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04.01.2023 17:00

Neue Methode hilft beim Verständnis des globalen organischen Kohlenstoffkreislaufs

Ulrike Prange Pressestelle
MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen

    Mit einer neuen Methode haben Forschende aus den USA, Großbritannien und Bremen berechnet, mit welcher Geschwindigkeit organischer Kohlenstoff während des Erdzeitalters Neogen in Meeressedimenten gebunden wurde. Sie ist genauer als der bislang übliche Weg und kann daher einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Klimawandels und zur Eindämmung seiner Auswirkungen leisten. Die Ergebnisse hat das Fachjournal Nature jetzt veröffentlicht.

    Ozeane dienen als Senke für Kohlenstoff. Das bedeutet, dass Kohlenstoff aus der Atmosphäre in den Ozeanen gespeichert wird. Dabei wird jedoch unterschieden zwischen organischem und anorganischem Kohlenstoff. Der in Meeressedimenten gebundene organische Kohlenstoff ist gleichzeitig eine Sauerstoffquelle. Bislang war es üblich, die Massenbilanz zwischen anorganischem und organischem Kohlenstoff zu ermitteln – allerdings gilt diese Methode als ungenau. Ein Team aus den USA, Großbritannien und Deutschland hat nun einen anderen Ansatz entwickelt. Ihr Ziel war es, die Rate an Kohlenstoff über einen längeren Zeitraum besser bestimmen zu können.

    Dazu haben die Forschenden Daten von Tiefseebohrungen an 81 weltweiten Standorten genutzt, um die Geschichte der Vergrabung von organischem Kohlenstoff während des Neogens (vor etwa 23 bis 3 Millionen Jahren) zu ermitteln. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Variabilität über solch einen langen Zeitraum besser bestimmen zu können.

    „Unsere Ergebnisse stützen die Vermutung, dass die Kohlenstoffraten im frühen Miozän und Pliozän hoch und im mittleren Miozän niedrig waren“, erklärt Erstautorin Dr. Ziye Li vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen. „Wir haben die Massenakkumulationsrate des organischen Kohlenstoffs direkt aus dem organischen Kohlenstoffgehalt der Meeressedimente berechnet. Möglich ist dies dank der standardisierten Messungen, kombiniert mit gut abgesicherten Altersmodellen von Bohrstandorten aus dem internationalen Bohrprogramm IODP und seinen Vorgängern DSDP und ODP. Traditionell basieren die Schätzungen auf der Isotopenzusammensetzung des Kohlenstoffs, was unter anderem eine Reihe von Annahmen über die Kohlenstoffquellen und die wichtigsten Flüsse innerhalb des Kohlenstoffkreislaufs erfordert“, sagt Li, die am MARUM in der Arbeitsgruppe Klimavariabilität der niedrigen Breiten arbeitet.

    „Unsere neuen Ergebnisse sind ganz anders – sie sind das Gegenteil von dem, was die Isotopenberechnungen vermuten lassen“, sagt Mitautor Benjamin Mills von der Universität Leeds, ein Experte für die gängigen Isotopenmethoden. „Ich war wirklich überrascht, wie falsch unsere bisherigen Vorstellungen sein könnten.“

    Li und ihre Kolleg:innen gehen davon aus, dass die Kohlenstoff-Bindung oder eher dessen Ausbleiben zusammenhängt mit dem temperaturabhängigen bakteriellen Abbau von organischem Material während der Warmzeit im mittleren Miozän. So würde erwartet, dass dieser Rückkopplungsmechanismus auch während anderer Erwärmungsintervalle in der Erdgeschichte sowie bei einer künftigen Erwärmung des globalen Ozeans zum Tragen kommen könnte.

    „Je wärmer die Ozeane werden, desto schwieriger ist es, organischen Kohlenstoff in marinen Sedimenten zu binden – die niedrigsten Raten der Kohlenstoffbindung traten auf, als der Planet warm war“, sagt Co-Autor Yige Zhang von der Texas A&M University.
    Die Forschungsergebnisse des Teams legen nahe, dass dieser atmungsähnliche Prozess die Bindung von organischem Kohlenstoff daran hindert, die Kohlenstoffdioxid-Emissionen in die Atmosphäre zu verringern. Wenn Bakterien den organischen Kohlenstoff verarbeiten, wird er in seine ursprüngliche Form als CO2 zurückgeführt.

    Erstautorin Ziye Li bezeichnet die Arbeit des Teams als den Beginn einer potenziell bedeutsamen neuen Methode zur Datenanalyse, die zum Verständnis des Klimawandels und zur Eindämmung seiner Auswirkungen beitragen kann.

    Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Ziye Li
    MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen
    Klimavariabilität der niedrigen Breiten
    E-Mail: zli@marum.de


    Originalpublikation:

    Ziye Li, Yi Ge Zhang, Mark Torres and Benjamin J. W. Mills: Neogene burial of organic carbon in the global ocean. Nature 2023. DOI: 10.1038/s41586-022-05413-6


    Bilder

    Für die Studie hat das Team Daten genutzt, die im Rahmen des Bohrprogramms IODP und dessen Vorgängern in mehr als 50 Jahren erhoben wurden.
    Für die Studie hat das Team Daten genutzt, die im Rahmen des Bohrprogramms IODP und dessen Vorgänger ...
    Mark Torres
    Grafik: Mark Torres, Rice University


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Chemie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

    Für die Studie hat das Team Daten genutzt, die im Rahmen des Bohrprogramms IODP und dessen Vorgängern in mehr als 50 Jahren erhoben wurden.


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