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16.02.2023 12:38

Die Welt neu denken

Lena Herzog Leibniz-Zentrum Moderner Orient (ZMO)
Geisteswissenschaftliche Zentren Berlin e.V. (GWZ)

    Ein kürzlich erschienener Sammelband der Reihe ZMO-Studien des Leibniz-Zentrums Moderner Orient (ZMO) befasst sich mit Aufforderungen und Ansätzen aus Afrika, Asien und dem Nahen Osten zur Dekolonialisierung der Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Herausgeber Kai Kresse und Abdoulaye Sounaye widmen sich mit dem Buch dem noch wenig erforschten Feld der Geschichte des Denkens und der Theoriediskurse im sogenannten „globalen Süden“, mit Blick darauf, wie gegenwärtige dekoloniale Herausforderungen von hier aus adressiert und bearbeitet werden können.

    Die Dominanz eurozentrischer Sprachen und Analyse- und Interpretationsansätze in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist bis heute vorherrschend. Obwohl ein kritischer Diskurs und die Einbeziehung regionaler Perspektiven in Gang gekommen sind, steht außer Frage, dass ein noch stärkeres Umdenken in diesen Disziplinen gefordert ist. Doch wie kann eine Kritik des Eurozentrismus in einem Kontext, in dem nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Zukunft stark verwoben ist, produktiv sein? Wie können Forderungen nach einer Dekolonisierung der intellektuellen Traditionen konstruktiv erhoben werden?

    Der Sammelband bringt vor allem Autor*innen aus den betroffenen Regionen zusammen. Entlang verschiedener Disziplinen und mit Blick auf unterschiedliche historische Zeiträume nehmen sie kritisch Stellung zur anhaltenden Dominanz des Eurozentrismus in der akademischen Welt und skizzieren ihre Perspektiven für eine Transformation. Dazu gehören spezifische Fallstudien und reflexive Berichte aus afrikanischen, südasiatischen und nahöstlichen Kontexten. Ausgehend von ihren Erfahrungen und Einblicken, die sie sowohl im globalen Norden als auch im globalen Süden gewonnen haben, bieten die Autor*innen originelle Ansätze und Diskussionen sowie innovative Modelle theoretischer Rahmen an, die darauf abzielen, intellektuelle Praktiken aus bestimmten Regionen und transregionalen Kontexten aufzugreifen und sich mit ihnen kritisch auseinanderzusetzen.

    Die indischen Autor*innen Prathama Banerjee und Rakesh Pandey zeigen beispielsweise, wie sich die komplexe, gründliche und ausdauernde Beschäftigung mit verschiedenen intellektuellen Traditionen im Verhältnis zueinander auszahlt und verschiedene konzeptionelle Ansätze in einen produktiven Austausch bringen kann. In einem anderen Kapitel geht Seteney Shami aus Beirut der Idee nach, dass eine Umetikettierung des Nahen Ostens in „Westasien“ konstruktive Herausforderungen mit sich bringen und zu positiven Neuallianzen und Veränderungen führen kann. Das Kapitel von Sanya Osha von der Universität Kapstadt, um ein weiteres Beispiel zu nennen, lädt die Leser*innen dazu ein, über den Fall eines einflussreichen afrikanischen Intellektuellen, des senegalesischen Afrozentrikers Cheikh Anta Diop, nachzudenken, dessen Einfluss in der akademischen Welt nach Ansicht des Autors viel größer hätte sein müssen.

    „Thinking the Re-Thinking of the World. Decolonial Challenges to the Humanities and Social Sciences from Africa, Asia and the Middle East” wird von Kai Kresse und Abdoulaye Sounaye herausgegeben und erschien im Dezember 2022 im Verlag de Gruyter in der Reihe ZMO-Studien. Der Band ist im Open Access verfügbar. In der Reihe ZMO-Studien werden relevante und innovative Forschungsarbeiten zum Nahen Osten, Afrika sowie Süd-, Südost- und Zentralasien veröffentlicht. Im Mittelpunkt stehen dabei die historischen und aktuellen transregionalen Beziehungen, die aus unterschiedlichen disziplinären und interdisziplinären Perspektiven betrachtet werden. Die in der Reihe veröffentlichten Monographien und Sammelbände illustrieren und ergänzen das Forschungsprofil des ZMO.

    Prof. Dr. Kai Kresse ist stellvertretender Direktor des ZMO und Professor für Anthropologie an der Freien Universität Berlin. Seine Forschungen beschäftigen sich seit langem mit Denkern, Debatten und intellektueller Kultur an der Swahili-Küste, insbesondere im postkolonialen Kenia. PD Dr. Abdoulaye Sounaye ist Leiter des Forschungsfelds Umstrittene Religion und Intellektuelle Kultur am ZMO. Er leitet derzeit auch eine Leibniz Junior Research Group zum Thema „Religion, Moral und Boko in Westafrika: Studentische Laufbahnen für ein gutes Leben“.

    Die ZMO-Studie 43 wird in einer Online-Buchvorstellung des ZMO am 13. März 2023 um 17 Uhr präsentiert.

    Anfragen für Interviews und Rezensionen richten Sie bitte an Lena Herzog unter presse@zmo.de.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Kai Kresse: kai.kresse@zmo.de


    Originalpublikation:

    Kai Kresse, Abdoulaye Sounaye (eds.): Thinking the Re-Thinking of the World
    Decolonial Challenges to the Humanities and Social Sciences from Africa, Asia and the Middle East. ZMO-Studien 43, de Gruyter Berlin/Boston, 2022.
    https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110733198/html


    Weitere Informationen:

    https://www.zmo.de/en/events/thinking-the-re-thinking-of-the-world Link zur Veranstaltung am 13.3.23.
    https://www.zmo.de/publikationen/zmo-studien Übersicht ZMO-Studien
    https://www.zmo.de/en/people/prof-dr-kai-kresse Lebenslauf Kai Kresse
    https://www.zmo.de/personen/dr-abdoulaye-sounaye Lebenslauf Abdoulaye Sounaye


    Bilder

    Buchcover "Thinking the Re-Thinking of the World"
    Buchcover "Thinking the Re-Thinking of the World"

    de Gruyter


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Kooperationen, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Buchcover "Thinking the Re-Thinking of the World"


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