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03.05.2023 09:52

Berliner Wissenschaftspreis für zwei Forscherinnen der TU Berlin

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Bénédicte Savoy und Anja Maria Wagemans: große Verdienste um Raubkunst und Kulturgutverlagerungen sowie um die Entwicklung innovativer Lebensmittel für die Zukunft

    Einen besonders großen Erfolg konnte die TU Berlin am 2. Mai 2023 verzeichnen: Sowohl der Hauptpreis als auch der Nachwuchspreis des renommierten Berliner Wissenschaftspreises des Regierenden Bürgermeisters wurden an zwei ihrer Wissenschaftlerinnen verliehen. Ausgezeichnet wurde die international hochangesehene Kunsthistorikerin Prof. Dr. Bénédicte Savoy, die zu historischen Verlagerungen von Kulturgütern forscht und eine führende Rolle in den aktuellen Debatten zu Sammlungsgeschichte und Restitution einnimmt. Den Nachwuchspreis erhielt die Lebensmitteltechnologin und Juniorprofessorin Dr. Anja Maria Wagemans, die mit ihrem Team an neuartigen Biomaterialien forscht. Insbesondere entwickelt sie innovative und nachhaltige vegane beziehungsweise vegetarische Lebensmittel. Der Berliner Wissenschaftspreis ist mit 40.000 Euro dotiert, der Nachwuchspreis mit 10.000 Euro.

    „Es ist mir eine große Freude, den Berliner Wissenschaftspreis 2022 an zwei Wissenschaftlerinnen zu verleihen, die mit ihrer Forschung Meilensteine erzielen und neue gesellschaftliche Impulse setzen.
    Bénédicte Savoy leistet einen entscheidenden Beitrag zur Aufarbeitung europäischer Kolonialgeschichte und zu einer aufgeklärten Kulturpolitik. Sie hat mit ihrer Forschung nicht nur historisch wichtige Erkenntnisse zu Kunstraub und der deutschen wie französischen Museumspraxis geliefert, sondern eine längst überfällige Debatte angestoßen. Dies hat maßgeblich zu einem Umdenken im Umgang mit ausgestellten Raubgütern in Europa beigetragen: Vielerorts werden Objekte nun in ihr Ursprungsland zurückgegeben. Ich freue mich, dass sie Berlin als ihre Heimat gewählt hat und mit ihrer Forschungsarbeit die wissenschaftliche Landschaft der Stadt bereichert“, erklärte der neue Regierende Bürgermeister Kai Wegner, der den Preis an die Wissenschaftlerinnen übergab. Die Verleihung des Berliner Wissenschaftspreises war eine seiner ersten Amtshandlungen. Mit diesem Preis sollen in Berlin entstandene hervorragende wissenschaftliche Leistungen zielgerichtet gefördert werden, um damit auch eine Basis für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Hauptstadt zu schaffen. So spielt neben der Exzellenz auch die mögliche praktische Umsetzung der Forschung eine ausschlaggebende Rolle. Mit dem Nachwuchspreis werden innovative Forschungsansätze in einem Berliner Zukunftsfeld mit besonderem Nutzen für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Berlin gewürdigt. Die Jury setzt sich aus den für Wissenschaft und Forschung zuständigen Mitgliedern des Senats, dem Präsidenten der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Dr. Christoph Markschies, sowie bis zu neun weiteren herausragenden Wissenschaftler*innen zusammen.

    „Gleich beide Wissenschaftspreise des Regierenden Bürgermeisters von Berlin gehen in diesem Jahr an die TU Berlin. Das ist eine großartige Anerkennung für die beiden Forscherinnen Bénédicte Savoy und Anja Maria Wagemans und eine große Ehre für unsere gesamte Universität. Ich freue mich deshalb doppelt und gratuliere herzlich. Bénédicte Savoy mit ihrer international führenden Rolle zur Restitution von Kulturgütern und Anja Maria Wagemans mit ihrem Schwerpunkt auf neuartige Biomaterialien zeigen das große Themenspektrum der TU Berlin auf. Beide Personen sind Vorbilder, nicht nur als Forscherinnen und Hochschullehrerinnen, sondern auch als Wissenschaftsmanagerinnen“, so Prof. Dr. Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität Berlin.

    Analytische Präzision und unkonventionelles Denken

    „Mit Bénédicte Savoy erhält eine international hochangesehene Kunsthistorikerin und Provenienzforscherin den Berliner Wissenschaftspreis“, so Prof. Dr. Peter-André Alt, der die Laudatio hielt. „Als engagierte Intellektuelle und unbestechliche Aufklärerin hat sie uns die Augen geöffnet für die dunklen Seiten der nationalen Kulturgeschichte im Zeichen von Raubkunst und widerrechtlicher Aneignung. Sie verbindet in ihren Arbeiten analytische Präzision mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für ein unkonventionelles Denken, das Wissenschaft in die Lage versetzt, traditionelle Einschätzungen kritisch zu überprüfen und dadurch neue Wege zu erschließen.“ Peter-André Alt war bis 2018 Präsident der Freien Universität Berlin und bis Ende März 2023 Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. Anfang April 2023 übernahm der Literaturwissenschaftler die Geschäftsführung der Wübben Wissenschaftsstiftung gGmbH.

    „Der Berliner Wissenschaftspreis ist mir eine besondere Ehre und Verantwortung“, betonte Bénédicte Savoy in ihrer Dankesrede. Die unermüdliche Streiterin für einen einvernehmlichen und fairen, ethisch verantwortungsvollen und von den Ursprungsländern bestimmten Umgang mit kolonialzeitlich entwendeten Kulturgütern befasst sich mit ihrem Team aktuell intensiv mit den entwendeten Kulturgütern der ehemaligen deutschen Kolonie Kamerun.

