idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
09.03.2023 11:27

Sterblich unter Unsterblichen: Forscher*innen entschlüsseln das Genom von Hydra oligactis

Dr. Christian Flatz Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Universität Innsbruck

    Eine Hydra aus dem Piburger See in Tirol könnte neue Erkenntnisse über diese außergewöhnlichen Tiere liefern. Die Erbinformation des Süßwasserpolypen der Art Hydra oligactis wurde am Institut für Zoologie der Universität Innsbruck zum ersten Mal vollständig entschlüsselt. Diese Leistung der Arbeitsgruppen von Bert Hobmayer und Peter Ladurner ist deswegen so interessant, weil Hydra oligactis sich in einer Eigenschaft grundlegend von anderen Hydrenarten unterscheidet: Sie kann sterben.

    Die Hydra ist auf den ersten Blick ein unscheinbares Tier. Am Ende eines länglichen, nur wenige Millimeter langen Körpers sitzen mehrere Tentakel. Was sie für die Forschung so interessant macht, ist, dass sie als praktisch unsterblich und frei von Tumorbildung gilt. Hydren erneuern permanent ihr Gewebe, können Körperteile nachwachsen lassen oder aus einzelnen Zellen einen ganzen Organismus neu ausbilden.

    Stressbedingte Alterung liefert Antworten

    Die Arbeitsgruppe von Bert Hobmayer forscht am Institut für Zoologie der Universität Innsbruck schon lange an diesen Lebewesen, unter anderem wurden zuletzt die Entstehung ihrer Körperachse und der Differenzierungsweg ihrer Stammzellen beschrieben. Nun konnte das Innsbrucker Team die gesamte Erbinformation von Hydra oligactis mithilfe der neuesten DNA-Sequenzierungstechnologie, dem Oxford Nanopore Sequencing, bestimmen und analysieren. Dies war die letzte Hydrenart, deren Genom bisher noch nicht vollständig bekannt war. Die Ergebnisse sind deswegen so interessant, weil Hydra oligactis, im Gegensatz zu allen anderen Hydrenarten, Tumore ausbilden und sterben kann.

    „Die Hydra, die wir untersucht haben, stammt aus dem Piburger See in Tirol“, erzählt Bert Hobmayer. „Für unsere Analyse haben wir ein Exemplar ausgewählt, das besonders starke Anzeichen von stressbedingter Alterung gezeigt hat. Dieses Tier wurde im Labor klonal vervielfältigt. Nun, da wir das Genom von Hydra oligactis genau kennen, können wir viel präziser untersuchen, welchen Beitrag einzelne Gene zum stress-induzierten zellulären Altern in diesen Tieren leisten. Diese molekularen Prozesse können wir dann vergleichend in anderen Arten untersuchen, deren Zellen nicht altern und die nicht sterben.“

    Genetische Mechanismen entschlüsselt

    Die Arbeit der Innsbrucker Forscher*innen war Teil eines internationalen Projektes unter der Leitung von Celina Juliano an der University of California in Davis, dessen Ergebnisse letzte Woche als Cover-Story im Fachjournal Genome Research veröffentlicht wurden. Ein internationales Team hat darin zum ersten Mal in umfassender Weise die Prinzipien der Genregulation in Hydren untersucht.

    Die Stammzellen des Süßwasserpolypen sind bereits eingehend erforscht worden und liefern wertvolle Informationen dazu, wie Gewebezellen sich aus Stammzellen differenzieren. Allerdings war bisher nur wenig über die genetischen Mechanismen bekannt, durch die diese Stammzellen sich erhalten und sich ausdifferenzieren.

    Das Forschungsteam hat nun das Wissen um den genetischen Aufbau verschiedener Hydrenarten grundlegend erweitert. Neben Hydra oligactis wurde auch das Genom einer weiteren Hydrenart sequenziert, die Genaktivierung einzelner Zellen untersucht und katalogisiert, sowie das gesamte Epigenom von Hydra analysiert. Mit dem Epigenom sind chemische Markierungen und Modifikationen an der DNA gemeint, die auch umweltbedingt auftreten können. Diese beeinflussen, welche Gene häufiger ausgelesen werden und welche seltener. Damit hat das Epigenom eine große Auswirkung auf die Entwicklung von Zellen und von Krankheiten wie z.B. Krebs. Die gewonnenen Daten bilden eine wichtige Grundlage, um die Stammzellen, die Regeneration und das Altern der Hydren weiter zu erforschen


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Bert Hobmayer
    Institut für Zoologie
    Technikerstr. 25
    6020 Innsbruck
    Telefon: +43 512 507-51840
    E-Mail: bert.hobmayer@uibk.ac.at


    Originalpublikation:

    Cazet JF, Siebert S, Little HM, Bertemes P, Primack AS, Ladurner P, Achrainer M, Fredriksen MT, Moreland RT, Singh S, Zhang S, Wolfsberg TG, Schnitzler CE, Baxevanis AD, Simakov O, Hobmayer B, Juliano CE. A chromosome-scale epigenetic map of the Hydra genome reveals conserved regulators of cell state.Genome Res. 2023 Feb;33(2):283-298. doi: 10.1101/gr.277040.122.


    Weitere Informationen:

    http://www.uibk.ac.at/de/newsroom/2022/stammzellen-auf-der-unmoglichen-treppe/ Hydrenforschung: Differenzierungsweg von Stammzellen
    http://www.uibk.ac.at/de/newsroom/2022/hippo-und-die-hydra/ Hydrenforschung: Bildung der Körperachse
    http://www.uibk.ac.at/cmbi/ Forschungsschwerpunkt für Molekulare Biowissenschaften
    http://www.uibk.ac.at/zoology/ Institut für Zoologie


    Bilder

    Eine knospende Hydra unter dem Mikroskop
    Eine knospende Hydra unter dem Mikroskop

    Bert Hobmayer

    Die verwendete Sequenzierungsmaschine ist so kompakt, dass sie auf eine Handfläche passt
    Die verwendete Sequenzierungsmaschine ist so kompakt, dass sie auf eine Handfläche passt

    Bert Hobmayer


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Eine knospende Hydra unter dem Mikroskop


    Zum Download

    x

    Die verwendete Sequenzierungsmaschine ist so kompakt, dass sie auf eine Handfläche passt


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).