stark in die persönlichen Freiheiten ein. Dadurch ist viel stärker als bei anderen Erkrankungen die gesamte Persönlichkeit betroffen. Das bedeutet, die Individualität der Erkrankten steht sehr im Vordergrund, und es ist jeden Tag aufs Neue spannend zu beobachten, wie unterschiedlich verschiedene Menschen mit der pathophysiologisch eigentlich gleichen Erkrankung umgehen“, erklärt Prof. Dr. Waltraud Pfeilschifter, Sprecherin der DGN-Kommission „Interprofessionelle Zusammenarbeit in der Neurologie“.
Diese individuelle Komponente beinhalte aber auch gewisse Herausforderungen – die Planung des Pflege- und Begleitungsprozesses sei letztlich für jeden Menschen anders und dynamisch. Hinzu komme die Bandbreite des Fachs mit vielen verschiedenen Krankheitsbildern, den zahlreichen Innovationen und dem schnellen therapeutischen Fortschritt.
„Es ist kaum leistbar, überall auf dem neuesten Stand zu sein, und auch für die Pflegenden ist es eine Herausforderung, bei der Vielzahl von neuen Medikamenten und Therapieformen nicht den Überblick zu verlieren. Die Pflege auf einer MS-Station unterscheidet sich beispielsweise elementar von der auf einer Stroke Unit“, erklärt die Expertin. Damit die Pflegefachkräfte inhaltlich Schritt halten können und gleichzeitig die Perspektive erhalten, die eigene Karriere durch besondere Qualifikationen positiv zu entwickeln, hat die DGN aktuell fünf neurologische Pflege-Curricula gemeinsam mit den jeweiligen Partner-Fachgesellschaften erstellt: für Schlaganfall (gemeinsam mit der DSG), Parkinson (gemeinsam mit der DPG), Epilepsie (gemeinsam mit der DGfE), Multiple Sklerose (gemeinsam mit der DMSG) und Demenz.
„Wie sich in den vielen Spezialambulanzen und überall dort zeigt, wo Betroffene medizinisch betreut werden, besteht pflegerischer Handlungsbedarf unterschiedlichster Art. Nicht immer sind die elementarsten, lebenswichtigen Körperfunktionen betroffen, sondern es besteht ein spezifischer Pflegebedarf. Die pflegerische Ausbildung ist grundsätzlich sehr generalistisch, daher erscheint es uns wichtig, diese speziellen Curricula anzubieten“, erklärte Prof. Pfeilschifter auf der Fachpressekonferenz der DGN auf der Neurowoche 2022. Die Curricula bestehen aus verschiedenen Modulen, um das Grundwissen zu festigen und auf eine breitere Basis zu stellen. Wichtig ist zu erlernen, was das Krankheitsbild ausmacht, sowie die wesentlichen Aspekte der Versorgung, also der Therapie und des Nebenwirkungsmanagements. Um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen, muss man wissen, welche unter welcher Therapie auftreten können, wie sie zu erkennen sind und wie vorgebeugt werden kann. Besonders wichtig sind auch die in den Curricula fest verankerten Hospitationen, um Erfahrungen an verschiedenen Einsatzorten zu sammeln. So können Pflegende aus Kliniken beispielsweise die Arbeit in spezialisierten Ambulanzen kennenlernen. Eine weitere wichtige Fähigkeit, die in den Curricula vermittelt wird, sei die Kommunikation. „Es sind oft die Pflegenden, denen sich die Patientinnen und Patienten zuerst anvertrauen. Ihnen kommt eine Schlüsselposition zu“, hebt Prof. Pfeilschifter hervor. „Oft fungieren Pflegende auch als Übersetzer zwischen Ärztinnen und Ärzten und den Kranken: Durch den engeren Kontakt haben Pflegende oft ein viel feineres Ohr für Zwischentöne und Sorgen und bekommen mehr mitgeteilt. Gleichzeitig können sie das, was Ärztinnen und Ärzte den Betroffenen sagen, vermitteln bzw. ‚übersetzen‘, wofür fachliche Kompetenz einfach unverzichtbar ist. Auch dafür ist die Fortbildung wichtig.“
Die Kurse richten sich an Mitarbeitende, die in der Neurologie schon Fuß gefasst haben und sich jetzt weiterqualifizieren möchten. Die Ausbildung ist in einzelnen Modulen so organisiert, dass jede Weiterbildung in 6 bis 12 Monaten abgeschlossen ist. Das ist gerade für junge Pflegekräfte wichtig, die sich oft in der Phase der Familienplanung befinden und nicht immer schon fünf Jahre vorausplanen können und wollen. Ein Vorteil der DGN-Curricula ist: Die Fortbildung ist zeitlich klar begrenzt.
Die Frage, warum sich die Fachgesellschaft im Bereich der Spezialisierung und Fortbildung der neurologischen Pflege engagiert, beantwortet die Expertin so: „In der Neurologie arbeiten wir interprofessionell eng zusammen und sehen den Bedarf an Angeboten für Fortbildungen für unsere Kolleginnen und Kollegen in der Pflege. Neurologie ist Teamarbeit. Es gibt viele neurologische Fortbildungsmöglichkeiten, aber noch recht wenig für die Pflegenden, die in unserem Fach arbeiten. Wir möchten daher gute Angebote machen und haben die Curricula zusammen mit der Expertise der Pflegedidaktik und verschiedenen Pflege-Weiterbildungsstätten entwickelt.“
Das „größere“, strategische Ziel sei aber auch, den Fachbereich der Neurologie für die Pflegenden „bewältigbar“ und auch attraktiver zu machen. „Der Pflegemangel betrifft alle Fächer, auch die Neurologie, wenn vielleicht auch nicht so stark wie andere Disziplinen. Dennoch möchten wir proaktiv daran arbeiten, dass die Begeisterung für die Neurologie bleibt – und die Pflegenden die Möglichkeit haben, sich in einem Bereich weiterzuqualifizieren, so wie wir neurologischen Ärztinnen und Ärzte letztlich auch. Am Ende kommt das den neurologischen Patientinnen und Patienten zugute.“
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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