    Atlas der Abwesenheit – Kameruns Kulturerbe in Deutschland

    Anfang Juni 2023 erscheint ihre aktuelle Publikation zum materiellen Erbe Kameruns in deutschen Museen, ein Gemeinschaftswerk mit Partnern von der Université de Dschang in Kamerun. Mehr als 40.000 Objekte aus der ehemaligen Kolonie – unter anderem Waffen, Musikinstrumente, Statuen, Alltagsgegenstände, Handschriften und Schmuck – werden heute in öffentlichen Museen der Bundesrepublik Deutschland aufbewahrt – der größte Bestand weltweit. Diese Erkenntnis ist eines der zentralen Ergebnisse des kamerunisch-deutschen Forschungsvorhabens zur Kulturgutverlagerung ‚Umgekehrte Sammlungsgeschichte‘, das von der DFG gefördert wird. Es erforscht auch, was die Abwesenheit des Kulturerbes für Kamerun bedeutet. Entstanden ist ein „Atlas der Abwesenheit“ mit Karten, Schaubildern und Grafiken, Fotos der Objekte und Biografien der damaligen Akteure.
    Webseite: http://www.tu.berlin/go59293/

    Die Preisträgerin Prof. Dr. Bénédicte Savoy

    Die international renommierte und vielfach ausgezeichnete Kunsthistorikerin und Leiterin des Fachgebiets Kunstgeschichte der Moderne der TU Berlin ist unter anderem Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie der französischen Ehrenlegion. Sie veröffentlichte zahlreiche Publikationen. Als Expertin für „Translokationen“ von Kunstwerken wurde sie 2018 zusammen mit dem senegalesischen Wissenschaftler Prof. Dr. Felwine Sarr vom französischen Staatpräsidenten Emmanuel Macron beauftragt, Empfehlungen für den Umgang mit Kulturgegenständen aus den ehemaligen afrikanischen Kolonien zu erarbeiten. Es entstand der sogenannte Restitutionsbericht „Rapport sur la restitution du patrimoine culturel africain. Vers une nouvelle éthique relationnelle“. Frankreich gab daraufhin als erster europäischer Staat 26 Objekte, darunter monumentale Statuen aus dem Königspalast von Abomey, an die Republik Benin zurück. Auch die Rückgaben wertvoller Kulturgüter durch Deutschland an Nigeria 2022 sind unmittelbar auf die Forschung von Bénédicte Savoy und auf die von ihr angestoßenen Debatten um Kunstraub und Kulturgutverlagerungen zurückzuführen.

    In den vergangenen Jahren erhielt Bénédicte Savoy zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen wie 2016 den höchstdotierten deutschen Forschungspreis, den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis. Das amerikanische Time Magazine zählte sie 2021 zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt. Eine der jüngsten Auszeichnungen war die Verleihung des Kulturpolitikpreises 2022 des Deutschen Kulturrates.

    Der Nachwuchspreis: Lebensmittel der Zukunft aus pflanzlichen, mikrobiellen Biopolymeren – Prof. Dr. Anja Maria Wagemans treibt Berlins Wissenschaft voran

    Das Ziel der ausgezeichneten Nachwuchsforscherin und Lebensmitteltechnologin Anja Maria Wagemans, Jahrgang 1987, ist es, die Strukturbildung von alternativen pflanzlichen und mikrobiologischen Biopolymeren aufzuklären. Der Schwerpunkt liegt dabei auf hochfunktionellen und neuartigen Proteinen und Polysachariden. Diese Hauptkomponenten vieler Lebensmittel haben einen bedeutenden Einfluss auf deren Technofunktionalität, und ihre Struktur und Funktionalität sind modifizierbar. Sie können zudem aus alternativen Ressourcen für nachhaltigere Produkte gewonnen werden. Ein besonderer Fokus bei den Lebensmittelinnovationen der Forscherin und ihrem Team liegt aktuell im Bereich von kultiviertem Fleisch und pflanzenbasierten Milch-, Fisch- und Fleischalternativen. Die Ergebnisse ihrer Forschung hat Anja Maria Wagemans bereits in vielen exzellenten Veröffentlichungen in renommierten Fachzeitschriften und Vorträgen dokumentiert.

    Ebenso gelang es Anja Maria Wagemans – ein wichtiges Kriterium für die Verleihung des Nachwuchspreises – in kurzer Zeit zahlreiche wissenschaftliche Kollaborationen aufzubauen, zum Beispiel mit den Niederlanden und mit Brasilien. Auch konnte sie eine starke Vernetzung mit kleinen und mittleren Unternehmen sowie mit Berliner Startups etablieren. Die Juniorprofessur Anja Maria Wagemans für das Fachgebiet Food Colloids / Lebensmittelbiowissenschaften wurde bereits erfolgreich zwischenevaluiert. In ihrer weiteren Arbeit plant sie in Zusammenarbeit mit Expert*innen unter anderem aus Mikrobiologie, Verfahrenstechnik und dem Bereich Künstliche Intelligenz die Entwicklung innovativer Lebensmittel weiter voranzutreiben.
    Webseite: http://www.tu.berlin/foodcolloids

    Weiterführende Informationen / Foto-Download

    • Ein aktuelles Interview mit Anja Maria Wagemans lesen Sie unter: https://www.tu.berlin/go219967/
    • Pressefotos der Preisträgerinnen finden Sie unter: https://www.tu.berlin/go219964/

    Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
    Stefanie Terp
    TU Berlin
    Leiterin der Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
    Chief Communication Officer und Pressesprecherin
    Tel.: 030 314-23922
    E-Mail: pressestelle@tu-berlin.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Kulturwissenschaften, Kunst / Design
    überregional
    Personalia, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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