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28.02.2023 14:24

„Selten allein“ – Kunst und neue Strukturen machen Betroffenen Mut

Holger Ostermeyer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

    Gemeinsam mit der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE e.V.) und fünf Einkaufsbahnhöfen sowie 21 Zentren für Seltene Erkrankungen in Deutschland setzt das UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE) am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden die bundesweite Aktion „Selten Allein“ fort. Die Ausstellungen mit Bildern Betroffener werden nach und nach in den füng teilnehmenden Bahnhöfen eröffnet. Neben Dresden sind dies die Hauptbahnhöfe in Erfurt, Mainz und Mannheim sowie der Bahnhof Berlin Südkreuz. In Dresden startet die zweite Ausstellung pünktlich zum Welttag der Seltenen Erkrankungen (SE) am heutigen Dienstag (28. Februar).

    Neben den Kunstwerken gibt es für viele Menschen mit seltenen Erkrankungen einen weiteren Lichtblick: Dank der mit 40 Krankenkassen geschlossenen Selektivverträge zur besonderen Versorgung ist die Finanzierung modernster hochauflösender genetischer Untersuchungen zur Diagnostik seltener Erkrankungen für die entsprechend Versicherten zunächst gesichert. Das eigens hierfür am Dresdner Universitätsklinikum gegründete Zentrum für Klinische Genommedizin konnte dadurch zu Beginn des Jahres 2022 seine Arbeit aufnehmen. Mit Hilfe der genomweiten genetischen Untersuchung wurden bereits bisher ungelöste Krankheitsursachen entdeckt. Für die Patientinnen und Patienten ließ sich dadurch die Diagnose stellen und die weitere Behandlung darauf ausrichten.

    Mit großem Stolz fieberte Anke Schmidt dem Welttag der Seltenen Erkrankungen entgegen. Die an Mukoviszidose erkrankte 25-Jährige ist leidenschaftliche Hobbykünstlerin und stellt eines ihrer Bilder zum ersten Mal öffentlich aus – und das gleich bundesweit an fünf Orten. Mit Pinsel und Farben, aber auch mit Buntstiften setzt sie sich mit Ihrer Erkrankung und ihren Folgen auseinander. Anke Schmidt will sich nicht auf ihre Mukoviszidose reduzieren lassen, sondern aktiv am Leben – auch am Arbeitsleben – teilnehmen. Die von der Sebnitzerin gemalten Lungenflügel künden auf der einen Seite von ihren krankheitsbedingten Limits und auf der anderen Seite von einem aufblühenden Dasein. Ihr Optimismus hat auch einen medizinischen Grund: Eine innovative Medikamentenkombination sorgt dafür, dass sich ihre Lungenfunktion drastisch verbesserte. So konnte die in Erwägung gezogene Lungentransplantation ad Acta gelegt werden und einer Schwangerschaft stand damit nichts mehr im Wege. Seit eineinhalb Jahren ist Anke Schmidt nun stolze Mutter eines Sohnes.

    Anke Schmidt alias Loky ist nur eine von vielen Personen, die auf künstlerische Weise ihre gesundheitliche Situation, ihre Hoffnungen und Wünsche aber auch ihre Nöte in Bildern ausdrücken. Aus den berührenden Kunstwerken wurden zwölf ausgewählt, die stellvertretend für die teilnehmenden Zentren für Seltene Erkrankungen stehen. Die anderen Werke sind online unter www.seltenallein.de zu sehen. Höhepunkt der Ausstellungsaktion ist der 28. Februar – der 16. weltweite Tag der Seltenen Erkrankungen. Bereits im Vorfeld dieses Tages präsentieren einige fünf teilnehmenden Einkaufsbahnhöfe die künstlerischen Selbstportraits, die Menschen mit Seltenen Erkrankungen in den letzten Monaten gemalt, gezeichnet oder fotografiert haben. Diese Bilder sind zusammen mit einer kurzen Selbstauskunft zur Person und ihrer Krankheit vor Ort zu sehen. Ein zu den Bildern gehörender QR-Code ist mit der Website www.seltenallein.de verlinkt. Dort sind ebenfalls Informationen zu seltenen Erkrankungen zu finden. Zudem sensibilisiert die Seite Besuchende für das Thema und bietet direkt oder indirekt Betroffenen die Gelegenheit, sich zu vernetzen.

