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24.01.2023 10:00

Niedrigqualifizierte Care-Berufe sind in Deutschland schlechter bezahlt als in anderen Ländern Europas

Dr. Jennifer Villarama Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI)

    Am 24.01.2023 beginnen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst, die über eine Entgelterhöhung für Tarifbeschäftigte von Bund und Kommunen entscheiden. Verhandelt wird somit auch die Attraktivität von Arbeitsplätzen wie die von tariflich bezahlten Erzieher:innen. Dass ihre Arbeit attraktiv ist, ist Voraussetzung für eine ausreichende Daseinsvorsorge: Angesichts zunehmender Knappheit an Arbeitskräften und einer steigenden Nachfrage von Care-Dienstleistungen stellt sich grundsätzlich die Frage, wie Care-Berufe heute und künftig ausreichend Arbeitskräfte anziehen können. Wie ist es um das Lohnniveau von Care-Arbeitskräften in Deutschland bestellt? Eine neue SOFI-Studie hat dies untersucht.

    Im aktuellen SOFI Working Paper „Frontline workers in education, health and welfare: how much do they earn in European countries?“ wurden auf Basis von Daten der Arbeitskräfteerhebung der Europäischen Union die Einkommen von Care-Berufsgruppen in 24 europäischen Ländern in den Jahren 2016 bis 2020 untersucht. Es zeigt sich, dass Care-Arbeit insgesamt nicht schlechter bezahlt ist als die Arbeit in anderen Branchen und Berufen, in der Mehrheit der europäischen Länder sogar etwas besser. Deutschland zählt hier jedoch zu den Ausnahmen, wie Dr. René Lehweß-Litzmann als Autor der Studie betont: „Hierzulande verdienen Vollzeitbeschäftigte in den untersuchten Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales monatlich etwa 4% weniger als Vollzeitbeschäftigte im Durchschnitt des gesamten Arbeitsmarktes. Dies kann allerdings an der zahlenmäßigen Stärke gut bezahlter Beschäftigter in anderen Branchen, wie der Automobilindustrie, liegen.“

    Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass in allen Ländern große Einkommensungleichheiten zwischen unterschiedlichen Care-Berufsgruppen bestehen. Der Göttinger Soziologe konstatiert daher: „Die Einkommenshierarchie wird von Ärzten und Hochschullehrern angeführt, es folgen Lehrer der Sekundarstufe, dann der Berufsschule und schließlich der Grundschule. In Deutschland wird im Bildungsbereich tendenziell besser bezahlt als in anderen europäischen Ländern, dies gilt insbesondere im Grund- und Vorschulbereich, was Erzieher:innen einschließt. Am unteren Ende der Einkommensverteilung befinden sich allerdings Pflegekräfte mit wenig formaler Qualifikation, die in allen beobachteten Ländern unterdurchschnittliche Einkommen erzielen.“ Das Ausmaß der Benachteiligung sei jedoch sehr unterschiedlich: „In Deutschland werden niedrigqualifizierte ‘Betreuungskräfte im Gesundheitswesen‘ und ‚Kinder- und Lernbetreuer:innen‘ noch einmal deutlich schlechter entlohnt als im Durchschnitt europäischer Länder, sie verdienen hier nur 59% bzw. 46% der durchschnittlichen Monatseinkommen aller Vollzeitbeschäftigten.“

    Wie lassen sich diese Ergebnisse erklären? „Dass Care-Beschäftigte insgesamt durchaus nicht schlecht verdienen, liegt an dem hohen Anteil von Beschäftigten mit Hochschulbildung und, etwa im Fall von Ärzten, deren erfolgreicher beruflicher Interessenvertretung“, hält Lehweß-Litzmann fest: „Die niedrigen Einkommen von geringqualifizierten Beschäftigten im Erziehungs- und im Gesundheitswesen sind durch eine traditionell schwache kollektive Interessenvertretung sowie eine geringe Abschirmung dieser Beschäftigten gegen Konkurrenz durch (potenzielle) Berufseinsteiger:innen zu erklären. Sowohl außerhalb als auch innerhalb des Care-Bereichs sind höhere Einkommen für Männer als für Frauen zu beobachten. Die Bezahlung von vorwiegend weiblich besetzten Care-Berufen – Ärzte und Hochschullehrer sind hier die Ausnahmen – wird auch durch den sogenannten ‚gender pay gap‘ gedrückt.“

    Veröffentlichung:

    Lehweß-Litzmann, René (2022):
    Frontline workers in education, health and welfare: how much do they earn in European countries? A comparative income analysis based on the EU-LFS. SOFI Working Paper 2022-28. Goettingen: SOFI.

    Link zum kostenfreien Download der Studie:

    https://sofi.uni-goettingen.de/fileadmin/user_upload/WorkingPaper_Lehwess-Litzma...

    Weitere Informationen und Kontakt:

    Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V.
    an der Georg-August-Universität
    Friedländer Weg 31
    37085 Göttingen

    Wissenschaftlicher Ansprechpartner
    Dr. René Lehweß-Litzmann
    Telefon: +49 551 52205-26
    E-Mail: rene.lehwess@sofi.uni-goettingen.de

    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Jennifer Villarama
    Telefon: +49 551 52205-19
    E-Mail: jennifer.villarama@sofi.uni-goettingen.de

    www.sofi.uni-goettingen.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. René Lehweß-Litzmann
    Telefon: +49 551 52205-26
    E-Mail: rene.lehwess@sofi.uni-goettingen.de


    Originalpublikation:

    Lehweß-Litzmann, René (2022):
    Frontline workers in education, health and welfare: how much do they earn in European countries? A comparative income analysis based on the EU-LFS. SOFI Working Paper 2022-28. Goettingen: SOFI.

    Link zum kostenfreien Download der Studie:

    https://sofi.uni-goettingen.de/fileadmin/user_upload/WorkingPaper_Lehwess-Litzma...


    Weitere Informationen:

    http://www.sofi.uni-goettingen.de


    Bilder

    Dr. René Lehweß-Litzmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am SOFI.
    Dr. René Lehweß-Litzmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am SOFI.
    Klaus Peter Wittemann
    Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI), kpw-photo


    Anhang
    attachment icon SOFI Presseinformation_Einkommen niedrigqualifizierter Care-Berufe in Deutschland

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Dr. René Lehweß-Litzmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am SOFI.


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