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04.06.2004 14:09

Universität Stuttgart kritisiert Gesetzentwurf zum Hochschulgesetz

Ursula Zitzler Stabsstelle Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart

    Ausrichtung an Organisationsformen der Wirtschaft inakzeptabel - Selbstbestimmung der Universität gravierend gestört - Entmachtung des Senats kann nicht hingenommen werden - Verwaltungsrat wird vermisst

    Die Universität Stuttgart ist in wesentlichen Punkten nicht mit dem Entwurf zur Änderung des Hochschulgesetzes einverstanden. In einer von einer Senatskommission erarbeiteten Stellungnahme wird betont, dass der Gesetzentwurf zwar den Reformbedarf in verschiedenen Bereichen des Hochschulwesens berücksichtigt. Diesem Bedarf entspricht der vorliegende Gesetzentwurf in vielen Punkten, insbesondere bei der Übertragung von Zuständigkeiten (beispielsweise Berufungen) vom Ministerium auf die Hochschulen und der Stärkung der Finanzautonomie der Hochschulen in einigen Bereichen.
    Inakzeptabel ist für die Universität Stuttgart jedoch die Ausrichtung an Organisationsformen der Wirtschaft, die dem traditionell kollegial geprägten Charakter der Universität widerspricht. "Die Fachkompetenz der Wissenschaftler darf nicht durch externe Einflussnahme ersetzt werden", hebt Rektor Prof. Dieter Fritsch hervor.
    Probleme sieht die Universität besonders in den Bereichen der Hochschulautonomie, der akademischen Kollegialität, der Qualitätssicherung sowie der Gleichstellung von Frau und Mann. Zudem fordert die Universität Stuttgart eine Experimentierklausel, die dem Gesetz vorangestellt werden soll.

    1. Hochschulautonomie
    Als "gravierend gestört" wird in der Stellungnahme die Selbstbestimmung der Universität durch §20 (3) gesehen, wonach die Zahl der externen Mitglieder im Aufsichtsrat die der internen übersteigen muss. Als "skandalös" wird auch das Auswahlverfahren für die Mitglieder des Aufsichtsrats bezeichnet, das eine Beteiligung des amtierenden Aufsichtsrats an der Auswahl neuer Aufsichtsratsmitglieder vorsieht: Hier werden eigens Befangenheitsregeln des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes außer Kraft gesetzt, damit sich Mitglieder des bisherigen Aufsichtsrats selbst zur Wiederwahl vorschlagen und an der Abstimmung teilnehmen können. Als "schwere Einschränkung" wertet man die Regelung, dass das Wissenschaftsministerium die Leistungen in Forschung und Lehre in einem Hochschulvertrag einseitig festlegen und Weisungen beim Zusammenwirken von Hochschulen erteilen kann. "Ein Diktat des Hochschulvertrags durch das Wissenschaftsministerium kann keinesfalls akzeptiert werden", heißt es in dem Papier.

    2. Akademische Kollegialität
    Das Gesetz stärkt die universitären Leitungsstrukturen, in dem es die Befugnisse von Aufsichtsrat, Vorstand und Fakultätsvorständen überdimensional aufwertet. Damit wird die Solidarität der universitären Gemeinschaft gestört. Durch die Abschaffung des erweiterten Fakultätsrates wird der Einfluss der meisten hauptberuflichen Professoren im Fakultätsrat auf Beratungsfunktionen beschränkt. Dies mindert deren Interesse an der Mitarbeit in der Universität, schafft Professoren verschiedener Klassen und spaltet so die Fakultäten. Kritisiert wird auch, dass Senat und Fakultäten Einfluss auf die Berufung neuer Kolleginnen und Kollegen verlieren. "Die Entmachtung des Senats kann nicht hingenommen werden. Der Gesetzesentwurf ignoriert die bewährte Gruppenrepräsentanz in den Gremien", wird in der Stellungnahme hervorgehoben. Bedauert wird in diesem Zusammenhang auch die bereits nach dem jetzt gültigen Universitätsgesetz erfolgte Abschaffung des in Baden-Württemberg bewährten Verwaltungsrats, der "nach wie vor vermisst" wird.

    3. Qualitätssicherung
    Als "sachfremd und verwirrend" wird die vorgesehene Gleichsetzung der Bachelor- und Masterabschlüsse an Berufsakademien, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Universitäten bezeichnet. Diese bewirke eine für die Praxis nachteilige Nivellierung der Hochschullandschaft im Ausbildungsbereich ebenso wie die Aufweichung des Promo-tionsvorrechts der Universitäten. Zudem würden so die Bedürfnisse der Wirtschaft ignoriert. In der differenzierten Hochschullandschaft Deutschlands habe es sich bewährt, dass verschiedene Ausbildungsziele zu unterschiedlichen Qualifikationen führten. Und von der Einführung von Trimestern an Universitäten hält man nichts: "diese behindern die Forschung und stören die Synchronisierung der Studiengänge".

    4. Gleichstellung von Frau und Mann
    Nachholbedarf sieht die Universität Stuttgart bei der Gleichstellung von Frau und Mann. Gender Mainstreaming sei als Leitprinzip der Hochschule stärker zu verankern und durch Einbindung der Gleichstellungsbeauftragten in die Entscheidungsstrukturen zu berücksichtigen. Dazu gehöre auch die verpflichtende Stellungnahme zu Berufungsvorschlägen. Zudem müsse das Gleichstellungsprinzip auch beim Zugang zur Hochschule und beim Studium berücksichtigt werden. Ebenso ist die Vereinbarkeit von Familienpflichten mit Studium und wissenschaftlicher Tätigkeit explizit zu regeln.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    regional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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