    Umfassende genetische Diagnostik ermöglicht Chance zur Diagnose
    Die interdisziplinäre Arbeit verschiedenster Fachdisziplinen steht im Mittelpunkt der Arbeit des Zentrums für Klinische Genommedizin am UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE). Die Indikationsstellung für die moderne Diagnostik erfolgt in einer gemeinsamen Fallkonferenz, ebenso wie die Bewertung der Ergebnisse. Damit wird die oft langjährige Odyssee der Menschen mit einer seltenen Erkrankung auf dem Weg zur Diagnose erheblich kürzer. Mit der Klärung der Diagnose durch eine genomweite Exomsequenzierung wird es oft auch möglich, die richtigen und adäquaten Therapie-, Vorsorge- und Versorgungsmaßnahmen zu definieren. Den Weg für die auskömmliche Finanzierung für diese aufwändigen genetischen Untersuchungen, die am Institut für Klinische Genetik ausgeführt werden, hat das vom Innovationsfonds mit Bundesmitteln finanzierte Projekt „Translate NAMSE“ geebnet, an dem sich auch das USE Dresden beteiligte. Das positive Gesamtresümee des mehrjährigen Versorgungsprojekts überzeugte den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und damit auch die Krankenkassen. Sie ermöglichen bei Vorliegen des Verdachts auf eine seltene Erkrankung ohne Diagnosestellung seit Anfang 2022 die Finanzierung der erweiterten genetischen Diagnostik. Derzeit haben sich 40 Krankenkassen, unter anderem fast alle Allgemeine Ortkrankenkassen (AOK) einige Ersatzkassen und etliche Betriebskrankenkassen, angeschlossen. Das Projekt läuft vorerst bis Ende 2023.

    Seit Anfang Februar des vergangenen Jahres werden wie schon bei Translate NAMSE mindestens einmal wöchentlich, multidisziplinäre Fallkonferenzen durchgeführt, in denen Ärztinnen und Ärzte verschiedenster Disziplinen Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine seltene Erkrankung bei bisher unklarer Diagnose vorstellen und diese mit anderen Expertinnen und Experten bewerten. Lässt sich in diesem Expertengremium keine Diagnose stellen, aber das Vorliegen einer genetisch bedingten Erkrankung erscheint wahrscheinlich, besteht die Möglichkeit der erweiterten genetischen Diagnostik. Bis Ende des Jahres haben die Expertinnen und Experten insgesamt 186 Fälle diskutiert, wobei bei 108 Patientinnen und Patienten einer genetischen Diagnostik mittels genomweiter Exomsequenzierung zur Diagnosefindung zugestimmt wurde. Bei rund 30 Prozent der untersuchten Patientinnen und Patienten konnte damit eine auf dem Ergebnis der genetischen Analyse basierende genaue Diagnose gestellt werden. „Damit konnten wir bei einem Drittel der Patientinnen und Patienten den Weg für gezieltere Therapien ebnen – dies wäre ohne Translate NAMSE und dem Selektivvertrag nicht möglich gewesen. Das ist ein großer Erfolg unserer bundesweiten Initiative“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums.

    Zentren und Netzwerke stehen für eine umfassende Versorgung
    Um Menschen flächendeckend und unabhängig vom Krankheitsbild zu versorgen, bedarf es weiterer Anstrengungen. Dazu wurden vor allem an den deutschen Uniklinika in den vergangenen Jahren entsprechende Zentrumsstrukturen aufgebaut und bundesweite Netzwerke geschaffen. Auch das Dresdner Uniklinikum hat frühzeitig die Initiative ergriffen und im November 2014 das UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE) gegründet. Als sogenanntes A-Zentrum nach den Empfehlungen des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) erfüllt das USE koordinierende und krankheitsübergreifende Aufgaben und ist zuständig für unklare Krankheitsfälle. „Entscheidend für den Erfolg unserer Arbeit in dem Zentrum ist das Zusammenwirken vieler Expertinnen und Experten in interdisziplinären Fallkonferenzen, wie es nur in einer solchen Struktur vorgehalten werden kann“, sagt Prof. Reinhard Berner, Sprecher des USE und Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin.

    Was ist eine seltene Erkrankung?
    In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Da es mehr als 6.000 unterschiedliche seltene Erkrankungen gibt, ist die Gesamtzahl der Betroffenen trotz der Seltenheit der einzelnen Erkrankungen hoch. Allein in Deutschland leben Schätzungen zufolge etwa vier Millionen Menschen mit einer seltenen Erkrankung. Seltene Erkrankungen bilden eine Gruppe von sehr unterschiedlichen und zumeist komplexen Krankheitsbildern. Die meisten dieser Erkrankungen verlaufen chronisch und gehen mit gesundheitlichen Einschränkungen beziehungsweise eingeschränkter Lebenserwartung einher. In der überwiegenden Mehrzahl bilden Betroffene bereits im Kindesalter Symptome aus. Etwa 80 Prozent der seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt oder mitbedingt, selten sind sie heilbar.

