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02.05.2023 11:09

Fortschreitender Klimawandel: Wäldern des Mittelmeerraums droht Versteppung

Marietta Fuhrmann-Koch Kommunikation und Marketing
Universität Heidelberg

    Mit dem Ziel, die Konsequenzen des menschengemachten Klimawandels für mediterrane Ökosysteme vorherzusagen, haben Geowissenschaftler der Universität Heidelberg natürliche Klima- und Vegetationsschwankungen der vergangenen 500.000 Jahre untersucht. Dazu analysierten sie fossile Pollen, die in einem Sedimentkern aus Griechenland erhalten geblieben sind. Ihre Untersuchungen legen nahe, dass bei anhaltender Trockenheit – wie sie aktuelle Klimamodellierungen vorhersagen – in der nahen Zukunft mit einer Versteppung der Wälder im Mittelmeerraum zu rechnen ist.

    Pressemitteilung
    Heidelberg, 2. Mai 2023

    Fortschreitender Klimawandel: Wäldern des Mittelmeerraums droht Versteppung
    Heidelberger Geowissenschaftler untersuchen natürliche Schwankungen des Klimas der vergangenen 500.000 Jahre

    Mit dem Ziel, die Konsequenzen des menschengemachten Klimawandels für mediterrane Ökosysteme vorherzusagen, haben Geowissenschaftler der Universität Heidelberg natürliche Klima- und Vegetationsschwankungen der vergangenen 500.000 Jahre untersucht. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wie sich diese Schwankungen auf die Wälder im Mittelmeerraum ausgewirkt haben. Dazu analysierten die Forscher um Dr. Andreas Koutsodendris fossile Pollen, die in einem Sedimentkern aus Griechenland erhalten geblieben sind. Ihre Untersuchungen deuten darauf hin, dass bei anhaltender Trockenheit – wie sie aktuelle Klimamodellierungen vorhersagen – in der nahen Zukunft mit einer Versteppung der Wälder im Mittelmeerraum zu rechnen ist.

    Die Wälder des Mittelmeerraums sind nicht nur Biodiversitäts-Hotspots, sondern erbringen auch wichtige Ökosystemleistungen. So schützen sie den Boden vor Erosion, regulieren die regionalen klimatischen und hydrologischen Bedingungen und fungieren als Nahrungs- und Holzlieferanten. „Weil sie sehr sensibel auf klimatische Veränderungen reagieren, wächst angesichts des durch den Menschen verursachten CO2-Ausstoßes und der damit verbundenen Erderwärmung die Sorge um ihren Fortbestand“, erklärt Dr. Koutsodendris. Er ist Mitglied in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Jörg Pross, die am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg zur Umwelt- und Ökosystemdynamik der Erde forscht.

    Um nachzuvollziehen, wie mediterrane Wälder in der Vergangenheit auf klimatische Veränderungen reagiert haben, entnahmen die Heidelberger Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Griechenland und Großbritannien Bohrkerne in Tenaghi Philippon – einem terrestrischen Klimaarchiv im Nordosten Griechenlands –, die den Zeitraum der vergangenen 500.000 Jahre lückenlos umfassen und in denen fossile Pollenkörner erhalten geblieben sind. Die über die Pollenkörner gewonnenen Informationen zur Vegetationsentwicklung während dieser Zeit wurden in Beziehung gesetzt mit geochemischen Daten zu den zeitgleichen Niederschlagsschwankungen. Die Ergebnisse des Teams um Dr. Koutsodendris zeigen, dass sich mediterrane Waldlandschaften in der Vergangenheit innerhalb weniger Jahrzehnte in Steppen verwandelten, sobald bestimmte Schwellen an Niederschlägen unterschritten wurden.

    Mithilfe ökologischer Modelle gingen die Wissenschaftler außerdem der Frage nach, welche Faktoren dazu geführt haben könnten, dass sich die Niederschlagsverhältnisse änderten. Ihre Analysen zeigen, dass Änderungen im atmosphärischen CO2-Gehalt die Menge des Niederschlags im Mittelmeerraum beeinflussen. „In der Vergangenheit hat unter natürlichen Bedingungen ein Rückgang der Regenmenge um 40 bis 45 Prozent ausgereicht, um den plötzlichen Übergang von einer Wald- in eine Steppenlandschaft einzuläuten“, erklärt Dr. Koutsodendris. Diese Ergebnisse legen nahe, dass den Wäldern des Mittelmeerraums eine solche Verwandlung schon in naher Zukunft bevorstehen könnte, so der Heidelberger Geowissenschaftler, wenn keine Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen werden.

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Land Hessen im Rahmen der Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz und die Wilhelm-Schuler-Stiftung haben die Forschungsarbeiten gefördert. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

    Kontakt:
    Universität Heidelberg
    Kommunikation und Marketing
    Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
    presse@rektorat.uni-heidelberg.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Andreas Koutsodendris
    Institut für Geowissenschaften
    Telefon (06221) 54-6027
    andreas.koutsodendris@geow.uni-heidelberg.de


    Originalpublikation:

    A. Koutsodendris, V. Dakos, W. J. Fletcher, M. Knipping, U. Kotthoff, A. M. Milner, U. C. Müller, S. Kaboth-Bahr, O. A. Kern, L. Kolb, P. Vakhrameeva, S. Wulf, K. Christanis, G. Schmiedl, J. Pross: Atmospheric CO2 forcing on Mediterranean biomes during the past 500 kyrs. Nature Communications 14, 1664 (25 March 2023), https://doi.org/10.1038/s41467-023-37388-x


    Weitere Informationen:

    http://www.geow.uni-heidelberg.de/forschungsgruppen/pross – Forschungsgruppe Palynologie und Paläoumweltdynamik


    Bilder

    Etwa 400.000 Jahre alte Pollenkörner aus Tenaghi Philippon. Aufgrund ihrer guten Erhaltungsfähigkeit bleiben sie in Bohrkernen überliefert und ermöglichen die Rekonstruktion von Vegetations- und Klimaveränderungen in der erdgeschichtlichen Vergangenheit.
    Etwa 400.000 Jahre alte Pollenkörner aus Tenaghi Philippon. Aufgrund ihrer guten Erhaltungsfähigkeit ...

    Ulrich Kotthoff


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften, Meer / Klima
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Etwa 400.000 Jahre alte Pollenkörner aus Tenaghi Philippon. Aufgrund ihrer guten Erhaltungsfähigkeit bleiben sie in Bohrkernen überliefert und ermöglichen die Rekonstruktion von Vegetations- und Klimaveränderungen in der erdgeschichtlichen Vergangenheit.


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