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22.11.2022 13:36

Italienische Arbeitskräfte für die deutsche Kriegswirtschaft

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Italienisch-deutsche Tagung befasst sich vom 1. bis 3. Dezember 2022 mit den Bedingungen der italienischen Arbeitskräfte im Deutschen Reich – Online-Ausstellung im Philosophicum II

    In den Jahren zwischen dem „Anschluss“ Österreichs am 12. März 1938 und der Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945 konnte die deutsche Wirtschaft nur dank des Beitrags ausländischer Arbeitskräfte – Männer wie Frauen – fortbestehen. Die Geschichtswissenschaft befasst sich vor allem seit Ende der 1980er Jahre mit dem Thema, insbesondere mit dem Umfang und Ausmaß des Arbeitskräfteeinsatzes, der Ausbeutung und Entrechtung der „Fremdarbeiter“ und der Rekrutierung sogenannter Ostarbeiterinnen und Ostarbeiter aus den von der Wehrmacht ab Juni 1941 besetzten Gebieten der UdSSR. Der Fall der italienischen Arbeitskräfte erweitert das bisherige Bild.

    Von 1938 bis 1941 bedeutete die Tatsache, dass Mussolinis Italien der wichtigste Verbündete Deutschlands war, dass große Mengen italienischer Arbeitskräfte in der deutschen Wirtschaft eingesetzt werden konnten: 30.000 bis 50.000 Saisonarbeiterinnen und -arbeiter jährlich in der Landwirtschaft, Zehntausende auf Baustellen, darunter 8.000 für den Bau des VW Wolfsburg und der Hermann-Göring-Werke Salzgitter, weitere Zehntausende in Zechen und Fabriken einschließlich kriegswichtiger Betriebe. Ende 1940 bat Berlin Rom um 250.000 Facharbeiter, die die Deutschen ersetzen sollten, die für das „Unternehmen Barbarossa“, den Überfall auf die UdSSR, in die Wehrmacht eingezogen werden sollten.

    In der zweiten Hälfte des Jahres 1943 rückte Italien erneut in den Vordergrund und blieb bis zum Ende des Krieges ein zentrales Arbeitskräftereservoir. Mit der deutschen Besetzung eines großen Teils der Halbinsel fielen nach dem 8. September 1943 650.000 italienische Soldaten in deutsche Hände. Zudem erhielten die Behörden Zugriff auf etwa 100.000 weitere Arbeitskräfte aus den von der Wehrmacht besetzten und vom Salò-Kollaborationsregime regierten norditalienischen Gebieten. Sie stellten für die deutschen Machthaber die letzte Chance dar, Arbeitskräfte zwangsweise zu rekrutieren.

    Mit der Rekonstruktion dieser komplexen Bedingungen italienischer Arbeitskräfte im Deutschen Reich hat sich in jahrelanger Arbeit die Forschungsgruppe der Associazione Nazionale Reduci dalla Prigionia, dall'Internamento alla Guerra di liberazione e loro familiari (ANRP) unter der Leitung von Prof. Dr. Brunello Mantelli befasst. Die Arbeiten wurden vom Deutsch-Italienischen Zukunftsfonds gefördert; die Mainzer Tagung wird zudem von der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz finanziert.

    Bei der Tagung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) werden vom 1. bis 3. Dezember 2022 wichtige Ergebnisse der Forschungsgruppe sowie die von ihr entwickelten digitalen Formate zur Dokumentation und Präsentation vorgestellt und in Fachkreisen diskutiert. Die interessierte Öffentlichkeit ist hierzu herzlich eingeladen, insbesondere auch zu dem Abendvortrag mit Brunello Mantelli und Rosina Zucco von ANRP am Donnerstag, 1. Dezember um 18:00 Uhr zum Thema „Italienische Arbeitskräfte im Reich“ mit einer Präsentation der Online-Ausstellung. Ort dieser Veranstaltung ist der Fakultätssaal FB 07 im Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18, Campus der Universität Mainz. Hierzu wird der italienische Generalkonsul Dr. Andrea Esteban Samà erwartet.

    „2023 jährt sich die deutsche Besatzung Italiens zum 80. Mal. Bis heute sind jedoch Entschädigungsfragen noch immer ungeklärt“, teilt Dr. Freia Anders vom Historischen Seminar der JGU, Mitorganisatorin der Tagung, zur aktuellen Situation mit. Die gesamte Tagung findet hybrid statt, die Tagungssprache ist weitgehend Deutsch. Eine Simultanübersetzung ins Italienische wird ebenfalls angeboten. Weitere Informationen zum Programm sind unter https://www.blogs.uni-mainz.de/fb07geschichte/files/2022/11/Flyer-Italienische-A... zu finden. Für eine Teilnahme vor Ort oder online wird um Anmeldung an Freia Anders unter der E-Mail-Adresse anders@uni-mainz.de gebeten. Die Online-Ausstellung kann bis Samstag, 3. Dezember, 14 Uhr, im Philosophicum II besichtigt werden.

    Weiterführende Links:
    https://www.blogs.uni-mainz.de/fb07geschichte/2022/11/10/italienische-arbeitskra... - Informationen zur Tagung
    https://www.blogs.uni-mainz.de/fb07geschichte/files/2022/11/Flyer-Italienische-A... - Programm der Tagung


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Freia Anders
    Historisches Seminar
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    55099 Mainz
    Tel. +49 6131 39-24117
    E-Mail: anders@uni-mainz.de
    http://www.geschichte.uni-mainz.de/877.php


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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