    Wie lassen sich seltene Erkrankungen besser diagnostizieren und behandeln?
    Das Ziel der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen ist es, ihnen trotz und mit ihrer Erkrankung ein möglichst beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Deshalb bedürfen sie einer besonders zeitintensiven ärztlichen Zuwendung und oft einer aufwendigen Spezialdiagnostik. Denn seltene Erkrankungen weisen einige Besonderheiten auf: Dazu zählen vordringlich die geringe Anzahl an Betroffenen mit einer bestimmten seltenen Erkrankungen und die weit über das ganze Land gestreute Verteilung der Betroffenen, was nicht nur die ärztliche Versorgung, sondern auch wissenschaftliche Untersuchungen – etwa in Form von Studien – erschwert. Darüber hinaus gibt es meist nur eine geringe Anzahl von Expertinnen und Experten, die Menschen mit der jeweiligen seltenen Erkrankung versorgen und die Erkrankung weiter erforschen können. Auch sind die Wege zu guten Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten nicht immer auf Anhieb ersichtlich. Dies kann dazu führen, dass die Betroffenen sich mit ihrer Erkrankung allein gelassen fühlen und die Diagnose erst deutlich verzögert gestellt wird.

    Die Seltenheit der einzelnen Erkrankungen erschwert also aus medizinischen und ökonomischen Gründen häufig die medizinische Versorgung und die Forschung für die betroffenen Patientinnen und Patienten. „Diagnose und Therapie der Erkrankungen stellen alle Beteiligten – Betroffene, Angehörige, medizinisches, therapeutisches und pflegerisches Personal –  vor besondere Herausforderungen“, sagt der Kaufmännische Vorstand, Frank Ohi: „Deshalb hat das Dresdner Uniklinikum mit dem UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen Strukturen etabliert, um bei unklaren Krankheitsfällen die Chancen auf eine Diagnose deutlich zu verbessern.“

     

    Kontakte für Medienschaffende

    Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
    Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
    UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE)
    Sprecher: Prof. Dr. med. Reinhard Berner
    Telefon: 0351 458 24 40 (Sekretariat)
    E-Mail: kik-direktion@ukdd.de

    Zentrum für Klinische Genommedizin am USE
    Sprecherin: Prof. Dr. med. Evelin Schröck
    Tel.: 0351 458 15136 (Sekretariat)
    E-Mail: klinische.genetik@ukdd.de

    Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen – ACHSE e.V.
    Pressesprecherin: Bianca Paslak-Leptien
    Tel.: 030 330 07 08 26
    Mobil: 0151 1800 17 27
    E-Mail: Bianca.Paslak-Leptien@achse-online.de

    Marketinggesellschaft der bundesweiten Einkaufsbahnhöfe
    Werbereferent Region SüdOst: Alexander Pravida
    Tel. 0341 22 58 313
    Mobil: 0152 37 57 11 86
    E-Mail: Alexander.Pravida@deutschebahn.com


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
    Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
    UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE)
    Sprecher: Prof. Dr. med. Reinhard Berner
    Telefon: 0351 458 24 40 (Sekretariat)
    E-Mail: kik-direktion@ukdd.de

    Zentrum für Klinische Genommedizin am USE
    Sprecherin: Prof. Dr. med. Evelin Schröck
    Tel.: 0351 458 15136 (Sekretariat)
    E-Mail: klinische.genetik@ukdd.de


    Weitere Informationen:

    https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/universitaetscentren/use
    https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institu...
    https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institu...
    http://www.seltenallein.de
    https://www.achse-online.de/de/
    https://translate-namse.charite.de/
    https://www.mekb.gmbh/


    Bilder

    Anke Schmidt ist stolz darauf, dass ihr Bild in stattlicher Größe nun für mehrere Wochen in fünf großen Bahnhöfen Deutschlands zu sehen ist.
    Anke Schmidt ist stolz darauf, dass ihr Bild in stattlicher Größe nun für mehrere Wochen in fünf gro ...
    Holger Ostermeyer
    Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

    Prof. Berner, Sprecher dies USE, Alexander  Pravida (Einkaufsbahnhöfe), Patientin Anke Schmidt mit Sohn Oskar, Eva Luise Köhler (Schirmherrin ACHSE), Tanita Kretschmer (USE), Michael Doerwald (Ketchum), Prof. Schröck (Direktorin Institut für Genetik).
    Prof. Berner, Sprecher dies USE, Alexander Pravida (Einkaufsbahnhöfe), Patientin Anke Schmidt mit S ...
    Kirsten Lassig
    Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden


    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Anke Schmidt ist stolz darauf, dass ihr Bild in stattlicher Größe nun für mehrere Wochen in fünf großen Bahnhöfen Deutschlands zu sehen ist.


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    Prof. Berner, Sprecher dies USE, Alexander Pravida (Einkaufsbahnhöfe), Patientin Anke Schmidt mit Sohn Oskar, Eva Luise Köhler (Schirmherrin ACHSE), Tanita Kretschmer (USE), Michael Doerwald (Ketchum), Prof. Schröck (Direktorin Institut für Genetik).


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