Die Kenntnisnahme von Straftaten im Forschungsprozess ist ein forschungsethisches Dilemma und birgt für Forschende Unsicherheiten. Eine neue Handreichung des Rates für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) gibt nun Orientierung.
Wenn beim Forschen Straftaten bekannt werden, ist oft unklar: Müssen Forschende die Kenntnis von Straftaten verschweigen oder müssen oder sollten sie sie offenbaren? Die neue Handreichung des RatSWD beschäftigt sich mit der Klärung dieser Frage anhand von vier Praxisbeispielen. Diese kommen aus der Rechtsextremismusforschung, beschäftigen sich mit dem Bekanntwerden von Kindesmissbrauch, einer Selbsttötungsabsicht und einer möglichen Vernachlässigung von Pflegebedürftigen, die während eines narrativen Interviews bekannt wird. Ausführlich werden mit der Handreichung nun strafrechtliche, datenschutzrechtliche und weitere gesetzliche Vorgaben sowie Ethikleitlinien anhand der Beispiele erörtert und Lösungswege des Dilemmas anschaulich erklärt.
In Auftrag gegeben wurde die juristische Arbeit von der Arbeitsgruppe Forschungsethik und der Task Force Recht des RatSWD, die dazu auch die Praxisbeispiele erarbeiteten. Die Handreichung wurde von Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf und Mitarbeitern des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik der Universität Würzburg erstellt.
„Anhand der Beispiele aus der Forschungspraxis wird exemplarisch aufgezeigt, wie diese aus einer juristischen Perspektive beantwortet werden können, sodass sie auch auf andere Fälle übertragbar sind,“ sagt Ingrid Miethe, Vorsitzende der AG Forschungsethik des RatSWD. Auch die Vorsitzende des RatSWD, Monika Jungbauer-Gans, sieht die neue Handreichung als ausgesprochen hilfreich für die sozialwissenschaftlicher Forschungscommunity an: „Die hier vorliegende Handreichung wird für Forschende in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie auch Ethikkommissionen ausgesprochen hilfreich sein, da das Bekanntwerden von Straftaten schwierige Entscheidungen nach sich zieht, die nur mit differenziertem juristischem Wissen getroffen werden können.“
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Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) berät seit 2004 die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der Forschungsdateninfrastruktur für die empirischen Sozial-, Verhaltens- und Wirtschaftswissenschaften. Im RatSWD arbeiten zehn durch Wahl legitimierte Vertreterinnen und Vertreter der sozial-, verhaltens- und wirtschaftswissenschaftlichen Fachdisziplinen mit zehn Vertreterinnen und Vertretern der Datenproduktion zusammen.
Der RatSWD ist Teil des Konsortiums für die Sozial-, Verhaltens-, Bildungs- und Wirtschaftswissenschaften (KonsortSWD) in der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). Er versteht sich als institutionalisiertes Forum des Dialoges zwischen Wissenschaft und Datenproduzenten und erarbeitet Empfehlungen und Stellungnahmen. Dabei engagiert er sich für eine Infrastruktur, die der Wissenschaft einen breiten, flexiblen und sicheren Datenzugang ermöglicht. Diese Daten werden von staatlichen, wissenschaftsgetragenen und privatwirtschaftlichen Akteuren bereitgestellt. Derzeit hat der RatSWD 42 Forschungsdatenzentren akkreditiert und fördert deren Kooperation.
Pressekontakt:
Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD)
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Die vollständige Publikation steht auf der Webseite des RatSWD zum freien Download zur Verfügung.
RatSWD (Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten). (2023). Handreichung „Umgang mit der Kenntnisnahme von Straftaten im Rahmen der Durchführung von Forschungsvorhaben": Erstellt von Max Tauschhuber, Dr. Paul Vogel und Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf (Output Series, 7. Berufungsperiode Nr. 1). Berlin. https://doi.org/10.17620/02671.74
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Recht
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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