idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.05.2023 16:00

Weitere Perlboote haben das Massenaussterben am Ende der Triaszeit überlebt.

Meike Rech Presse
Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart

    Paläontologe des Naturkundemuseums Stuttgart entdeckt eine neue urzeitliche Nautiliden-Art, Germanonautilus warthi.

    Das Ende der Triaszeit, vor 201 Millionen Jahren, gilt als eines der größten Massenaussterbe-Ereignisse in der Erdgeschichte. Als Hauptursache dieser Katastrophe für das Leben und die Evolution wird intensiver Vulkanismus in Sibirien vermutet. Dieser führte zu weltweiten klimatischen Turbulenzen und einer Versauerung des Meerwassers. Unter den Meeresbewohnern waren ganz besonders die Ammoniten und die Nautiliden, auch Perlboote genannt, betroffen. Bisher wurde angenommen, dass von beiden Gruppen nur jeweils eine einzige Gattung diese Krisenzeit überlebt hat und sich daraus eine neue Artenvielfalt entwickelt hat. Massiv erschüttert wird diese Vorstellung nun durch die Untersuchung und Neubewertung eines 185 Millionen Jahre alten, außergewöhnlichen Nautiliden aus dem mittleren Unterjura von Behla bei Donaueschingen. Das Fossil befindet sich bereits seit 1975 in der Sammlung des Naturkundemuseums Stuttgart. Dr. Günter Schweigert, Paläontologe am Naturkundemuseum Stuttgart, hat den fossilen Nautilus nun erforscht und in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie“ als neue Art Germanonautilus warthi beschrieben.

    Wertvolle neue Hinweise zur Evolution der Nautilien:
    Funde von Nautiliden sind generell wesentlich seltener als solche von Ammoniten und viele fossile Arten nur durch Zufallsfunde belegt. Umso wertvoller ist die Entdeckung von Germanonautilus warthi für die Fachwelt. Das Fossil revidiert das auf den amerikanischen Paläontologen und Nautiliden-Forscher Bernhard Kummel (1919–1980) zurückgehende Evolutions-Szenario an der Trias-Jura-Grenze aus den 1950iger Jahren. „Das Stück gehört eindeutig zu Germanonautilus, einer Gattung, die in der Triaszeit weltweit verbreitet war. Über einen Zeitraum von 15 Millionen Jahren fehlen jegliche Belege von Germanonautilus, aber die Gattung muss zusammen mit anderen Nautiliden irgendwo die Krise an der Trias-Jura-Grenze überdauert haben“, sagt Dr. Günter Schweigert. Die neue Art liefert daher wertvolle neue Hinweise zur Evolution der Nautiliden.

    Die Bedeutung des Funds blieb lange verborgen:
    Da das Fossil seinerzeit nicht präpariert war, wurde auch Germanonautilus warthi zunächst für einen Vertreter von Cenoceras gehalten, derjenigen Gattung, zu der damals fast alle Perlboote aus der Zeit des Unterjuras gestellt wurden. Der einst zuständige Kurator hatte den Fund bereits in den 1970iger Jahren bei Geländearbeiten gemacht und in die Sammlung eingeordnet. Da seit Jahrzehnten die jurassischen Nautiliden nicht wissenschaftlich bearbeitet wurden, blieb die Bedeutung des Funds bis jetzt verborgen. „Einige Gehäusemerkmale von Germanonautilus lassen auch darauf schließen, dass eine recht erfolgreiche Familie jüngerer Nautiliden der Jurazeit darin ihre direkten Wurzeln hat, doch vernebelte die tradierte Annahme, dass alle nachtriaszeitlichen Nautiliden auf Cenoceras zurückgehen, diese Sicht“, so Dr. Günter Schweigert.

    Der Paläontologe ist sich sicher, dass die neuen Erkenntnisse bei zukünftigen Untersuchungen zur Evolution der urzeitlichen und heutigen Meeresfauna wertvolle Hinweise geben können. Im Unterschied zu den Ammoniten haben die Nautiliden bis heute überlebt, sind aber aktuell stark durch Überfischung und Zerstörung ihrer Lebensräume bedroht.

    Für die Redaktionen

    Zur Benennung der neuen Art Germanonautilus warthi:
    Der Artname ehrt den Finder des Stücks, den früheren Mitarbeiter des Stuttgarter Naturkundemuseums, Dr. Manfred Warth.

    Das Naturkundemuseum Stuttgart:
    Das Naturkundemuseum Stuttgart ist ein zukunftsorientiertes Forschungs- und Kommunikationsinstitut. Seine Forschungssammlungen, die Archive der Vielfalt, beinhalten über 12 Millionen Objekte. Das Museum erforscht die Evolution des Lebens und analysiert die Artenvielfalt verschiedener Ökosysteme und vermittelt Forschungserkenntnisse an die breite Öffentlichkeit.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Günter Schweigert
    Naturkundemuseum Stuttgart
    Abteilung Paläontologie
    E-Mail: guenter.schweigert@smns-bw.de


    Originalpublikation:

    Schweigert, G. (2023): First record of Germanonautilus Spath, 1927 (Cephalopoda: Nautiloidea) from the Lower Jurassic (Pliensbachian) of SW Germany and its implications for the phylogeny of post-Triassic nautilids. – Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Abhandlungen, 308(1): 79-89; Stuttgart.
    DOI: https://doi.org/10.1127/njgpa/2023/1131
    Veröffentlicht: 09.05.2023


    Weitere Informationen:

    http://www.naturkundemuseum-bw.de


    Bilder

    Das versteinerte Perlboot Germanonautilus warthi aus der unterjurasssischen Numimalismergel-Formation von Behla bei Donaueschingen.
    Das versteinerte Perlboot Germanonautilus warthi aus der unterjurasssischen Numimalismergel-Formati ...
    Günter Schweigert
    SMNS, Günter Schweigert


    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung Germanonautilus warthi, SMNS

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Das versteinerte Perlboot Germanonautilus warthi aus der unterjurasssischen Numimalismergel-Formation von Behla bei Donaueschingen.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).