Die Anzahl von Qubits in supraleitenden Quantencomputern ist in den letzten Jahren rasch gestiegen. Weiteres Wachstum ist aber durch die notwendige extrem kalte Betriebstemperatur begrenzt. Durch die Verbindung mehrerer kleinerer Prozessoren könnten größere, rechenstärkere Quantencomputer geschaffen werden, was allerdings neue Herausforderungen mit sich bringt. Ein Team unter der Leitung von Rishabh Sahu, Liu Qiu und Johannes Fink vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) hat nun zum ersten Mal die Quantenverschränkung zwischen optischen und Mikrowellenphotonen nachgewiesen, die den Grundstein für ein solches zukünftiges Quantennetzwerk legen könnte.
Quantencomputer versprechen, Lösungen für schwierige Aufgaben in den Materialwissenschaften und der Kryptographie zu finden, die selbst für die leistungsfähigsten konventionellen Supercomputer in Zukunft unerreichbar bleiben werden. Wegen der erforderlichen Fehlerkorrektur sind dazu jedoch wahrscheinlich Millionen von qualitativ hochwertigen Qubits nötig.
Die Fortschritte bei den supraleitenden Prozessoren schreiten schnell voran und die Anzahl der Qubits liegt derzeit bei einigen hundert. Die Vorteile dieser Technologie liegen in der hohen Rechengeschwindigkeit und der Kompatibilität mit der Mikrochip-Fertigung. Jedoch begrenzen die notwendigen ultrakalten Betriebstemperaturen letztlich die Größe der Prozessoren und verhindert jeden physischen Zugriff, sobald sie abgekühlt sind.
Ein modularer Quantencomputer mit mehreren separat gekühlten Prozessoren könnte dieses Problem lösen. Einzelne Mikrowellenphotonen – die Lichtteilchen, die als Informationsträger zwischen supraleitenden Qubits innerhalb der Prozessoren fungieren – sind jedoch nicht geeignet, um bei Raumtemperatur zwischen den Prozessoren übertragen zu werden. Die Umgebung bei Raumtemperatur ist voller Wärmeenergie, welche die Mikrowellenphotonen und ihre fragilen Quanteneigenschaften wie Verschränkung leicht stören.
Forscher der Fink Gruppe am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) demonstrierten nun gemeinsam mit Kolleg:innen von der TU Wien und der Technischen Universität München einen wichtigen technologischen Schritt zur Überwindung dieser Herausforderungen. Sie verschränkten zum ersten Mal niederenergetische Mikrowellenphotonen mit hochenergetischen optischen Photonen. Ein solcher verschränkter Quantenzustand zweier Photonen ist die Grundlage, um supraleitende Quantencomputer über Verbindungen bei Raumtemperatur zusammenzuschalten. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Skalierung bestehender Quantenhardware, sondern wird auch benötigt, um Verbindungen zu anderen Quantencomputerplattformen sowie neuartige quantenverstärkte Messtechnologien zu realisieren. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Science veröffentlicht.
Rauschen wegkühlen
Rishabh Sahu, Postdoc in der Gruppe von Fink und einer der Erstautoren der neuen Studie, erklärt: „Ein großes Problem für jedes Qubit ist das Rauschen. Rauschen kann man sich als jede Störung des Qubits vorstellen. Eine der Hauptquellen für Rauschen ist die Wärmeenergie des Materials, aus dem das Qubit besteht.“
Wärmeenergie führt dazu, dass die Atome in einem Material sich schnell hin und her bewegen. Dies beeinträchtigt Quanteneigenschaften wie Verschränkung und würde Qubits für Berechnungen unbrauchbar machen. Um funktionsfähig zu bleiben, müssen die Qubits eines Quantencomputers daher von der Umgebung isoliert, auf extrem niedrige Temperaturen abgekühlt und in einem Vakuum gehalten werden, damit ihre Quanteneigenschaften erhalten bleiben.
Bei supraleitenden Qubits geschieht dies in einer speziellen zylindrischen Vorrichtung, die von der Decke herabhängt, dem sogenannten „Dilution Refrigerator“, in dem der „Quanten“-Teil der Berechnungen stattfindet. Die Qubits an seinem unteren Ende werden auf nur wenige Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt – etwa -273 Grad Celsius. Sahu fügt aufgeregt hinzu: „Damit sind diese Kühlschränke in unseren Labors die kältesten Orte im ganzen Universum, sogar kälter als der Weltraum selbst.“
Der Dilution Refrigerator muss die Qubits kontinuierlich kühlen, aber je mehr Qubits und dazugehörige Kabel hinzukommen, desto mehr Wärme wird erzeugt und desto schwieriger wird es, den Quantencomputer kühl zu halten. „Wissenschafter:innen sagen voraus, dass wir bei etwa 1.000 supraleitenden Qubits in einem einzelnen Quantencomputer an die Grenzen der Kühlung stoßen“, warnt Sahu. „Ein reines Vergrößern ist keine nachhaltige Lösung, um leistungsfähigere Quantencomputer zu bauen.“
Fink fügt hinzu: „Größere Maschinen sind in der Entwicklung, aber jedes Zusammenbauen und Abkühlen wird dann vergleichbar mit einem Raketenstart, bei dem man Probleme erst feststellt, wenn der Prozessor kalt ist, ohne die Möglichkeit, bei Problemen einzugreifen.“
Quantenwellen
„Wenn ein Dilution Refrigerator nicht ausreicht, um mehr als tausend supraleitende Qubits auf einmal zu kühlen, müssen wir mehrere kleinere Quantencomputer miteinander verbinden“, erklärt Liu Qiu, Postdoc in der Fink-Gruppe und ebenfalls Erstautor der neuen Studie. „Wir bräuchten ein Quantennetzwerk.“
Die Verbindung von zwei supraleitenden Quantencomputern mit jeweils einem eigenem Dilution Refrigerator kann aber nicht einfach mit einem elektrischen Kabel geschehen. Sie erfordert besondere Maßnahmen, um die Quanteneigenschaften der Qubits aufrechtzuerhalten.
