Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) veröffentlichen neueste Erkenntnisse aus klinischer und Grundlagenforschung. Hier einige Hinweise auf aktuelle Publikationen, Studien und andere Forschungsprojekte.
UKE erforscht neue Kompaktbehandlung bei Zwangsstörungen
Eine neue viertägige Kompaktbehandlung bei Zwangsstörungen wird derzeit am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) umgesetzt und erforscht. Die in Norwegen an der Universitätsklinik Haukeland und der Universität Bergen konzipierte Behandlung „Bergen 4-Day Treatment“ (B4DT) besteht aus einer Kombination von Einzel- und Gruppentherapien.
Nach umfangreicher Vorbereitung und Information am ersten Tag folgen am zweiten und dritten Tag Expositionsübungen: Unter enger individueller Begleitung durch die Therapeut:innen setzen sich die Patient:innen ihren Ängsten aus. Dabei steht die Anwendung der richtigen Technik während der Expositionsübungen im Vordergrund, wie Studienleiterin Prof. Dr. Lena Jelinek aus der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie betont: „Die Türklinke in einem öffentlichen Gebäude anzufassen ist nur der Anfang. Viel wichtiger ist, gemeinsam zu erkunden, ob das ,Diktat des Zwanges‘ vollständig abgelegt werden kann. Es geht darum, sich die Kontrolle über das eigene Leben zurückzuholen.“ Die Patient:innen stellen sich ihren Ängsten und lernen, das Sicherheits- und Vermeidungsverhalten ihrer Zwangsstörung zu erkennen. Durch die individuelle und intensive therapeutische Betreuung kann dies dort geübt werden, wo die Zwänge ausgelöst werden, beispielsweise im häuslichen Umfeld.
Zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden irgendwann in ihrem Leben unter einer Zwangsstörung. Auch wenn es sehr effektive Behandlungsansätze gibt, erweist sich die Störung häufig als hartnäckig. In Norwegen erzielte die neue Kompaktbehandlung bislang sehr gute Ergebnisse: Über 90 Prozent der Patient:innen erreichen eine klinisch relevante Verbesserung ihrer Zwänge direkt nach der Behandlung. Noch nach vier Jahren liegt die Remissionsrate bei fast 70 Prozent. Insgesamt durchliefen in Norwegen bereits mehr als 5.000 Patient:innen die Therapie. Um diese Erfolge auch für Deutschland zu erzielen, wird die Behandlung am UKE therapiebegleitend umfangreich erforscht.
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Lena Jelinek, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, l.jelinek@uke.de
Forschungskonsortium zu seltener Erkrankung des Nierenfilters unter Leitung des UKE wird verlängert
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verlängert die Förderung des länderübergreifenden STOP-FSGS-Konsortiums unter Leitung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Das Konsortium arbeitet an der Entschlüsselung der molekularen Grundlagen sowie der Entwicklung neuer Diagnose- und Therapieansätze zur Behandlung der Nierenerkrankung FSGS. Die beteiligten Wissenschaftler:innen wollen darüber hinaus vereinheitlichte Register für Patient:innenproben generieren und zudem mit Patient:innenvertreter:innen und -organisationen zusammenarbeiten, um eine deutschlandweite Aufklärungs- und Informationsplattform zu entwickeln. Das BMBF fördert das Konsortium mit rund 2,6 Millionen Euro. Hierbei handelt es sich um eine Anschlussförderung für erfolgreiche und zukunftsfähige Verbünde im Rahmen des Förderprogramms für translationsorientierte Verbundvorhaben im Bereich der Seltenen Erkrankungen.
FSGS ist eine seltene Erkrankung des Nierenfilters, die oft in einem Nierenversagen endet und somit eine Dialyse-Behandlung und Nierentransplantation für die Patient:innen erforderlich macht. Die Patient:innen erfahren durch die Erkrankung eine große Einschränkung ihrer Lebensqualität. Bis heute sind Diagnose und Behandlung der FSGS noch weitgehend unerforscht. „Das Stop-FSGS-Konsortium bietet die Chance, die Diagnostik, Früherkennung und Therapie für die Betroffenen in den nächsten Jahren nachhaltig weiterzuentwickeln“ sagt der Leiter des Konsortiums Prof. Dr. Tobias Huber, Direktor der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE. Neben dem UKE sind Wissenschaftler:innen der Uniklinika Aachen, Erlangen, Greifswald und Köln an dem Forschungsvorhaben beteiligt.
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Tobias Huber, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, direktionsassistenz-3.med@uke.de
„Tricks gegen Ticks”: Neue Selbsthilfetechniken bei Nägelkauen und anderen Verhaltensauffälligkeiten
Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben einen neuartigen Selbsthilfeansatz gegen körperbezogene Impulskontrollstörungen entwickelt. Mit dem Konzept „Tricks gegen Ticks“ konnte das Forschungsteam aus der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE die Symptome der Betroffenen in zwei unabhängigen Untersuchungen teils deutlich lindern. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden in den Fachmagazinen Cognitive Therapy and Research und Journal of Dermatology veröffentlicht.
Nägelkauen, Reißen an den eigenen Haaren, Pulen der eigenen Haut oder Lippen-Wangen-Beißen zählen zu den sogenannten körperbezogenen repetitiven Verhaltensstörungen, die viele Menschen unter Stress oder Langeweile gelegentlich zeigen. Bei bis zu 20 Prozent der Bevölkerung sind die Symptome jedoch so stark, dass sie zu Leidensdruck und in einigen Fällen zu Schäden wie einem gestörten Haar- oder Nagelwachstum oder Narbenbildungen führen können.
„Störungen wie Nägelkauen werden von vielen belächelt oder aber als Willensschwäche abgetan. Die Betroffenen leiden oft stark, viele verheimlichen ihre Störung“, sagt Studienleiter und Erstautor Prof. Dr. Steffen Moritz, der das Konzept gemeinsam mit seiner Doktorandin Stella Schmotz entwickelt hat. „Tricks gegen Ticks“ bündelt mehrere Selbsthilfetechniken, die einzeln oder kombiniert angewendet werden können. Ein Beispiel ist die sogenannte Entkopplung, bei der das bisherige Verhaltensmuster durch ein neues überschrieben und somit langfristig verlernt werden soll. Das Konzept „Tricks gegen Ticks“ kann kostenlos auf der Homepage der Arbeitsgruppe Neuropsychologie am UKE bezogen werden. Auf www.tricks-gegen-ticks.de erhalten Betroffene weitere Tipps und Hilfe.
Literatur: Moritz et al. Habit reversal training and variants of decoupling for use in body-focused repetitive behaviors. A randomized controlled trial. Cognitive Therapy and Research. 2022.
DOI: https://doi.org/10.1007/s10608-022-10334-9
Moritz et al. A randomized controlled trial on a novel behavioral treatment for individuals with skin picking and other body-focused repetitive behaviors. Journal of Dermatology. 2022.
DOI: https://doi.org/10.1111/1346-8138.16435
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Steffen Moritz, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, moritz@uke.de
DOI: https://doi.org/10.1007/s10608-022-10334-9
DOI: https://doi.org/10.1111/1346-8138.16435
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