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27.05.2004 15:32

Heidelberger Universitätsrede 2004

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Forschung, Innovation und Elitenförderung in Deutschland, waren die Themen der diesjährigen Heidelberger Universitätsrede - Referent: der ehemalige Heidelberger Biologie-Professor Mark Stitt

    "Forschung, Innovation und Forschungsstrukturen in Deutschland, dargestellt am Beispiel der grünen Biotechnologie", war das Thema der diesjährigen Heidelberger Universitätsrede in der Alten Aula. Als Referent konnte das Rektorat den ehemaligen Heidelberger Dekan der Fakultät für Biologie, Professor Mark Stitt, gewinnen. Stitt ist derzeit Leiter des Max-Planck-Instituts (MPI) für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam. Prorektorin Professor Silke Leopold freute sich über die Anwesenheit des renommierten Pflanzenphysiologen: "Sie sind in Heidelberg kein Unbekannter und haben an verschiedenen Elite-Universitäten in Großbritannien und den USA studiert", stellte sie den Referenten vor. Gefördert wurde die Heidelberger Universitätsrede durch die Gottlieb Daimler- und Karl Benz-Stiftung in Ladenburg.

    "Mein Vortrag wird ein Spagat sein", eröffnete Stitt. Zunächst wolle er allgemeine Überlegungen zu Universitätsstrukturen, Bildung und Eliten in Deutschland anstellen. Er wolle Vergleiche mit den USA und Großbritannien ziehen und aus seinen Erfahrungen der letzten 25 Jahre in Forschung und Lehre berichten. "Diese Äußerungen werden sehr persönlich und geben in keinem Fall die Meinung der Max-Planck-Gesellschaft wieder", betonte Stitt. Anschließend wolle er am Beispiel seines Instituts zeigen, wie Innovationen aus der Grundlagenforschung entstehen können und abschließend fragen, ob Innovation in Deutschland wirklich gewünscht sei. Stitt ist gebürtiger Engländer und studierte an den Universitäten Cambridge und Berkeley, bevor er sich in Göttingen habilitierte. In Heidelberg wurde er 1991 Leiter des Botanischen Instituts und 1997 Dekan der Fakultät für Biologie. Den Ruf ans MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie erhielt er im Jahr 2000.

    "Schulen und Hochschulen sind Ausgangspunkte für Innovation", stellte Stitt fest und verglich die Ausbildungs-Systeme Englands, Schottlands, Amerikas und Deutschlands miteinander. Stitt lobte vor allem das schottische Modell: Wie in Deutschland hätte man dort viele Prüfungsfächer in der Schule, bei der Dauer der Universitätsausbildung würde die geringe Spezialisierung jedoch stärker berücksichtigt. "Der Bachelor-Abschluss dauert dort vier statt drei Jahre", erläuterte Stitt. Obendrein sei ein Bachelor voll anerkannt für den Berufseinstieg, betonte er. Stitt kritisierte die Deutschen Reformbemühungen als zu zaghaft: Sie gingen in der Regel nicht weit genug, es würden oft nur Modelle eingeführt, die dann nicht allgemein umgesetzt würden. Das Resultat seien zu viele Systeme nebeneinander. Beispielsweise die Bachelor- und Masterstudiengänge neben dem Diplom oder die Junior-Professuren neben den Wissenschaftlichen Angestellten.

    Auch den Fakultäten selbst müsse bewusst sein, dass sich Forschungsschwerpunkte und interdisziplinäre Schnittstellen zwischen den Fächern mit der Zeit in ihrer Bedeutung wandelten. "Es ist wichtig, dass man Strukturen schafft, die man auch ändern kann", so Stitt. So sei etwa die Bioinformatik, als Schnittstelle zwischen Mathematik und Biologie, erst in den letzten Jahren entstanden. "Die deutschen Universitäten sind stärker von Politik und Ministerien abhängig als in den USA oder Großbritannien", sagte Stitt. Es ergebe sich eine Mischung unterschiedlicher und sich widersprechender Interessen. Resultat seien etwa Berufungsverhandlungen, die sich unnötig in die Länge ziehen oder Wissenschaftsförderung, die von der Politik abhängig wird. Zum Glück gebe es in Deutschland auch viele Förderinstrumente, die nicht in direkter Beziehung zur Politik stünden, wie etwa die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Wissenschaftlichen Stiftungen oder die Max-Planck-Gesellschaft. Diese Einrichtungen hätten im übrigen seit Jahrzehnten junge und hoch begabte Wissenschaftler gefördert. "Die Elite-Förderung existiert schon, die Politiker haben sie erst wiederentdeckt!", sagte Stitt. Des Weiteren forderte er eine individuelle Studentenauswahl durch die Universitäten, um "den Ausbildungs-Druck zurück in die Schule zu geben". Außerdem sei die objektive Identifikation sowie gezielte Förderung von Spitzenfächern nötig.

    "Wie kommt man von reiner Grundlagenforschung zur Anwendung?", fragte Stitt und führte als Beispiel Forschungen aus seinem Institut an. Aus der Erforschung der Stärkesynthese bei der Kartoffel seien mittlerweile zwei Firmen mit insgesamt 150 Arbeitsplätzen entstanden. Voraussetzung für die Firmengründungen seien Techniken gewesen, die für die Grundlagenforschung entwickelt wurden. Um Innovationen zu fördern sei es vor allem notwendig, Technologiezentren für neu entstehende Firmen bereitzustellen. "Eine örtliche Konzentration der jungen Firmen ist notwendig, die lokalen Politiker müssen davon überzeugt werden", sagte Stitt. In der Grünen Biotechnologie sowie in anderen modernen Forschungsbereichen, sei darüber hinaus eine "pro-aktive Öffentlichkeitsarbeit" unerlässlich. Der Dialog müsse vorausschauend sein, um Fehler und Überraschungen zu vermeiden. "Ich plädiere für eine effektive Evaluation der Forschung. Mittel hin- und her- zuschieben, halte ich nicht für sinnvoll", reagierte Stitt auf die Zuhörerfrage, ob Universitäten und Forschungseinrichtungen in finanzieller Konkurrenz stehen würden. Stitt fügte hinzu, "wir sollten endlich die Sachfragen anpacken". "Ein wunderbares Schlusswort", bedankte sich Prof. Leopold.

    Jochen Schlabing

    Weitere Informationen im Internet:
    http://www.mpimp-golm.mpg.de

    Rückfragen bitte an:
    Ursula Roß-Stitt
    Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, Golm
    Tel. 0331 - 5 67 83 10, Fax 0331 - 5 67 84 08
    Ross-stitt@mpimp-golm.mpg.de

    Rückfragen von Journalisten auch an:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

    und
    Irene Thewalt
    presse@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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