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02.12.1998 14:44

Senat beschloß Maßnahmen zur Sicherung von Qualität und "guter wissenschaftlicher Praxis"

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Vom Senat werden drei Ombudsleute bestellt, die Ansprechpartner für Angehörige der Universität sind - Darüber hinaus setzte der Senat mit seinen Empfehlungen über die besondere Beachtung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein Zeichen

    Zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung in der Forschung und der damit unmittelbar verknüpften Aufgaben in Lehre und Nachwuchsförderung traf die Universität Heidelberg Vorkehrungen, mit potentiellen Fällen von Fehlverhalten in der Wissenschaft umzugehen. Der Senat beschloß in seiner Sitzung vom 10. November 1998 die "Satzung der Universität Heidelberg zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft". Darüber hinaus setzte der Senat mit seinen Empfehlungen über die besondere Beachtung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein Zeichen. Zugleich mahnte er an, über Leistungs- und Bewertungskriterien neu nachzudenken.

    Die Empfehlungen sehen vor, daß der Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses besondere Aufmerksamkeit gelten soll. Dazu gehört auch die Sicherstellung einer angemessenen Betreuung, die unter anderem regelmäßige Besprechungen und die Überwachung des Arbeitsfortschritts vorsieht. Außerdem sollen nach Ansicht des Senats, und hier greift er eine Empfehlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft auf, Leistungs- und Bewertungskriterien für Prüfungen, Verleihungen akademischer Grade, Beförderungen, Einstellungen, Berufungen und Mittelzuweisungen so festgelegt werden, daß Originalität und Qualität als Bewertungsmaßstab Vorrang vor Quantität haben sollten.

    Was ist Fehlverhalten in der Wissenschaft?

    Nach der nun beschlossenen Satzung liegt Fehlverhalten in der Wissenschaft vor, wenn bei wissenschaftlichem Arbeiten bewußt oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder deren Forschungstätigkeit in anderer Weise vorsätzlich geschädigt wird. Falschangaben umfassen das Erfinden von Daten, das Verfälschen von Daten - zum Beispiel durch Auswählen und Zurückweisen unerwünschter Ergebnisse, ohne es offenzulegen, oder durch Manipulation einer Darstellung oder Abbildung -, unrichtige Angaben in einem Bewerbungsschreiben oder einem Förderantrag, einschließlich Falschangaben zum Publikationsorgan und zu in Druck befindlichen Veröffentlichungen.

    Verletzung geistigen Eigentums definiert die Heidelberger Satzung "in bezug auf ein von einem anderen geschaffenes urheberrechtlich geschütztes Werk oder von anderen stammende wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätze". Besonders gemeint sind die unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorschaft (Plagiat), die Ausbeutung von Forschungsansätzen und Ideen, vor allem als Gutachter (Ideendiebstahl), die Anmaßung oder unbegründete Annahme wissenschaftlicher Autor- oder Mitautorschaft, die Verfälschung des Inhalts, die willkürliche Verzögerung der Publikation einer wissenschaftlichen Arbeit, vor allem als Herausgeber oder Gutachter, oder die unbefugte Veröffentlichung und das unbefugte Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das Werk, die Erkenntnis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffentlicht sind.

    Eine Verletzung des geistigen Eigentums liegt außerdem vor bei Inanspruchnahme der (Mit-)Autorschaft eines anderen ohne dessen Einverständnis, bei Sabotage von Forschungstätigkeiten - einschließlich dem Beschädigen, Zerstören oder Manipulieren von Versuchsanordnungen, Geräten, Unterlagen, Hardware, Software, Chemikalien, Zell- und Mikroorganismenkulturen oder sonstiger Sachen, die ein anderer zur Durchführung eines Experiments benötigt -, bei Zweckentfremdung von Haushaltsmitteln und privaten Zuwendungen, bei Beseitigung von Originaldaten, insofern damit gegen gesetzliche Bestimmungen oder - disziplinbezogen - anerkannte Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit verstoßen wird. Eine Mitverantwortung für Fehlverhalten kann sich laut Satzung unter anderem ergeben aus der Beteiligung am Fehlverhalten anderer, Mitautorschaft an fälschungsbehafteten Veröffentlichungen oder grobe Vernachlässigung der Aufsichtspflicht.

