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03.06.2004 09:04

Einstimmig: Kritik an Frankenbergs Gesetzesentwurf

Florian Klebs Pressearbeit, interne Kommunikation und Social Media
Universität Hohenheim

    Senat der Universität Hohenheim verabschiedet Stellungnahme zum Entwurf für ein Landeshochschulgesetz des Wissenschaftsministeriums von Baden-Württemberg
    Positive Ansätze sieht der Senat der Universität Hohenheim durchaus im Entwurf für ein Landeshochschulgesetz des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst. In der Summe überwiegt jedoch die Kritik. Die Deregulierung gehe nicht weit genug, dafür drohten die spezifischen Profile der Hochschulen verwischt zu werden, schrieb der Senat in seiner einstimmig verabschiedeten Stellungnahme am 25. Mai an das Ministerium. Kritisch sieht der Senat vor allem auch die vorgesehene Verwaltungsreform mit Aufsichtsräten, die mehrheitlich mit externen Mitgliedern besetzt werden sollen - ohne dass diese für ihre Entscheidungen rechenschaftspflichtig seien.

    Kritik erntet auch der im Gesetzesentwurf verstärkte Einfluss des Wissenschaftsministeriums auf die Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates und die verringerte Bedeutung des Senates und anderer Gremien. So fordert der Senat, vor allem die Wahl des Rektors, des Kanzlers, die Auswahl der Mitglieder des Hochschulrates sowie die Entscheidung über Berufungsvorschläge weiterhin in der Zuständigkeit des Senats zu lassen.
    Bei der geplanten Stärkung der Budgethoheit sei zu befürchten, dass Universitäten mit besonderem Profil bei der leistungs- und belastungsbezogenen Mittelverteilung aufgrund ihrer Struktur weiterhin im Nachteil blieben. Auch in der vorgesehenen Form der Juniorprofessuren sieht der Senat keine befriedigende Lösung für die Nachwuchsförderung, da keine Mindestausstattung der Stellen festgelegt und gewährleistet ist.
    Grundsätzlich wird die Tendenz zur Deregulierung und die geplante Stärkung der Budgethoheit von Seiten des Senats jedoch begrüßt.

    Die vollständige Stellungnahme des Senats der Universität Hohenheim:

    Stellungnahme des Senats der Universität Hohenheim
    zum Entwurf eines Landeshochschulgesetzes

    Der Senat der Universität Hohenheim sieht in dem vorgelegten Entwurf eine verpasste Chance des Ministeriums, einen konstruktiven Dialog mit den Hochschulen über ihre Weiterentwicklung zu füh-ren. Die Tatsache, dass der Zeitraum für Stellungnahmen der Universitäten unvermittelt verkürzt wurde, legt die Vermutung nahe, dass eine profunde Auseinandersetzung und konstruktive Kritik von Seiten der Universitäten nicht wirklich erwünscht sind.

    Der Senat kritisiert insbesondere folgende Punkte:

    Unzureichende Deregulierung
    Der Senat begrüßt die grundsätzliche Tendenz zur Deregulierung, sieht sie aber nicht in allen Be-reichen als hinreichend umgesetzt an. Dies gilt vor allem für das Wahlverfahren und die Zusam-mensetzung des Aufsichtsrates und des Vorstandes.
    Durch den Gesetzesentwurf werden die Zusammensetzung der Leitungsorgane und die Auswahl ihrer Mitglieder weitgehend geregelt. Dies widerspricht dem erklärten Ziel, den Hochschulen mehr Autonomie zu geben und damit die Voraussetzungen für den Wettbewerb um die besten Lösungen zu schaffen. Wenn die Hochschulen in einen Wettbewerb um die besten Entwicklungskonzepte eintreten sollen, muss ihnen die Möglichkeit gegeben werden, selbst über ihre Organisationsstruk-turen zu entscheiden.

    Verlust der Hochschulprofile
    Der Senat kritisiert, dass durch den Entwurf ein Einheitsgesetz geschaffen wird. Seitens des Mini-sterium wird dies mit dem Ziel der Deregulierung begründet. Faktisch führt der Entwurf jedoch da-zu, dass Unterschiede zwischen den Hochschularten verwischt werden und somit spezifischen Profile verloren gehen, die bisher vorhanden und wohl auch vom Gesetzgeber gewollt sind. Die be-sondere Verpflichtung der Universitäten zur Forschung, insbesondere der Grundlagenforschung, muss auch ihren Niederschlag in der Struktur, sowie der Personalausstattung finden.