Supraleitende Qubits arbeiten mit winzigen elektrischen Strömen, die sich in einem Stromkreis mit einer Frequenz von etwa zehn Milliarden Mal pro Sekunde hin und her bewegen. Sie interagieren mittels Mikrowellenphotonen – Lichtteilchen. Deren Frequenzen ähneln denen, die von Mobiltelefonen verwendet werden.
Das Problem ist, dass selbst eine geringe Menge Wärmeenergie einzelne Mikrowellenphotonen und ihre Quanteneigenschaften, die für die Verbindung der Qubits in zwei getrennten Quantencomputern erforderlich sind, leicht stören würde. Innerhalb eines Kabels außerhalb des Dilution Refrigerators würde die Wärme der Umgebung sie unbrauchbar machen.
„Anstelle der rauschanfälligen Mikrowellenphotonen, die wir für die Berechnungen im Quantencomputer benötigen, wollen wir optische Photonen mit viel höheren Frequenzen ähnlich dem sichtbaren Licht verwenden, um Quantencomputer miteinander zu vernetzen“, erklärt Qiu. Diese optischen Photonen sind die gleichen, die auch durch Glasfaserkabel geschickt werden, die Hochgeschwindigkeitsinternet zu uns nach Hause bringen. Jene Technologie ist gut erforscht und viel weniger anfällig für Störungen durch Wärmeenergie. Qiu fügt hinzu: „Die Herausforderung bestand darin, die Mikrowellenphotonen mit den optischen Photonen interagieren zu lassen und sie zu verschränken.“
Licht spalten
In ihrer neuen Studie verwendeten die Forscher eine besondere elektrooptische Vorrichtung: einen optischen Resonator aus einem nichtlinearen Kristall, der seine optischen Eigenschaften unter Einfluss eines elektrischen Feldes ändert. Ein Hohlraum mit Wänden aus supraleitendem Material umschließt den Kristall und verstärkt diese Wechselwirkung.
Sahu und Qiu nutzten einen Laser, um Milliarden optischer Photonen für den Bruchteil einer Mikrosekunde in den elektrooptischen Kristall zu schicken. Auf diese Weise spaltet sich ein optisches Photon in ein Paar neuer verschränkter Photonen auf: ein optisches Photon mit nur etwas weniger Energie als das ursprüngliche Photon und ein Mikrowellenphoton mit viel geringerer Energie.
„Die Herausforderung bei diesem Experiment bestand darin, dass die optischen Photonen etwa 20.000 Mal mehr Energie haben als die Mikrowellenphotonen“, erklärt Sahu. „Sie bringen eine Menge Energie und damit Wärme in das Gerät ein, welche dann die Quanteneigenschaften der Mikrowellenphotonen zerstören kann. Wir haben monatelang daran gearbeitet, das Experiment zu optimieren und die richtigen Messungen zu machen.“ Um dieses Problem zu lösen, bauten die Forscher einen supraleitenden Hohlraum, der größer als frühere Modelle ist. Dadurch wird nicht nur ein Zusammenbruch der Supraleitung vermieden, sondern das Gerät kann auch effektiver gekühlt und während der kurzen Zeitspanne der optischen Laserpulse kalt gehalten werden.
„Der Durchbruch besteht darin, dass die beiden Photonen, die das Gerät verlassen – das optische und das Mikrowellenphoton – verschränkt sind“, erklärt Qiu. „Dies wurde durch die Messung von Korrelationen zwischen den Quantenfluktuationen der elektromagnetischen Felder der beiden Photonen bestätigt, die stärker sind, als durch die klassische Physik erklärt werden kann.“
„Wir sind nun die ersten, die Photonen mit so unterschiedlichen Energieskalen verschränken konnten“, fügt Fink hinzu. „Dies ist ein wichtiger Schritt zum Aufbau eines Quantennetzwerks und auch für andere Quantentechnologien, wie zum Beispiel quantenverstärkte Messtechnologien.“
Projektförderung
Diese Projekt wurde vom Europäischen Forschungsrat (Grant Nr. 758053, ERC StG QUNNECT), dem Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramm der Europäischen Union (Grant Nr. 899354, FETopen SuperQuLAN; Grant Nr. 862644, FETopen QUARTET; Marie Sklodowska-Curie Grant Nr. 754411), dem ISTFELLOW Programm, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) durch BeyondC (Grant Nr. F7105) unterstützt.
Florian Schlederer
florian.schlederer@ista.ac.at
+43 664 88326174
Vektordateien in CMYK und RGB der Illustrationen von Mark Belan sind für die Verwendung in Print und Web erhältlich. Bitte kontaktieren Sie Florian Schlederer für Details.
R. Sahu, L. Qiu, W. Hease, G. Arnold, Y. Minoguchi, P. Rabl, J. M. Fink. 2023. Entangling microwaves with light. Science. DOI: 10.1126/science.adg3812
Qubits sind die grundlegenden Informationseinheiten von Quantencomputern. Sie verfügen über einzigar ...
Mark Belan/ISTA
Mark Belan/ISTA
Künstlerische Darstellung des Experiments mit dem Strahl optischer Photonen (rot) und den erzeugten ...
Eli Krantz, Krantz NanoArt
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Physik / Astronomie
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Forschungsergebnisse
Deutsch
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