    Sieben Einzelregelungen

    Alle wissenschaftlich Tätigen - so definiert es die neue Heidelberger Satzung - sind zur Einhaltung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis verpflichtet. Diese Regeln sollen fester Bestandteil der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sein. Im Rahmen von Forschungsprojekten obliegt dies dem für das Projekt Verantwortlichen.

    Alle Verantwortlichen haben durch geeignete Organisation ihres Arbeitsbereichs sicherzustellen, daß die Aufgaben der Leitung, Aufsicht, Konfliktregelung und Qualitätssicherung eindeutig zugewiesen sind und gewährleistet ist, daß sie tatsächlich wahrgenommen werden.

    Der für ein Forschungsprojekt Verantwortliche hat sicherzustellen, daß Originaldaten als Grundlagen für Veröffentlichungen auf haltbaren und gesicherten Trägern zehn Jahre aufbewahrt werden. Weitergehende Aufbewahrungspflichten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sowie Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben hiervon unberührt.

    Autoren einer wissenschaftlichen Veröffentlichung tragen die Verantwortung für deren Inhalt gemeinsam. Die Ausnahmen müssen kenntlich gemacht werden. Alle Wissenschaftler, die wesentliche Beiträge zur Idee, Planung, Durchführung oder Analyse der Forschungsarbeit geleistet haben, müssen als Ko-Autoren genannt werden. Personen mit kleinen Beiträgen werden in der Danksagung erwähnt.

    Vom Senat werden drei Ombudsleute bestellt, deren Amtszeit zwei Jahre beträgt und die Ansprechpartner für Angehörige der Universität sind. Die Ombudsleute gehören verschiedenen Fachrichtungen (Geistes- und Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften, Medizin) an. Sie können zur Beratung Sachverständige hinzuziehen. Als Vertrauenspersonen beraten sie diejenigen, die sie über ein vermutetes Fehlverhalten in der Wissenschaft informieren. Die Ombudsleute prüfen die Plausibilität der Vorwürfe. Sie treffen sich mindestens einmal im Jahr und erstatten dem Rektor Bericht.

    Zusätzlich wird vom Rektorat eine ständige Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen bezüglich Fehlverhaltens in der Wissenschaft eingesetzt. Die Mitglieder der Kommission werden vom Rektorat vorgeschlagen und vom Senat gewählt. Der Kommission gehören an: ein Prorektor (als Vorsitzender), drei Professoren, einer davon mit der Befähigung zum Richteramt, zwei Angehörige des wissenschaftlichen Dienstes, die Ombudsleute als Gäste mit beratender Stimme, auf Wunsch der Kommission Sachverständige mit beratender Stimme. Die Amtszeit beträgt drei Jahre. Wiederwahl ist möglich. Die Kommission wird auf Antrag eines Ombudsmanns oder des Kommissionsvorsitzenden aktiv.

    Wenn Verdacht auf Fehlverhalten in der Wissenschaft besteht, können sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ohne Einhaltung des Dienstweges an die Ombudsleute oder an den zuständigen Prorektor wenden.

    Verfahren bei Verdacht auf Fehlverhalten

    Erhalten die Ombudsleute Hinweise auf Fehlverhalten in der Wissenschaft, so prüfen sie den Sachverhalt nach pflichtgemäßem Ermessen. Kommen die Ombudsleute zu dem Ergebnis, daß hinreichende Verdachtsmomente für ein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegen, verständigen sie die Kommission.

    Die Kommission wird vom Vorsitzenden auf Antrag eines Ombudsmanns einberufen oder tätig, wenn Hinweise auf Fehlverhalten in der Wissenschaft unmittelbar an sie gerichtet werden.

    Die Kommission hat den Sachverhalt entsprechend ihren Möglichkeiten aufzuklären und dem Rektor zu berichten. Das Verfahren bestimmt sie nach pflichtgemäßem Ermessen. Das rechtliche Gehör des Betroffenen ist zu wahren. Er kann - ebenso wie der Informierende bei Gegenäußerungen - verlangen, persönlich angehört zu werden.

    Die neuen Heidelberger Richtlinien basieren auf den Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz "Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen" vom Juli 1998, den Beschlüssen des Senats der Max-Planck-Gesellschaft mit dem Titel "Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten in Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft" vom November 1997 sowie der Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis" von 1998.

    Rückfragen bitte an:
    Dr. Ulrike Albrecht
    Forschungsdezernentin der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542145
    Ulrike.Albrecht@sun1.zuv.uni-heidelberg.de

    oder:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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