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24.01.2023 12:43

Elche und Wisente würden ausreichend Platz in Deutschland vorfinden – wenn sie es zu uns schaffen

Kathrin Anna Kirstein Kommunikation, Marketing und Veranstaltungsmanagement
Humboldt-Universität zu Berlin

    Neue Studie zeigt Chancen und Herausforderungen für eine Rückkehr von Wisent und Elch

    Große Pflanzenfresser wie Wisent und Elch spielten über Tausende und Millionen von Jahren eine wichtige Rolle in unseren Ökosystemen, wurden hierzulande jedoch in der Vergangenheit vom Menschen aus vielen Gebieten verdrängt und sind in Deutschland ausgestorben. Seit einigen Jahren breiten sich beide Arten aus Osteuropa heraus nach Westen aus, und vereinzelt werden Elch und Wisent immer wieder in Ostdeutschland gesichtet. Eine neue Studie von Wissenschaftlern des Geographischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin gemeinsam mit Partnern aus Deutschland, Polen, Tschechien, Österreich und Schweden zeigt nun, dass beide Arten bei uns viele mögliche Lebensräume vorfinden könnten, um sich wiederanzusiedeln.

    „Uns hat überrascht, wie viele ökologisch geeignete Lebensräume wir für beide Arten identifizieren konnten" fasst Hendrik Bluhm, Doktorand am Geographischen Institut und Leiter der Studie, zusammen. „Insbesondere im Nordosten Deutschlands wie der Schorfheide und Uckermark oder der Mecklenburgischen Seenplatte, aber auch in den deutschen Mittelgebirgen wie Harz, Spessart, Thüringer Wald oder Pfälzerwald finden wir große Habitatgebiete, die für Elch und Wisent potenziell gut geeignet sein können." Um zu diesem Ergebnis zu kommen hat das Forschungsteam den bisher größten Datensatz zum Vorkommen von Wisent und Elch in Mitteleuropa zusammengestellt und in Habitatmodellen analysiert. Mit Hilfe dieser Modelle konnten so alle aus ökologischer Sicht geeigneten Lebensräume kartiert werden.

    Gesellschaftliche Akzeptanz entscheidend

    Entscheidend darüber, ob eine Rückkehr von Elch und Wisent möglich ist, wird vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz der Arten sein. „Wisent und Elch können sich recht flexibel an unterschiedliche Umweltbedingungen anpassen." erklärt Bluhm. Samantha Look vom WWF Deutschland und Teil des durch EU-Interreg geförderten Forschungsprojektes ŁośBonasus – Crossing! (https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/brandenburg/losbonasus-crossi...), in dem die Studie durchgeführt wurde, ergänzt: „Die entscheidende Frage ist also nicht, ob diese Arten bei uns genügend Platz haben werden, sondern vielmehr wo wir Menschen ihnen die Rückkehr erlauben und wie wir mit Konflikten, die beispielsweise mit der Forstwirtschaft entstehen können, umgehen."

    Barrieren für Wanderungsbewegungen

    Die Zerschneidung der Landschaft Mitteleuropas stellt jedoch ein Hindernis für die Wiederansiedlung von Elch und Wisent dar. „Besonders Autobahnen und Schnellstraßen stellen Barrieren für Wisent und Elch dar, vor allem wenn diese hoch eingezäunt sind. Das zeigen unsere Analysen sehr deutlich", erklärt Prof. Tobias Kümmerle, Mitautor der Studie. Der Ausbau von Grenzzäunen, beispielsweise an der EU-Außengrenze, und der Zaun zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest entlang der Deutsch-Polnischen Grenze, der genau im Bereich der aktuellen westlichen Verbreitungsgrenze von Wisent und Elch liegt, können die Wanderungsbewegungen der Tiere aus-bremsen. „Aus naturschutzfachlicher Sicht ist dies wirklich problematisch", fasst Prof. Kümmerle zusammen. „Wanderungs-bewegungen sind wichtig, um den genetischen Austausch zwischen Populationen zu sichern und Wildtieren eine Anpassung an den Klimawandel zu ermöglichen".

    Grünbrücken und Wiederansiedlungsprojekte

    Der Abbau von Barrieren, beispielsweise durch die Errichtung von Grünbrücken über stark befahrenen Schnellstraßen, würde es Elch und Wisent ermöglichen, die für sie geeigneten Lebens-räume zu erreichen. „Wo dies aufgrund fehlender Wanderkorri-dore nicht möglich ist, könnten Auswilderungsprojekte die Rückkehr von Elch und Wisent beschleunigen", unterstreicht Bluhm. „Dies sollte insbesondere dort erfolgen, wo unsere Karten wenig Konfliktpotenzial mit Menschen vorhersagen." Obwohl weltweit Arten verschwinden, zeigt die Studie der Forschenden der Humboldt-Universität zu Berlin klar auf, dass selbst die größten Tiere bei uns wieder heimisch werden können – wenn wir sie zurückkehren lassen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Hendrik Bluhm, Geographisches Institut, Humboldt-Universität zu Berlin

    Tel.: +49 (0)30 2093 6874,
    E-Mail: hendrik.bluhm@geo.hu-berlin.de

    Prof. Dr. Tobias Kümmerle, Geographisches Institut, Humboldt-Universität zu Berlin,

    Tel.: +49 30 2093 9372,
    E-Mail: tobias.kuemmerle@hu-berlin.de


    Originalpublikation:

    Link zur Publikation: https://doi.org/10.1111/ddi.13671

    Bluhm, H., Diserens, T.A., Engleder, T., Heising, K., Heurich, M., Janík, T., Jirků, M., Klich, D., König, H.J., Kowalczyk, R., Kuijper, D., Maślanko, W., Michler, F.U., Neumann, W., Oeser, J., Olech, W., Perzanowski, K., Ratkiewicz, M., Romportl, D., Šálek, M., Kuemmerle, T. (2023): Widespread habitat for Europe's largest herbivores, but poor connectivity limits recolonization. Diversity and Distributions, 00, 1– 15.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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