Am 17. Mai 2023 ist Welthypertonietag. Bluthochdruck ist in Deutschland die Volkskrankheit Nummer 1. Die Deutsche Hochdruckliga ermutigt Ärztinnen und Ärzten daher dazu, an dem Thema „dranzubleiben“, und besonders genau hinzuschauen. Denn manchmal verbirgt sich hinter Normalwerten in der Arztpraxis eine maskierte Hypertonie. Auch bei der „Weißkittelhypertonie“ sollte man sich nicht in falscher Sicherheit wägen. Ebenso wichtig wie die Diagnostik ist das Therapiemonitoring, um Folgekrankheiten zu vermeiden.
Wenn eine Krankheit den Namen „Volkskrankheit“ verdient, ist es Bluthochdruck (Hypertonie). Sie betrifft schon heute ein Drittel der deutschen Bevölkerung. Mit dem demografischen Wandel wird dieser Anteil weiter steigen, denn die Häufigkeit der Erkrankung steigt mit dem Alter. Bei den über 60-Jährigen ist im Durchschnitt sogar jeder Zweite betroffen. Noch hat erst ein Teil der „Babyboomer-Generation“ (sie umfasst die Geburtenjahrgänge zwischen 1955 und 1964) diese Altersgrenze überschritten, in den nächsten fünf Jahren wird also rein rechnerisch der Anteil der Menschen mit Bluthochdruck noch einmal steigen. Zumal auch unter jungen Menschen, sogar unter Kindern und Jugendlichen, die Erkrankungsrate kontinuierlich steigt.
Die Folgen von Bluthochdruck sind nicht zu unterschätzen: Die Hälfte aller Schlaganfälle und Herzinfarkte gehen auf sein Konto, außerdem kann die Behandlung von Bluthochdruck auch das Risiko für Nierenkrankheiten, Erblindung und Demenz senken. Die rechtzeitige Diagnose und konsequente Therapie von Bluthochdruck erspart somit viel persönliches Leid und würde sich auch gesundheitsökonomisch auszahlen.
Blutdruck normal? Diese „diagnostischen Fallstricke“ sollten Hausärztinnen und Hausärzte kennen!
Die Betroffenen sind jedoch oft gar nicht so einfach zu identifizieren. Nicht immer ist es so, wie es scheint. Ca. 15 Prozent der Patientinnen und Patienten leiden unter einer maskierten Hypertonie. Die Werte sind in der Arztpraxis noch gerade so normal, häufig auch schon hochnormal, schnellen aber zu Hause, insbesondere nachts, in die Höhe. Die Ursachen dieses oft unbekannten, aber tückischen Phänomens werden weiter erforscht. Häufig betrifft diese Form der Hypertonie Menschen mit hohem beruflichem oder privatem Stresslevel, oft auch im jüngeren Lebensalter, so viel weiß man aus entsprechenden Studien [1, 2]. Zur Diagnose sind regelmäßige protokollierte Selbstmessungen erforderlich, die mit den Werten aus der Arztpraxis abgeglichen werden können. Letztendlich kann nur eine 24-Stunden-Messung endgültigen Aufschluss geben. „Wir raten Medizinerinnen und Medizinern dazu, bei Menschen mit hochnormalen Werten, die bestimmte Risikofaktoren aufweisen – von Übergewicht bis hin zu Stress –, stutzig zu werden und sicherheitshalber eine 24-Stunden-Messung durchzuführen. Gerade bei jungen Menschen mit maskierter Hypertonie ist, wenn sie nicht behandelt werden, das Lebenszeitrisiko für Endorganschäden extrem hoch. Die Hartnäckigkeit von Ärztinnen und Ärzten kann Leben retten, unser Appell lautet daher ‚Dranbleiben, bitte!‘“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Hochdruckliga, Prof. Dr. Markus van der Giet.
Ein weiteres Phänomen, bei dem das „Dranbleiben“ gefragt ist, ist die sog. Weißkittelhypertonie. Dabei sind die Blutdruckwerte bei der Messung in der Arztpraxis erhöht, sonst normal. Also völlig harmlos, dachte man bisher. Doch eine aktuelle Studie aus Italien [3] zeigt, dass das nicht der Fall ist: Menschen mit Weißkittelhypertonie haben eine doppelt so hohe kardiovaskuläre Sterblichkeit wie blutdruckgesunde Menschen, auch ihre Gesamtsterblichkeit ist erhöht. Die Studie liefert zugleich eine Erklärung für dieses Langzeitrisiko: Die Auswertung ergab, dass Menschen mit bestehender „Weißkittelhypertonie“ zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Studie zehn Jahre später viel häufiger eine dauerhafte Bluthochdruckerkrankung haben als jene ohne anfängliche ‚Weißkittelhypertonie‘. Ihr Risiko für eine arterielle Hypertonie war doppelt so hoch. „Patientinnen und Patienten mit Weißkittelhypertonie müssen wir also nachverfolgen, denn wir dürfen den Zeitpunkt nicht verpassen, an dem sie in eine ‚echte‘ Hypertonie übergehen“, erklärt Prof. van der Giet weiter.
