Noch wurde auf dem Mars kein Leben nachgewiesen, doch es ist spannend zu erforschen, unter welchen Umständen es möglich wäre. Ein Team unter Leitung der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat die zellulären Prozesse untersucht, welche die Anpassung von Mikroorganismen an Perchlorate regulieren. Könnten Mikroorganismen ihre Stressreaktion auf dieses Salz, das in einigen Wüsten und auf dem Mars vorkommt, genetisch anpassen, wäre ihr Überleben auf dem roten Planeten wahrscheinlich möglich.
Leben, wie wir es kennen, erfordert Energie und die Verfügbarkeit von CHNOPS. Das englische Akronym steht für die Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel. Auch zusätzliche Spurenelemente und flüssiges Wasser sind unverzichtbar. Vieles davon ist auf dem Mars vorhanden: Energie kann durch Sonnenlicht oder chemische Prozesse bereitgestellt werden, Kohlenstoff ist durch die dünne, aber kohlendioxidreiche Atmosphäre verfügbar, und andere wichtige Elemente sind auf der Oberfläche des Planeten im sogenannten Regolith reichlich vorhanden.
Sehr trockene Wüsten als Referenz für den Mars:
Flüssiges Wasser ist aufgrund des niedrigen Atmosphärendrucks von etwa 6 Millibar (zum Vergleich: der mittlere Luftdruck auf der Erde beträgt etwa 1 Bar) und durchschnittlichen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt jedoch eine Herausforderung. Eine der wenigen Möglichkeiten, Wasser in der Nähe der Marsoberfläche zu erzeugen, ist die Bildung von vorübergehend stabilen Salzlösungen durch Deliqueszenz. Dabei nimmt ein Salz Wasser aus der Atmosphäre auf und löst sich darin. Auf dem Mars gibt es viele solcher hygroskopischen Salze, wie zum Beispiel leicht lösliche Perchlorate, die Wasser schnell absorbieren können und zudem den Gefrierpunkt des Wassers deutlich absenken. Auch auf der Erde kommen sie in sehr trockenen Wüsten gelegentlich vor.
Wasser würde reichen, aber die Zelle reagiert mit Stress auf das Salz:
Dieses Wasser reicht theoretisch aus, um den Stoffwechsel von bestimmten Gruppen von Mikroorganismen anzutreiben. Allerdings lösen Perchlorate (ClO4-) in der Zelle Stress aus. Auf welche Art, war bisher wenig bekannt. „Um potenzielles mikrobielles Leben auf dem Mars verstehen zu können, ist es wichtig, herauszufinden wie Mikroorganismen mit solchen Stressfaktoren umgehen, denn nur wenn sie eine gute Stressantwort herausbilden, können die Mikroben mit den hohen Salzkonzentrationen klarkommen und die Vorteile der Salze wie Deliqueszenz und Gefrierpunkterniedrigung wirklich nutzen“, sagt Erstautor Jacob Heinz von der TU Berlin.
Das Forschungsteam analysierte am Robert Koch-Institut (RKI) mittels Proteomics die Perchlorat-spezifische Stressreaktion der Hefe Debaryomyces hansenii und verglich sie mit allgemein bekannten Anpassungen an Salzstress.
Die Forschenden fanden heraus, dass die Stressreaktionen auf Natriumchlorid und Natriumperchlorat viele gemeinsame Stoffwechselmerkmale aufweisen, zum Beispiel gleiche Signalwege, ein erhöhter Energiestoffwechsel oder die Bildung von Osmolyten. „Wir identifizierten jedoch auch mehrere neue Stressreaktionen, die spezifisch für Perchlorat waren. So beispielsweise die Glykosylierung von Proteinen und die Umgestaltung der Zellwand, vermutlich zur Stabilisierung von Proteinstrukturen und der Zellhülle. Diese Stressreaktionen wären auch für mutmaßliches Leben auf dem Mars von großer Bedeutung“, erläutert Koautor Hans-Peter Grossart vom IGB.
„Wenn wir nach Leben auf dem Mars suchen, müssen wir unvoreingenommen sein, da indigene Mars-Mikroben – wenn es sie gibt – sicher durch verschiedene, vielleicht auf der Erde nicht vorkommende Adaptationen an die Umweltbedingungen auf dem Mars angepasst sind“, sagt Dirk Schulze-Makuch, Koautor der Studie und Wissenschaftler am IGB und der TU Berlin. „Aber wenn wir erforschen, wie Organismen auf der Erde mit den Stressfaktoren auf dem Mars, wie Perchloraten, umgehen, haben wir erste Anhaltspunkte wie Leben auf dem Mars mit den schwierigen Umweltbedingungen fertig werden könnte.“
Heinz, J., Doellinger, J., Maus, D., Schneider, A., Lasch, P., Grossart, H.-P. et al. (2022) Perchlorate-specific proteomic stress responses of Debaryomyces hansenii could enable microbial survival in Martian brines. Environmental Microbiology, 24( 11), 5051– 5065. Available from: https://doi.org/10.1111/1462-2920.16152
https://www.igb-berlin.de/news/was-mikroorganismen-auf-dem-mars-zum-ueberleben-b...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Geowissenschaften, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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