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07.06.2023 09:26

Fracking: eine Option für Deutschland? Wissenschaftsakademien benennen Chancen, Risiken, Ungewissheiten

Anja Lapac (Energiesysteme der Zukunft – ESYS) Geschäftsstelle
acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften

    Fracking in nicht konventionellen Lagerstätten wurde in Deutschland 2016 verboten und schien seitdem ad acta gelegt. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat jedoch neue Voraussetzungen für die deutsche Energiepolitik geschaffen und die Verfügbarkeit von Erdgas für Deutschland stark eingeschränkt. Wie das Gas ersetzen, das nicht mehr geliefert wird? Diese Frage wird auch in den kommenden Jahren für die deutsche Energieversorgung von Bedeutung sein. Könnte Fracking einen relevanten Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten? Das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) ordnet Chancen und Risiken von Fracking ein und benennt Ungewissheiten.

    Die Frage, ob und in welchem Umfang Fracking in nicht konventionellen Lagerstätten in Deutschland zur Versorgungssicherheit beitragen kann oder soll, erlebt durch den Wegfall der russischen Erdgaslieferungen eine für viele Menschen unerwartete Renaissance. Ein Anlass für das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS), einen Überblick zu geben. In dem Impuls „Fracking: eine Option für Deutschland? Chancen, Risiken und Ungewissheiten beim Fracking in nicht konventionellen Lagerstätten“ diskutieren Fachleute der gemeinsamen Initiative der Wissenschaftsakademien acatech, Leopoldina und Akademienunion, ob inländisches Fracking einen sinnvollen Beitrag zur deutschen Energieversorgung leisten könnte.

    Umweltrisiken und kurzfristiger Beitrag zu Versorgungssicherheit
    Mögliche Umweltrisiken bestimmten bisher die Debatte um Fracking. Die ESYS-Fachleute kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass diese Umweltschäden in Deutschland weitgehend vermieden werden könnten. Voraussetzung hierfür sind klare Auflagen zum Schutz der Umwelt und der Einsatz der besten verfügbaren Technik. Restrisiken für die Umwelt blieben jedoch bestehen.

    Potenzial zur Förderung von Erdgas aus deutschen Böden ist vorhanden: Schätzungsweise 6 bis 12 % des aktuellen jährlichen deutschen Erdgasverbrauchs könnten gefrackt werden. Bis dahin würden nach Einschätzung der Fachleute aber mindestens drei Jahre vergehen. Noch nicht eingerechnet ist dabei die Zeit, die es bräuchte, um das Fracking-Verbot politisch und gesellschaftlich zu verhandeln und gegebenenfalls abzuschaffen. Ein kurzfristiger Beitrag zur Versorgungssicherheit ist aus ihrer Sicht also nicht zu erwarten. Doch könnte Fracking über diesen Zeitraum hinaus zu einer bezahlbaren Energieversorgung bei zugleich sinkendem CO2-Ausstoß beitragen?

    Wirtschaftlichkeit und Beitrag zum Klimaschutz
    Fracking in Deutschland könnte die Versorgungssicherheit mittel- und langfristig in einem gewissen Umfang steigern und Importabhängigkeiten senken. Im Rahmen der deutschen und europäischen Klimaziele wäre die Nutzung von Schiefergas aber zeitlich begrenzt. Hinzu kommt, dass zunehmende Entspannung an den Erdgas-Weltmärkten und eine sinkende Nachfrage in Deutschland zu einem hohen Preisdruck für die inländische Erdgaserzeugung führen könnten. Ob und unter welchen Voraussetzungen Unternehmen ohne staatliche Unterstützung ein Geschäftsmodell aufbauen können, ist somit ungewiss.

    Ebenfalls ungewiss ist nach Auffassung der Fachleute die Auswirkung von Fracking in Deutschland auf das Klima. Heimisches Erdgas hätte einen niedrigeren CO2-Emissionsfaktor als importiertes Flüssiggas, da keine Energie für die Verflüssigung und den Transport des Gases aufgewandt werden muss. Jedoch könnten die gestiegenen Erdgasmengen einen Anreiz für die weitere Nutzung von Erdgas bilden und sich dadurch Klimaschutzmaßnahmen verzögern.

    Karen Pittel, Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen und stellvertretende Vorsitzende des ESYS-Direktoriums, resümiert vor dieser Ausgangslage: „Angesichts der großen gesellschaftlichen Ablehnung, des begrenzten Zeithorizonts und der unsicheren Kosten- und Preisentwicklung ist sehr ungewiss, welchen Beitrag Fracking in Deutschland zur Stärkung der Versorgungssicherheit leisten kann. Es braucht daher eine offene Diskussion über Potenziale und Zielkonflikte.“

    Der Impuls ist abrufbar unter: https://energiesysteme-zukunft.de/publikationen/stellungnahme/fracking

    Ansprechpartnerin:
    Anja Lapac, Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften | Koordinierungsstelle „Energiesysteme der Zukunft“
    Tel.: +49 (0)89 5203 09-850
    lapac@acatech.de

    Weitere Ansprechpartnerinnen:
    Caroline Wichmann, Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina
    Tel.: +49 (0)345 472 39-800
    presse@leopoldina.org

    Dr. Annette Schaefgen, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Union der deutschen Akademien der Wissenschaften
    Tel.: +49 (0)30 325 98 73-70
    schaefgen@akademienunion-berlin.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Jörn Gierds
    acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften
    Koordinierungsstelle „Energiesysteme der Zukunft“
    Tel.: 030/2 06 30 96-50
    gierds@acatech.de


    Originalpublikation:

    Gierds, Jörn/Stephanos, Cyril/Erlach, Berit/Fischedick, Manfred/Henning, Hans-Martin/Matthies, Ellen/Pittel, Karen/Renn, Jürgen/Sauer, Dirk Uwe/Spiecker genannt Döhmann, Indra: „Fracking: eine Option für Deutschland? Chancen, Risiken und Ungewissheiten beim Fracking in nicht konventionellen Lagerstätten (Impuls)“, Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS), 2023.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Energie, Geowissenschaften, Meer / Klima
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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