Auch ganz grundsätzlich rät er immer zur genauen Abklärung. „Hinter Schwindel oder Kopfschmerzen, zwei häufige Symptome, wegen derer Menschen ärztlichen Rat einholen, steckt oft ein zu hoher Blutdruck. Die Blutdruckmessung sollte daher die erste diagnostische Maßnahme sein.“
Wichtig: Konsequentes Therapiemonitoring, mit Fokus auf die Adhärenz
Ist die Diagnose gestellt und eine medikamentöse Therapie initiiert, ist der Fall aber längst nicht erledigt. Bluthochdruck bedarf als chronische Erkrankung einer dauerhaften Versorgung und Zuwendung. Wichtig ist, dass die Blutdruckwerte regelmäßig überprüft werden. Daher ist es wichtig, dass Ärztinnen/Ärzte die Betroffenen zur regelmäßigen und konsequenten Blutdruckselbstmessung ermuntern. Eine aktuelle Studie [4] mit über 1.300 Patientinnen und Patienten hat jüngst gezeigt, dass die Blutdruckselbstmessung eine genauso hohe Aussagekraft im Hinblick auf das kardiovaskuläre Risiko hat wie die 24-Stunden-Messung, die medikamentöse Therapie also daran ausgerichtet werden kann. Trotzdem sollte zur Diagnosestellung auch eine Langzeitmessung erfolgen, um z.B. nächtliche Blutdruckspitzen auszuschließen oder auch eine maskierte Hypertonie. Nur eine adäquate Blutdrucksenkung kann das Risiko für gefährlichen Folgeerkrankungen senken.
Bei schlecht eingestellten Betroffenen sollte der Blick auf die Therapietreue gerichtet werden – um sie dauerhaft aufrecht zu erhalten, sind regelmäßige Beratungsgespräche erforderlich. Ein wichtiger Faktor für die Adhärenz ist zudem die Tablettenlast, auch bei Erstmanifestation sind daher sog. „single pills“ zur Blutdrucksenkung der Therapiestandard und, wie eine aktuelle Studie [5] zeigte, auch Outcome-relevant.
Für die regelmäßige Beratung der Betroffenen bietet die Deutsche Hochdruckliga umfangreiches Informations- und Servicematerial – von Blutdruckpässen über die Anleitung zur Selbstmessung bis hin zu Broschüren zu verschiedenen Themen – an, das Ärztinnen und Ärzte von der Deutschen Hochdruckliga beziehen können unter https://www.hochdruckliga.de/info-shop/mediziner.
[1] Munakata M. Clinical significance of stress-related increase in blood pressure: current evidence in office and out-of-office settings. Hypertens Res. 2018 Aug;41(8):553-569. doi: 10.1038/s41440-018-0053-1. Epub 2018 May 29. PMID: 29808034.
[2] Boucher P, Gilbert-Ouimet M, Trudel X et al. Masked hypertension and effort-reward imbalance at work among 2369 white-collar workers. J Hum Hypertens. 2017 Oct;31(10):620-626. doi: 10.1038/jhh.2017.42. Epub 2017 Jun 22. PMID: 28639611.
[3] Mancia G et al. White-Coat Hypertension Without Organ Damage: Impact on Long-Term Mortality, New Hypertension, and New Organ Damage. Hypertension. 2022 May; 79 (5): 1057-1066
[4] Narita K, Hoshide S, Kario K. Association of Home and Ambulatory Blood Pressure With Cardiovascular Prognosis in Practice Hypertensive Outpatients. Hypertension. 2023 Feb;80(2):451-459
[5] Schmieder RE, Wassmann S, Predel HG et al. Improved Persistence to Medication, Decreased Cardiovascular Events and Reduced All-Cause Mortality in Hypertensive Patients With Use of Single-Pill Combinations: Results From the START-Study. Hypertension. 2023 Mar 29. doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.122.20810
Anhang zur Pressemeldung
- Grafik Broschüre Maskierte Hypertonie
- Grafik Folgekrankheiten Bluthochdruck
- Grafik Präventionskampagne #dranbleiben
- Logo Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL®
Diese Materialien finden Sie in der digitalen Pressemappe im Pressebereich: https://www.hochdruckliga.de/presse/pressemappen
Pressestelle
Dr. Bettina Albers
Jakobstraße 38
99423 Weimar
albers@albersconcept.de
Telefon: 03643/ 776423
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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