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02.12.1998 10:37

Gütesiegel "Made in Germany"

Burckhard Wiebe Abteilung Kommunikation
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH

    Hohe Standortkosten bürgen für hohe Produktqualität
    Das Gütesiegel "Made in Germany"

    Berlin (wbs) Bei der Produktion von Gütern anfallende hohe Standortkosten - wie etwa in Deutschland - sind durchaus auch von Vorteil. Sie signalisieren in Verbindung mit rechtlich geschützten Bezeichnungen über das Herkunftsland ("Made in Germany") hohe Qualität, die für Konsumenten entscheidend beim Kauf ist. Auf diese Weise bestehen "teure" Standorte die Konkurrenz aus Billiglohnländern, wie Christian Wey vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Justus Haucap von der Universität des Saarlandes in einer Studie belegen.

    "Made in Germany" ist seit langem und auch heute noch ein Ausdruck für Qualität und Zu-verlässigkeit, so daß selbst renommierte Marken mit diesem Gütesiegel werben. Im Gegensatz zu Marketingstudien, die vornehmlich deskriptiven Charakter haben, erklären die Autoren der WZB-Studie die Tatsache, daß Verbraucher weltweit im Durchschnitt eine höhere Zahlungsbe-reitschaft für "Made in Germany"-Produkte haben, durch rationales Individualverhalten. Hohe Standortkosten werden von den Konsumenten als ein glaubwürdiges Signal für hohe Pro-duktqualität gehalten und sind somit geeignet, ein Marktversagen bei der Bereitstellung von neuen und technisch komplexen Produkten zu überwinden, deren Qualität die Verbraucher nicht zuverlässig durch direkte Inspektion vor dem Kauf einschätzen können.

    Wenn die Verbraucher die Qualität einer Ware aber vor dem Kauf nicht einschätzen können und Garantieversprechen zu teuer sind, stehen die Produzenten vor der schwierigen Aufgabe, das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen und sie von der Produktqualität zu überzeugen. Durch die Ansiedlung an einem relativ teuren Standort wie Deutschland können die Unter-nehmen glaubwürdig signalisieren, daß sie Waren hoher Qualität anbieten.

    Die Produktion an einem relativ teuren Standort bürdet dem Unternehmen nämlich zusätzliche Kosten in Form hoher Löhne oder hoher Umweltstandards auf, die sich nur dann rentieren, wenn sich das Unternehmen langfristig im Markt für Waren hoher Qualität behaupten kann. Im Hochqualitätssegment des Markts kann sich ein Unternehmen aber nur dann behaupten, wenn es sein Qualitätsversprechen einhält und tatsächlich dauerhaft hohe Qualität produziert.

    Die Anbieter niedriger Qualität werden nicht an einem teuren Standort produzieren, weil die Produktion in Billiglohnländern im allgemeinen kostengünstiger ist. Auch die Ansiedlung an einem teuren Standort zur Täuschung der Qualitätserwartungen der Verbraucher lohnt sich nicht, weil enttäuschte Konsumenten dem Unternehmen ihr Vertrauen in Zukunft entziehen werden. Die hohen Standortkosten sorgen dann dafür, daß das als Anbieter niedrigqualitativer Produkte gebrandmarkte Unternehmen auf den internationalen Märkten nicht mehr wettbe-werbsfähig ist und den Standort verlassen muß. Ein Marktaustritt ist jedoch nicht kostenlos an einem Standort wie Deutschland zu haben.

    Hohe Standortkosten in Form hoher Löhne, hoher Sozialabgaben, streng einzuhaltender Um-weltauflagen und Sozialpläne für entlassene Arbeitnehmer setzen ökonomische Anreize, so daß sich an teuren Standorten nur solche Unternehmen ansiedeln, die langfristig hohe Qualität anbieten möchten. Unternehmen, die Produkte niedriger Qualität herstellen, werden hingegen von einer Ansiedlung in einem teuren Standort abgeschreckt und produzieren daher in Bil-liglohnländern. In einem solchen Fall können Verbraucher anhand des Produktionsstandorts, den sie durch das "Made in"-Zeichen direkt von der Ware ablesen können, zwischen Anbietern verschiedener Qualitätsniveaus unterscheiden.

    Für den Wert des Gütesiegels "Made in Germany" und die Attraktivität des Produktionsstand-orts Deutschland ist es wichtig, eine mißbräuchliche Verwendung dieses Siegels zu verhindern. In diesem Zusammenhang ist an der deutschen Rechtslage sowie an den geltenden EU-Verordnungen zu kritisieren, daß der informative Signalcharakter von Herkunftsbezeichungen nur unzureichend berücksichtigt wird. Denn auch solche Produkte dürfen das Gütesiegel
    "Made in Germany" führen, die zu einem großen Teil im Ausland produziert worden sind. Da die ins Ausland ausgelagerte Produktion von Komponenten im allgemeinen in Billiglohnlän-dern erfolgt, kann die gegenwärtige Gesetzeslage langfristig gesehen zu einer Abwertung des Gütesiegels führen.

    Die Einsicht, daß die im internationalen Vergleich hohen Standortkosten Deutschlands Anreize zum Erhalt des Qualitätssignals "Made in Germany" setzen, hat auch interessante Auswirkun-gen für die aktuelle Standortdebatte. Globalisierung und der damit einhergehende verschärfte internationale Standortwettbewerb müssen demnach nicht notwendig zu einer sozial schädli-chen Subventionskonkurrenz führen. Ein "Herunterkonkurrieren" von Steuern und Abgaben würde zu einer internationalen Angleichung der Standortkosten auf ein Minimalniveau führen, so daß eine Unterscheidung von Unternehmen nach Ländern kaum mehr möglich wäre.

    In diesem Fall müßten die Unternehmen in einem größeren Maße versuchen, die Qualität ihrer Waren durch den Aufbau von unternehmensspezifischen Markennamen zu signalisieren - was jedoch gerade für klein- und mittelständische Betriebe aufgrund zu geringer Kapitalausstattung nicht ohne weiteres möglich ist. Um die Zugkraft des "Made in Germany"-Siegels zu erhalten, wäre es daher eher schädlich, die nationale Standortkostenstruktur derjenigen von Billiglohn-ländern anzugleichen.

    "Gütesiegel 'Made in Germany' - Produktqualität und Standortkosten", in: WZB-Mitteilungen, Heft 82 (Dezember 1998), S. 13 - 15
    Justus Haucap, Christian Wey, Jens Barnbold, Location Costs, Product Quality and Implicit Franchise Contracts,
    29 S. (WZB-Bestellnummer FS IV 98-8)
    Weitere Informationen: Christian Wey, WZB, Telefon 030- 25 49 14 49

    Den Text dieser Pressemitteilung gibt es auch in elektronischer Form über den "informationsdienst
    wissenschaft" (idw) sowie auf den Internet-Seiten des WZB:
    http://idw.tu-clausthal.de/
    http://www.wz-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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