    Gremien und Entscheidungsstrukturen
    Der Senat kritisiert insbesondere die mehrheitliche Zusammensetzung des Aufsichtsrates mit ex-ternen Mitgliedern, die Entscheidungen an einer Institution treffen, ohne fundierte Kenntnisse über deren Inhalte, Abläufe und Strukturen zu besitzen. Dabei wächst dem Aufsichtsrat eine als proble-matisch anzusehende Machtfülle zu. Der Senat der Universität Hohenheim kritisiert insbesondere, dass externen Personen ein derart großer Einfluss auf die Weiterentwicklung der Hochschulen ein-geräumt wird, ohne dass sie für ihre Entscheidungen rechenschaftspflichtig sind.
    Der verstärkte Einfluss des Wissenschaftsministeriums auf die Wahl der Mitglieder des Aufsichts-rates sowie der Mitglieder des Vorstandes der Hochschule unterminiert die Akzeptanz der Lei-tungsorgane innerhalb der Hochschule. Die Marginalisierung des Senats und der Fakultätsräte nimmt in Kauf, dass viele Entscheidungen nicht mehr auf Fachkompetenz gegründet werden und dass das Engagement der Mitglieder - der Professor/innen, der Mitarbeiter/innen und der Studie-renden - für die Gesamtentwicklung ihrer Fakultät und ihrer Hochschule abnimmt.
    Wir sind der Meinung, dass die derzeitigen Zuständigkeiten des Senats unbedingt erhalten werden sollten, insbesondere bei der
    · Wahl des Rektors,
    · Wahl des Kanzlers,
    · Auswahl der Mitglieder des Hochschulrates sowie der
    · Entscheidung über Berufungsvorschläge.
    Ebenso sollte der erweiterte Fakultätsrat beibehalten werden. Den Studierenden sollte wieder eine verfasste Struktur mit hochschulpolitischem Mandat eingeräumt werden und ihre Vertretung in den Entscheidungsgremien ebenso wie die der anderen Statusgruppen gesetzlich verankert sein.

    Fragliche Stärkung der Budgethoheit
    Der Senat begrüßt die Absicht des Entwurfes, die Budgethoheit der Hochschulen zu stärken, sieht aber die Gefahr, dass die leistungs- und belastungsbezogene Verteilung von Mitteln der Struktur von Universitäten mit speziellem Profil auch weiterhin nicht gerecht wird. Die strukturellen Unter-schiede der Universitäten verursachen qualitative und quantitative Leistungsdifferenzen, die nicht alle auf verschiedene Leistungs- oder Belastungsniveaus zurückgeführt werden können.
    Überdies sieht der Senat die Gefahr, dass die Budgethoheit der Hochschulen durch Hochschulver-träge und Zielvereinbarungen unterlaufen werden kann, da diese mit Strukturvorgaben verknüpft werden können und damit die Einflussmöglichkeiten des Ministeriums noch weiter ausgedehnt werden.

    Probleme bei der neuen Personal- und Besoldungsstruktur
    Der Senat sieht in der vorgesehenen Form der Juniorprofessuren keine zufrieden stellende Lösung für die Nachwuchsförderung, da keine Mindestausstattung der Stellen festgelegt und gewährleistet ist. Die kostenneutrale Einführung der Juniorprofessuren hat zudem eine weitere Schwächung des Mittelbaus zur Folge. Die fehlenden Regelungen für eine Perspektive nach Ablauf der Juniorpro-fessur machen diese Position für Nachwuchswissenschaftler/innen völlig unattraktiv.
    Die Beschränkung des Gesetzentwurfes im wesentlichen auf den wissenschaftlichen Bereich ist nicht sachgerecht. Für Nichtwissenschaftler taucht der früher explizit genannte Aufgabenbereich Weiterbildung des Personals nicht mehr auf. Damit ist zu befürchten, dass die Forderung nach le-benslangem Lernen - für den im besonderen die Hochschulen stehen - für ihre eigene Ressource nicht gilt oder dem Zufall überlassen wird.
    Weiterhin werden durch die sog. Deregulierung zusätzliche Aufgaben auf die Universität übertra-gen, ohne dass die Ressourcenausstattung adäquat erweitert wird. Dies betrifft insbesondere den Vollzug der Besoldungsstrukturreform auf Ebene der Hochschulen, die die Hochschulverwaltungen mit einem erheblichen Mehraufwand belasten wird.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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