Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von medizinischen Rettungskräften kann Leben retten, wenn sie gut miteinander kommunizieren. Das belegen die Ergebnisse des EU-Förderprojektes „Mehrschichtige Ansätze zur grenzüberschreitenden Kommunikation und Kooperation in der Notfallmedizin“ (GeKoM). Seit 2020 haben Mitglieder der Universität Greifswald, der Universitätsmedizin Greifswald und des Wojewodschafts-Rettungsdienstes in Stettin gemeinsam verschiedene Maßnahmen entwickelt, mit denen die grenzüberschreitende Notfallversorgung zwischen Deutschland und Polen verbessert werden kann.
Notfälle sind zeitkritisch. Daher ist es wichtig, dass Rettungsmittel die Patient*innen möglichst schnell erreichen und sie zügig zur weiteren Versorgung in das nächst gelegene geeignete Krankenhaus gebracht werden. Hier kann die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung und insbesondere die Zusammenarbeit der Rettungsdienste und Notaufnahmen in der Grenzregion dazu beitragen, dass schwere Gesundheitsschädigungen wie beispielsweise ein bleibendes neurologisches Defizit nach einem Schlaganfall vermieden werden können. Medizinische Ressourcen auf beiden Seiten der Grenze müssen im Notfall unabhängig von Nationalität und Aufenthaltsort für Alle nutzbar sein bzw. nutzbar gemacht werden.
Kern des Projekts GeKoM war es daher, die kommunikative Kompetenz des notfallmedizinischen Personals aus Rettungsdiensten und Notaufnahmen zu entwickeln und zu stärken, damit sie einander und die Patient*innen aus dem jeweiligen Nachbarland besser verstehen können. Dazu wurde ein innovatives Tandem-Sprach- und Simulationstraining entwickelt und in der gemeinsamen Simulationseinrichtung in Misdroy, Polen, durchgeführt.
Das gemeinsame Sprach- und Simulationstraining basiert notfallmedizinisch auf europäischen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie verschiedener Erkrankungen. Berücksichtigt werden auch loco-regionale Unterschiede, unter anderem werden nicht alle Medikamente, die in Polen verwendet werden, auch im deutschen Rettungsdienst vorgehalten. Außerdem verfügen polnische Notfallsanitäter*innen über vergleichsweise weitreichendere Handlungskompetenzen und dürfen zum Beispiel selbstständig präklinisch Thoraxdrainagen einlegen. Die Aufgabe des Kommunikationstrainings besteht in erster Linie darin, dass die Teilnehmenden in möglichst kurzer Zeit praxisorientiert Kommunikationskompetenz erwerben. Das Training findet in gemischten deutsch-polnischen Tandempaaren statt, der Erwerb von Kommunikationsfähigkeiten läuft parallel während des medizinischen Notfall-Simulationstrainings. Dabei ermöglicht der deutsch-polnische Tandemcharakter des Trainings, die erworbenen Fähigkeiten in Echtzeit zu testen und ein Feedback über die Korrektheit der fremdsprachlichen Aussagen zu erhalten.
Zusätzlich zum Training wird ein Kommunikationshandbuch entwickelt, dass es medizinischem Personal, das nicht im Rahmen des Projektes geschult werden konnte, ermöglichen wird, mit einem*r Patient*in oder einem Rettungsteam aus dem Nachbarland zu kommunizieren.
Die Aktivitäten des GeKoM-Projekts werden bis Ende 2022 abgeschlossen sein. Prof. Dr. Klaus Hahnenkamp, wissenschaftlicher Leiter des Projektes und Direktor der Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin der Universitätsmedizin Greifswald, resümiert: „Im Projekt wurden erste und innovative Lösungen für die grenzüberschreitende Kommunikation zwischen den Beteiligten der Rettungskette erprobt und funktionierende Lösungen gefunden. Nun ist es an der Politik, nachhaltige Systemlösungen der beiden Nachbarländer zu implementieren, um diese Lösungen für eine funktionierende grenzüberschreitende Notfallversorgung zum Wohle der Patienten zu ermöglichen.“ Und Prof. Dr. Steffen Fleßa, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement an der Universität Greifswald, ergänzt: „Nun ist es dringend geboten, die grenzüberschreitende Rettung nicht auf die Notfallmedizin zu beschränken, sondern auch weitere Akteure einzubeziehen, wie zum Beispiel Feuerwehr, Wasserwacht und den Katastrophenschutz. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass eine angemessene politische und finanzielle Unterstützung gewährt wird, damit die derzeitigen projektbezogenen Aktivitäten zum Standard für die barrierefreie Zusammenarbeit zwischen grenzüberschreitenden Notfalldiensten werden, um die Bevölkerung in den Grenzregionen sowie die zahlreichen Touristen auf beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze bei Notfällen bestmöglich zu versorgen.“
Weitere Informationen
GeKoM-Projektseite (dt.) https://www.gekom-projekt.com/start
GeKoM-Projektseite (pl.) https://www.gekom-projekt.com/pl/start
Ein Foto kann für redaktionelle Zwecke im Zusammenhang mit dieser Medieninformation kostenlos unter pressestelle@uni-greifswald.de angefordert werden. Bei Veröffentlichung ist der Name der Bildautorin zu nennen.
Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Steffen Fleßa
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement
Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät
Friedrich-Loeffler-Straße 70, 17489 Greifswald
Telefon +49 3834 420 2476
steffen.flessa@uni-greifswald.de
Ansprechpartnerinnen an der Universitätsmedizin Greifswald
Dr. Marie-Luise Rübsam
Projektleitung LP_1 Projekt GeKoM
Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin
Ferdinand-Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
Telefon +49 3834 86 5649
marie-luise.ruebsam@med.uni-greifswald.de
Dr. Dorote Orsson
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Glottodidaktik und Kommunikationsmodelle in der Notfallmedizin
Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin
Ferdinand-Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
Telefon +49 3834 86 5641
dorota.orsson@med.uni-greifswald.de
Demonstration des medizinischen Notfall-Simulationstrainings im Projekt "Mehrschichtige Ansätze zur ...
Foto: Laura Schirrmeister
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Medizin, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Organisatorisches
Deutsch
Demonstration des medizinischen Notfall-Simulationstrainings im Projekt "Mehrschichtige Ansätze zur ...
Foto: Laura Schirrmeister
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